Eine außergewöhnliche Hommage an den Winter
Foto: Tobias Haller | Nodum Sports
von Sissi Pärsch
Freeride-Star Arianna Tricomi überrascht mit einem Film, der im doppelten Sinne Tiefgang hat: In „Na Vita De Nëi“ taucht die Südtirolerin nicht nur in fluffigen, hüfthohen Powder ein, sondern stellt sich auch den großen Fragen des Menschseins. Am 09. Dezember feiert der Film Premiere auf YouTube.
Dreimal hintereinander hat Arianna Tricomi die Freeride World Tour gewonnen. Hat mit ihrer mentalen Stärke und ihrem einzigartigen Style die Jury begeistert – und uns sowieso. Zwei Dinge sind bei der Ladinerin aus Alta Badia bestechend:
- Ihre Vielseitigkeit als Skifahrerin (sie fuhr schon mit sechs Jahren Telemark, war Skirennfahrerin und Slopestylerin).
- Ihre offensichtlich unbändige Leidenschaft für den Skisport.
Doch dass die 29-Jährige keineswegs eine sorglose Frohnatur ist, der alles nur so zufliegt, zeigt ihr neuer Film „Na Vita De Nëi“ – Premiere ist am 09. Dezember auf YouTube. Das „Schnee-Leben“ lässt uns träumen, vor- und mitfreuen genauso wie es uns zum Nachdenken bringt. Es sind elf Minuten voller Kontraste, die Ari uns mit ihrer Produzenten-Crew von troublehaus präsentiert: kindliches Spiel und schmerzhafter Verlust, Leichtigkeit und Schwere, Powder und Piste, Freude und Fragen.
Wer sich nach Bildern von krassen Couloirs und gewaltigen Cliffs sehnt, wird enttäuscht werden. Aris Hommage an den Winter lebt von und für die Einfachheit des Skifahrens: Sie zeichnet die schönsten Lines in ihren Hausbergen – begleitet von poetischen Zeilen in ihrer Muttersprache Ladinisch.
Arianna Tricomi im Interview
Bergwelten: Ari, dein neuer Film zeigt die verschneite Bergwelt als Rückzugsort. Den Winter porträtierst du als eine Zeit der Ruhe: „Wenn die Farben von einer weißen Decke verhüllt werden“ sagst du auf Ladinisch. Aber wie passt das mit der bunten Welt des Action-Sports zusammen?
Arianna Tricomi: Es ist meine sehr persönliche Empfindung und ich will nicht für andere sprechen. Aber ich fühle mich automatisch besser, wenn alles weiß wird. Alles wird weich, alles wird sanft, alles wird ruhig. Schnee ist mein Element. Ob ich allein unterwegs bin oder mit Freunden – ich fühle mich aufgehoben. Auf der Freeride World Tour ist man natürlich nicht allein und die Drohnen schwirren durch die Luft. Aber auch dort sind wir in der Natur – oft an ganz abgelegenen Orten. Und ich ruhe in mir. Deshalb war ich wohl auch so gut die letzten Jahre.
Trailer von „Na Vita De Nëi“
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Auch wenn „Na Vita De Nëi“ eine Liebesbekundung an den Winter ist, so ist es auch ein Film, der viele Fragen stellt …
Die vergangenen Jahre waren nicht einfach für mich – wie wohl für die meisten von uns. Ich persönlich konnte nicht abschalten, was rund um mich passiert ist. Es hat mich sehr berührt und nachdenklich gemacht. Ich empfinde es als eine Zeit der Spaltung und Distanz. Und zugleich warf mich auch das aus der Bahn, was mir immer Kraft und Ruhe gegeben hat: der Schnee. Im Januar 2021 wurde ich Zeugin eines schweren Lawinenunglücks. Wir mussten einen 15-Jährigen ausgraben, den wir nicht mehr retten konnten. Es hat mich unglaublich berührt. Schon in meiner Jugend habe ich zwei Freunde in einer Lawine verloren. Mein Lieblingselement als tödliche Macht … Aus diesem Tal herauszukommen war nicht leicht und ist bis heute ein Prozess für mich.
Dieser Zwiespalt macht deinen Film auch aus. War es einfach, sich für diese Art von Porträt zu entscheiden?
Ich muss tun, was sich richtig anfühlt. Auch die Skiwelt ist nicht immer nur schön und ich sehe es eher als gefährlich an, wenn man den Anschein erwecken möchte. Ich habe mich gefragt, wie ich weitermachen möchte. Und ein zentraler Gedanke ist, dass ich an die jüngere Generation, die mit Social Media aufgewachsen ist, ein ehrliches Bild weitergeben möchte. Eine ehrliche Freude am Skifahren und einen ehrlichen Umgang mit all den Herausforderungen.
„Na Vita De Nëi“ macht auf jeden Fall sehr viel Freude aufs Skifahren – auch oder gerade weil es nicht die krassesten Hänge sind, die du befährst.
Nur darum geht es: Skifahren ist einfach nur Skifahren. Meine Liebe zum Skisport konnte ich wiederbeleben, weil ich wieder gespürt habe, was essenziell ist: Einfach mit guten Menschen hinterm Haus unterwegs zu sein – hier finde ich die Leichtigkeit, hier kann ich spielen wie ein Kind und mich verlieren. Es geht nicht um die brutalsten Lines, nicht um gewaltige Cliffs. Wir sind im Leben schon ausreichend am Limit. „Na Vita De Nëi“ soll den Spaß und das Ästhetische am Skifahren in den Vordergrund rücken.
Wie beeinflusst die Reflexion der vergangenen Jahre dein Skifahren?
Ich habe zwar eine gute mentale Stärke, aber nur, wenn der Spaßfaktor passt. Was ich gelernt habe: Wenn es meinem Kopf gut geht, geht es auch meinem Körper gut. Umgekehrt funktioniert das nicht: Ich kann so fit sein, wie ich mag – wenn der Kopf nicht will, hilft das alles nichts. Ich muss also schauen, dass es mir gut geht und voll mit dem Flow gehen – auch wenn das nicht wirklich das klassische Trainingsszenario ist. Es wäre schön, wenn die Menschen diese Freude und das Freiheitsgefühl in „Na Vita De Nëi“ spüren.
Das tun sie auf jeden Fall, Ari! Danke für das Gespräch.
Die Premiere von „Na Vita De Nëi“ findet am 09. Dezember um 20:00 Uhr auf YouTube statt.
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