Die Retter mit der kalten Schnauze
Foto: Lea Hajner
von Lea Hajner
Wenn Bergretter zu einem Lawinenunglück gerufen werden, sind oft auch ihre vierbeinigen Helfer zur Stelle. Wir waren bei einem Training der Lawinenhundestaffel Tirol dabei.
Quintana ist knapp acht Jahre alt und zieht sofort alle Blicke auf sich. Immerhin ist sie auch die einzige hier ohne Ski oder Snowboard. Aber nicht minder vergnügt. Und mit ihrem warmen Fell perfekt gerüstet für das weiße Gelände, denn Quintana ist einer von rund 50 Tiroler Lawinensuchhunden. Zehn davon sind heute am Gletscher zum Trainieren unterwegs.
Wenn Hunde Prüfungen ablegen
Während wir unsere Felle erst auf den Skiern anbringen müssen, um über die frische Schneedecke zum Übungsplatz aufzusteigen, leckt sich Quintana nochmal die Pfoten und wälzt sich vergnügt im Schnee. Sie tänzelt einen Kreis um ihren Besitzer Michael Huber, einen der rund 10 Bergretter, die heute mit Hund angereist sind. Dieses Wochenende trainieren die Hunde wie jedes Jahr am Saisonanfang für den Winter und müssen eine Prüfung ablegen.
Mehr als 200 Lawinensuchhunde gibt es insgesamt in Österreich und Bayern. Sie können Verschüttete mit ihrem ausgezeichneten Geruchssinn noch bis zu vier Meter unter der Oberfläche wahrnehmen. Und sie bewegen sich flink im Gelände.
Etwas neidisch könnte man da schon werden. Während ich auf 2.600 Meter entweder friere (Stillstand) oder schwitze (Aufstieg), scheint der Border Collie keine Probleme zu haben. Die anderen Hunde warten bereits brav beim Equipment ihrer Besitzer, während Nora, ein recht junger Hund, seine ersten Übungen meistert. Für den Übungstag wurde ein großes Schneefeld geschaffen, eine Art künstlicher Lawinenkegel mit Übungslöchern.
Gerade eben ist Noras Besitzer ins Schneeloch gekrochen, das nun zugeschüttet wird. Und schon wird Nora nervös. Nach dem Startkommando ist sie sofort am Graben. Mit Hilfe von aufbauenden Übungen lernen die Hunde, die Witterung von Verschütteten aufzunehmen und diese an ihre Besitzer zu signalisieren. Zum Beginn der Ausbildung lernt der Hund seinen vertrauten Besitzer auszugraben, bis er auch anzeigt, wenn sich fremde Menschen unter den Schneemassen befinden.
Zwei Jahre dauert die Ausbildung zum Lawinensuchhund, die innerhalb der ersten drei Lebensjahre erfolgen muss. Nicht alle Hunderassen sind dafür geeignet. Vor allem das Gewicht muss stimmen, denn ab und zu wird der Hund ein Stück getragen oder in einen Helikopter gehoben. Auch darf der Hund nicht durch die Schneedecke einbrechen. Ideale Lawinensuchhunde sind deshalb zwischen 15-45 Kilo schwer. Wie lange ein Hund im Einsatz ist, bestimmen Kondition, regelmäßige Überprüfungen und der Besitzer. Manche gehen mit 8 in Pension, andere erst mit 11 Jahren.
Entscheidet sich ein Bergretter dafür, einen eigenen Lawinensuchhund auszubilden, stehen viele gemeinsame Trainingsstunden und Einsätze bevor. Sommers wie Winters wird regelmäßig trainiert, denn auch im Sommer gibt es Einsätze, zu denen Hunde gerufen werden. Meistens sind es vermisste Schwammerlsucher oder Bergsteiger, die mit Hilfe von Hunden aufgespürt werden. Im Winter sind es Lawinenopfer.
Sobald ein Lawinennotruf eingeht und ein Helikopter geschickt wird, wird auch nach einsatzbereiten Bergrettern mit Lawinensuchhunden gesucht. Ein freiwilliger Job, der Mensch und Tier viel abverlangt. Manchmal werden Bergretter und Hund mit dem Helikopter abgeholt. Quintana und ihre Genossen müssen also auch das Fliegen lernen. Aber das sei meistens das geringste Problem, erklärt Michael und fügt hinzu: „Solange sie raussehen kann, liebt sie das Fliegen.“
Stöbertuch und Leckerlis
Beim Trainieren wird dem Hund, wie im Ernstfall auch, das Stöbertuch umgelegt: Ein Signal für den Hund, dass der Spaß nun warten muss und es an die Arbeit geht. Und auch für alle anderen in der Nähe ist es ein Signal, den Hund jetzt nicht abzulenken.
Ob die Einsätze mit Hund einfacher werden, frage ich Michael. Er überlegt kurz: „Man weiß einfach, dass man seinen Partner mit dabei hat. Wenn sie eine Witterung aufnimmt, dann zeigt sie es mir und dann führt das normalerweise auch zum Erfolg.“
Quintana ist bei der heutigen Übung ein alter Profi und meistert ihre Aufgabe – eine fremde Person zu finden – ohne Probleme. Während Michael noch den Schnee wegschaufelt, ist sie bereits im Schneeloch verschwunden und beim Verschüttungsopfer. Dafür gibt es zur Belohnung viel Lob, Streicheleinheiten und ein Leckerli. Quintana ist zufrieden – und die Prüfer sind es auch.
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