Der Hausbachfall-Klettersteig (C) in Bayern
Foto: Bernhard Ziegler
von Bernhard Ziegler
Auf dem Klettersteig Hausbachfall in Bayern konkurrieren Landschaft und sportliches Erlebnis um die Aufmerksamkeit der Sportler. Bernhard Ziegler hat ihn für uns getestet.
„Den musst du dir anschauen“, lockte mich Michael Pause, Bergauf-Bergab-Moderator beim bayerischen Fernsehen, zum Klettersteig Hausbachfall bei Reit im Winkl. Und ich kann bestätigen: Der 2013 eröffnete Klettersteig ist wirklich gelungen und sowohl landschaftlich wie sportlich eine echte Empfehlung. Und das hat sich in kürzester Zeit herumgesprochen, was die Begehungszahlen eindrucksvoll belegen.
Während die Touristiker andernorts auf Attribute wie „höher, schwieriger und spektakulärer“ setzen, geht man in Reit im Winkl einen anderen Weg. Viele Bergregionen wollen dem Feriengast irgendwelche Superlative bieten - etwas, das sich gut bewerben und vermarkten lässt. Dabei wird jedoch oft vergessen, dass die Natur an sich spektakulär genug ist, und dass die fantastische Bergwelt der größte Schatz dieser Regionen ist. Hier im Chiemgau hat man beim Bau des neuen Klettersteigs wohl ganz bewusst auf Superlative verzichtet. Entstanden ist eine tolle Steiganlage, die den Kletterer durch eine wunderschöne Schlucht leitet. Die Natur steht hier im Mittelpunkt, und der Spagat zwischen bergsportlichem und landschaftlichem Erlebnis ist wirklich gelungen.
Superlative gibt es dennoch. Der Klettersteig hat nämlich einen extrem kurzen Zustieg, liegt praktisch direkt am Ortsrand von Reit im Winkl und ist zudem der erste TÜV-geprüfte Klettersteig in Deutschland.
Schon beim Zustieg ist erkennbar, dass man in Reit im Winkl sanften Tourismus etablieren möchte. Der Tourist kann im Chiemgauer Ort die Natur im wahrsten Sinne des Wortes erspüren. Beim Tour-Start gibt es nämlich einen Barfußpark. Und das ist eben überhaupt nichts Spektakuläres, sondern eine ganz beschauliche Möglichkeit, um in meditativer Atmosphäre Erde, Steine und Gras hautnah zu erleben.
Eine Kneippanlage ergänzt diese kleine Wohlfühloase. Weil der Klettersteig recht kurz ist, bleibt in jedem Fall genügend Zeit, den Barfußpark auszuprobieren. Ich habe beim Gehen immer wieder die Augen geschlossen und mich ganz auf das Gefühl konzentriert, das mir der Untergrund vermittelt. Und dabei kann man einiges erkennen, auch wenn man keine Hühneraugen an den Füßen hat. Wer sich darauf einlässt, wird feststellen, dass das eine tolle Möglichkeit ist, vom Denken wieder ins Fühlen und in Kontakt mit der Natur zu kommen.
Gleich hinter dem Entspannungsplatz beginnt das Reich des Adrenalins. Der Klettersteig in der Schlucht ist von mittlerer Schwierigkeit. Ganz bewusst haben die Erbauer gleich am Anfang eine Schlüsselstelle gesetzt. Es ist eine Passage mit der Bewertung „C“ auf der Schwierigkeitsskala der Klettersteige. Wer hier ein Problem hat, kann also gleich wieder umkehren, denn derartige Schwierigkeiten wiederholen sich mehrfach im Laufe des Steigs. Ohne jegliche Klettersteigerfahrung sollte man den Steig also nicht begehen. Es werden aber auch regelmäßig Führungen für Anfänger von einem örtlichen Veranstalter angeboten.
Mir persönlich hat die Sache absolut getaugt: Der Klettersteig ist so angelegt, dass ich durchaus an einige klettertechnische Grundregeln erinnert wurde, aber eine echte Herausforderung ist die „Ferrata“ für Geübte an keiner Stelle. Dennoch ist da und dort etwas Armkraft gefordert. Mir gefällt besonders, dass die Erbauer auf übermäßig viele künstliche Tritthilfen verzichtet haben. Also muss man immer wieder durch geschickte Gewichtsverlagerung Druck auf die Sohlen erzeugen und somit „auf Reibung gehen“.
Während des Kletterns zieht auch die tolle Landschaft meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich bleibe stehen, hänge mich in den Gurt und genieße während der kleinen Pause einen tollen Aus- und Tiefblick in die Schlucht. Oben klettere ich quer durch die Schlucht, unten rauscht der Bach vorbei und im Hintergrund springt ein Wasserfall über die senkrechte Felswand. Nach einer knappen Stunde ist man am Ziel. Fast zu kurz, möchte man meinen – weil’s gar so schön war!
Technik-Tipps
- Arme lang machen, denn das spart Kraft.
- An glatten Passagen auf Reibung gehen. Dazu den Körper so verlagern, dass man Druck auf die Fußsohlen bekommt.
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