Doppelt schön: Die Steirische Krakau
Foto: Mara Simperler
von Mara Simperler
In der Steirischen Krakau ist der Herbst doppelt schön: Weil sich in den Seen der Region die bunten Bäume spiegeln und der Nebel hier kaum herkommt.
Hoppla, was ist das? Bei einem Spaziergang um den Etrachsee muss man sich schon mal die Augen reiben, weil man doppelt sieht. Und dann einen Stein über das spiegelglatte Wasser hüpfen lassen, um sich zu vergewissern, dass die wahren Bäume immer noch senkrecht nach oben ragen und die scheinbar nach unten wachsenden Fortsetzungen nur verdammt realistische Spiegelbilder sind.
Auch die Region ist gewissermaßen eine Doppelung. Wir sind in der Steirischen Krakau. Mit dem polnischen Pendant hat die Region nur den Namen gemein, denn in Südösterreich steht der Name für sanft hügelige Täler umrahmt von schon schneebedeckten Bergen. Die Steirische Krakau ist eine Stammgäste-Region und vielleicht auch deshalb noch immer ein Geheimtipp.
Dabei fragt man sich wirklich noch, wie sich dieses Fleckchen Erde bisher so gut verstecken konnte? Immerhin leuchten hier im Herbst die bunten Lärchen um die Wette mit dem blauen Himmel.
Sonniger Herbst und sanfte Formen
„Wir bleiben vom Herbstnebel weitgehend verschont“ sagt Werner Stiller nur, wenn man ihn fragt, warum der Herbst hier so unglaublich schön ist. Er ist vor 27 Jahren aus Liebe in die Steirische Krakau gekommen und geblieben ist er, um mit seiner Frau das Hotel Stigenwirth zu übernehmen, in dem er auch kocht.
An diesem Abend serviert er ein junges Schaf. „Das ist den ganzen Sommer noch bei uns vorm Haus herumgelaufen“, kommentiert seine Frau Birgit. Die Tradition des Schafaufbratelns kommt eigentlich aus dem benachbarten Lungau. Aber wen wundert´s, dass so ein Brauch sich nicht um Bundesländergrenzen schert.
Auch die Wanderwege führen kreuz und quer über die Grenzen. Dafür bleibt man hier von Liften und riesigen Hotels verschont. Diese Gemütlichkeit ist ein Mitgrund, weshalb die Krakau zu den Österreichischen Bergsteigerdörfern zählt. „Die Landschaft hat hier eine besondere Kraft“, sagt Joseph Schnedlitz, den man hier als den Schallerwirt kennt. „Es ist die Kombination aus sanften Formen und dem schroffen Gestein der hohen Berge, die mich hier so fasziniert.“
Joseph Schnedlitz hat vor acht Jahren den Familienbetrieb übernommen. Obwohl er Jahrzehntelang in Graz gelebt hat, wusste er immer, dass er hierhin zurückkehren möchte. „In der Krakau leben die Menschen in ihrem eingenen Takt. Die Bevölkerung ist im Prinzip seit Jahrhunderten gleich stark geblieben – es leben rund 1500 Menschen hier. Und die freuen sich, wenn Besucher an ihrem Leben teilhaben.“
Im Bergsteigerdorf bemüht man sich besonders um die sportlichen Gäste. Wer Erfahrung hat, bekommt hier qualifizierten Rat, wer sich erst im Bergsteigen üben will, einen Bergführer zur Seite gestellt. Dann muss man sich nur noch entscheiden, welchen der zahlreichen Gipfel man erklimmen möchte.
„Auf den Preber wandern ist ein Muss“, sagt Werner Stiller. Dabei hat der Berg einen schlechten Ruf unter Bergsteigern: Ewig erscheint der Gipfel beim Anstieg in unmittelbarer Nähe und bleibt doch viel zu lange unerreicht. „Er ist es wert“, bestimmt der Wirt, „von dort oben sieht man bis zum Großglockner.“
Noch ein Grund um im Herbst zu kommen: die Luft ist klar und der Blick kann von den Bergen aus unendlich weit schweifen.
Entsprechend lang dauert der Aufstieg zur Grazer Hütte, obwohl es eigentlich ein ziemlich gemütlicher Weg ist. Doch ständig bleibt man stehen, um zurückzublicken und jedes Mal wieder ungläubig zu murmeln, was für ein Glück man doch mit diesem Ausblick hat. Mit jedem zurückgelegten Höhenmeter tauchen mehr bunte Bäume auf, irgendwann dann die silbernen Spiegelungen des Prebersees und in der Ferne die weißen Spitzen der Tauernberge.
Grazer Hütte
Die Sonnenterrasse der Grazer Hütte macht an diesem Tag ihrem Name alle Ehre und dementsprechend groß ist der Andrang. Hüttenwirt Christian Dengg kommt kaum zum reden, weil er ständig mit leeren Händen in die Küche rennt und mit vollbeladenen Pfannen und Tellern zurückkommt. „Macht nichts“, sagt er, „ich wollte immer schon eine Hütte haben. Den Stress nehm ich gar nicht als solchen wahr.“
Die Grazer Hütte ist eine echte Steirerin, aber nur wenige hundert Schritte weiter liegt die Grenze zu Salzburg. „Die Steirische Krakau verbindet viel mit dem Lungau“, sagt Christian Dengg. Das merkt man schon daran, dass der idyllische Prebersee – obwohl auf der Lungauer Seite – irgendwie mit zur Identität der Krakauer gehört. Und daran, dass der Wirt eine Steirische Hütte führt, selbst aber auch Lungauer ist.
Entsprechend gibt es nicht nur Schweinebraten frisch aus dem Ofen, sondern auch eine Lungauer „Eachtlingsuppe“ – eine Kartoffelsuppe, die so beliebt ist, dass sie kurz nach 12 Uhr Mittags schon aus ist. Und weil man nach so einem Schmaus zwar gestärkt ist, mitunter aber auch wegen des nachträglichen Kaiserschmarrns mehr als voll, lässt man sich vielleicht dazu hinreißen, den Gipfel doch lieber in der Spiegelung des Sees im Tal zu betrachten – da hat man nämlich doppelt so viel davon.
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