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Hüttenportrait

Lindauer Hütte im Rätikon: Unter den drei Türmen

• 15. Februar 2018
3 Min. Lesezeit

In einem Talschluss im Vorarlberger Rätikon liegt die Lindauer Hütte, schön wie ein Hotel und gemütlich wie ein Wirtshaus. Die Küche hat drei Wollhauben, und das Handy bleibt still. Nina Kaltenböck hat sie besucht. Die Story ist im Bergwelten Magazin (Dezember/Jänner 2018) erschienen.

Lindauer Hütte
Foto: Hans Herbig
Die Lindauer Hütte mit Blick auf das Schwarzhorn (2.460 m, links) und den Schwarzhornsattel
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Der Zieleinlauf zur Lindauer Hütte im Vorarlberger Rätikon wird von einem beeindruckenden Empfangskomitee überwacht: Dolomitengleich strecken sich die schroffen Gipfel der Drei Türme über dem modernen Holzbau bis zu 2.830 Meter in den Himmel. Ein würdiger Abschluss einer zweistündigen Winterwanderung durch das idyllische Gauertal.

Belohnt wird der ankommende Gast auf 1.744 Metern mit einem Willkommensschnapserl – für Stammgäste geht es aufs Haus. Darauf wird selbst an hektischen Tagen nicht vergessen. „Auch wenn es noch so voll ist, es kommt nie Stress auf“, sagt Othmar, der regelmäßig zur Hütte aufsteigt und jetzt mit seiner Gabel das erste Stück des flaumigen Kaiserschmarrns aus der riesigen Pfanne fischt.

Er erinnert sich, dass die Gäste einmal mit den Tabletts bis zur Garderobe gestanden sind und sich die Schmankerl aufgrund akuten Platzmangels neben den Schuhfächern am Gang schmecken ließen.

Haubenauszeichnung für die Hütte

Gut, seit dem Umbau der Lindauer Hütte im vergangenen Jahr sieht es auch hier aus wie in einem skandinavischen Designkatalog. Klare Formen, viel Holz und Glas prägen das neue, moderne Bild der Hütte. Aber auch bei der Gemütlichkeit hat man sich von Skandinavien etwas abgeschaut – Hygge nennt man in Dänemark einen zufriedenen, gemütlichen Zustand, der sich auf der Lindauer Hütte in Form von Sitzkissen aus Naturfasern, gedämpftem Licht und vielen Pflanzen manifestiert. Eine Sauna für vier Personen „aus dem Strickholz der alten Hütte“, wie Hüttenwirt Thomas Beck erklärt, rundet das Wohlfühlprogramm ab.

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Mikrokosmos in der Gaststube

Thomas Beck ist seit 27 Jahren Hüttenwirt. Davor war er Heizungsinstallateur, Bergführer, bei der Bergrettung, Ski- und Langlauflehrer. Ein bescheidener Mann mit Herz. „Mein Kapital ist meine Familie und die guten Mitarbeiter“, sagt er. „Die Köchin ist seit 25 Jahren dabei und hat immer die Ruhe weg.“ Auch seine Töchter Valentina und Annalena, beide Mitte 20, sind mit Leidenschaft bei der Sache. „Ganz wie die Eltern. Die Hüttenleut’ sind freundlich, gelassen, gesellig – und großzügig“, sagt Stammgast Liebreich, der es sich neben dem Kachelofen bequem gemacht hat. „Wo kriegt man sonst schon eine Suppe mit Knödeln, die so groß sind wie das ganze Suppenhaferl?“

Lindauer Hütte
Foto: Hans Herbig
Hüttenwirt Thomas Beck (Mitte) und seine Tochter Annalena lauschen Alpinkletterer Alex Luger

Für die Herren von der Bergrettung am Stammtisch steht fest: „Die Verköstigung ist hervorragend und sucht im ganzen Ländle ihresgleichen.“ Drei gestrickte Wollhauben an der Wand erinnern daran, dass einst ein von den Köstlichkeiten euphorisierter Gast dem Hüttenwirt drei Hauben verlieh.

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In der heimeligen Gaststube herrscht das harmonische Miteinander eines Multikulti-Mikrokosmos. An den Fenstertischen, wo die Sonne kitzelt, sitzen Gäste aus Holland, Deutschland und der Schweiz. Ins hinterste Eck neben dem Kachelofen kuscheln sich nicht selten die „Gsiberger“ aus der Umgebung. Und der Tisch neben der Schank wird von Extremsportlern und Kletterprofis besetzt, die ihre leeren Energiespeicher füllen.

Klar, dass Alex Luger hier sitzt. Im Sommer zieht es den Alpinkletterer ans Gelbe Eck, bekannt für sehr anspruchsvolle Touren mit 300 Meter langen, überhängenden Felswänden. „Herausragend ist“, erklärt der Bludenzer, „dass es hier für jedermann etwas gibt – vom engagierten Wandersteig über einen Klettersteig bis zu High-End-Touren im elften Schwierigkeitsgrad.“

Einige der Touren gehen auf das Konto von Leander Bitschnau. Gemeinsam mit Kollegen und Helfern der Bergrettung hat der 65-Jährige elf Klettersteige gebaut. Sein Motto: „Wer zu viel Angst hat, muss zu Hause bleiben.“ Im Annapurna-Gebiet auf 6.500 Meter Höhe wurde er vor Jahren von zwei Lawinen verschüttet und konnte sich selbst befreien. Im Rätikon hingegen, erzählt er schmunzelnd, erschrecken ihn schon die hiesigen Schneehühner. „Gleich da hinten“, sagt er und deutet hinter die Hütte, „sitzen sie im Schnee und lassen sich einschneien. Du siehst sie gar nicht. Einen Meter vor dir fliegen sie dann auf!“

Die Drei Türme überwachen den Aufstieg zur Lindauer Hütte

Irgendwann ist dann aber auch die letzte Anekdote erzählt. Die Gemüter sind erheitert, die Bäuche gefüllt. Es bleibt nicht viel mehr zu tun, als sich in die Betten aus Fichtenholz zu verziehen. Denn abgesehen von der guten Stimmung entschleunigt noch ein Umstand den Aufenthalt gewaltig: Es gibt weder WLAN noch Handyempfang. An einem Abend wie diesem kein Verzicht, sondern wahrer Luxus.

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Die Lindauer Hütte im Detail

  • Höhe: 1.744 m
  • Pächter: Thomas Beck
  • Schlafplätze: 103 Betten in Zimmerlagern, 60 Plätze im Matratzenlager.
  • Geöffnet: durchgehend geöffnet von 27. 1. 2018 bis 4. 3. 2018 und von 23. 3. 2018 bis 2. 4. 2018. Dazwischen Freitag bis Sonntagabend.
  • Preise: Zimmerlager kosten EUR 25 pro Person, Matratzenlager EUR 20, für AV‑Mitglieder gibt es EUR 10 Rabatt.
  • Kontakt: Tel.: +43/664/503 34 56, www.lindauerhuette.at
Die berühmten hausgemachten Käsknöpfle der Lindauer Hütte. Zubereitet von Küchenchefin Andrea Beck

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