Am Karnischen Höhenweg
Foto: Philipp Schönauer
Bergwelten-Fotograf Philipp Schönauer schafft eine frühherbstliche Hommage an den Karnischen Höhenweg. Mit einem Fuß in Italien, mit dem anderen in Österreich. Und immer in den Fußstapfen der Geschichte.
Vor genau 100 Jahren, im Jahr 1915, standen sich im Ersten Weltkrieg entlang des Karnischen Kamms tausende österreichisch-ungarische und italienische Soldaten gegenüber, um einen Feind in die Grenzen zu weisen, der noch kurz zuvor ein Verbündeter gewesen war.
Über zwei Jahre hinweg schafften Soldaten von beiden Seiten Waffen, Munition und Nahrungsmittel hinauf in die Berge, um die Front zu halten. Der Karnische Höhenweg und seine Zubringer aus dem Hochpustertal, dem Lesachtal und dem Gailtal, die heute bei Wetterstürzen als Notabstiege dienen, sind Kinder dieser auf einmal gar nicht so fernen Zeit.
Unzählige Stellungen wie etwa am Kleinen Pal (1.867 m) bei Kötschach-Mauthen zeugen von den erbitterten Gefechten und unglaublichen Bedingungen, die die Soldaten auf beiden Seiten bei Wind und Wetter und selbstverständlich auch in Winterstürmen in Höhen von oft über 2.300 Metern überdauern mussten.
Von den Zehntausenden, die es nicht schafften, zeugen Soldatenfriedhöfe, unter anderem am Hochgräntensee in Osttirol auf 2.423 Metern. Kennt man seine Vorgeschichte, dann wird das Wandern auf dem Weg am Karnischen Kamm allerdings auch zu einem besonders schönen Erlebnis.
Kulinarische Grenze
Am Grat stehend, rechts der Blick bis zu den grandiosen Dolomiten, links weit hinein nach Kärnten, spürt man sehr bewusst, was für ein Geschenk es ist, in einer Zeit des Friedens zu leben. Eine Zeit, in der die Grenzen zwischen Österreich und Italien bestenfalls kulinarisch verlaufen und sich sogar gegenseitig bereichern.
An den Hüttenbänken in der Nachmittagssonne hört man Deutsch und Italienisch und vieles mehr. Und es gibt in all diesen Gesprächen im Augenblick keine anderen Sorgen, als was der Wirt Feines zum Abendessen zaubert, wie schön es war, die müden Füße in den kalten See zu tauchen, und wann die Hüttenruhe beginnt.
Insgesamt 155 Kilometer sind es, wenn man den gesamten Karnischen Höhenweg von Sillian in Osttirol bis Arnoldstein in Kärnten, immer mit einem Fuß in Italien, gehen möchte. Elf Hütten entlang des Höhenwegs machen es möglich, diese gewaltige Distanz in sechs bis zwölf Tagesetappen zu unterteilen.
Man kann sich allerdings auch einfach – je nach Kondition und vorhandener Zeit – ein attraktives Teilstück aussuchen, um einen Einblick in diese sehr abwechslungsreiche historische Route zu bekommen – wie das unser Fotograf Philipp Schönauer und sein Begleiter Christian Unterguggenberger aus dem Lesachtaler Bergsteigerdorf Maria Luggau getan haben.
Philipp und Christian waren auf der klassischen Strecke von der Porzehütte zum Hochweißsteinhaus und von dort am zweiten Tag bis zur Wolayerseehütte unterwegs. Wegen der Höhe und der exponierten Lage des Weges gehen die meisten Wanderer den Karnischen Höhenweg im Hochsommer.
Die Hütten sind in dieser Zeit sehr gut gebucht, sodass man frühzeitig eine Übernachtung reservieren sollte. Im September, wenige Wochen bevor die Hütten schließen, kann der Karnische Höhenweg auch sehr ruhig sein.
Fast allein unterwegs
Christian Unterguggenberger: „Wir waren zum Großteil allein unterwegs, sodass man die Stille und die Weite besonders intensiv erleben konnte. Ich bin begeisterter Musiker und spiele außer Gitarre auch Trompete. Und man kann an den Flanken des Karnischen Kamms schon ein paar sehr schöne Plätze entdecken, an denen es ein prächtiges Echo gibt.“
Philipp Schönauer: „Der Weg von der Porzehütte hinüber zum Hochweißsteinhaus verläuft größtenteils am Kamm mit großartiger Aussicht nach Italien, am zweiten Tag geht’s dann in Richtung Wolayerseehütte von fast 2.000 Metern bis unter 1.500 Meter.
Dort war das Brüllen der brünftigen Hirsche allgegenwärtig. Und wir haben auch einige von ihnen zu sehen bekommen. Ein Schauspiel, das man nicht alle Tage erlebt. Alles in allem war das ein großartiges, wenn auch mit rund 15 Gehstunden recht anstrengendes Wochenende, das Lust auf mehr gemacht hat.“
Wolayersee-Hütte
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