Muss man für einen Rettungseinsatz in den Bergen zahlen?
Foto: argonaut.pro
von Christina Schwann
Ein Ausrutscher, ein verstauchter Knöchel oder ein Schlechtwettereinbruch – in den Bergen gibt es viele Gründe für einen Rettungseinsatz. Aber: Muss man einen alpinen Rettungseinsatz selbst bezahlen? Wir beantworten die meist gestellten Fragen.
Inhalt
- 1. Wann soll man einen Notruf absetzen?
- 2. Wer kommt nach der Alarmierung?
- 3. Gibt es einen Unterschied zwischen „Bergung“ und „Rettung“?
- 4. Begeben sich die Retter selbst in Lebensgefahr?
- 5. Muss man für Rettungseinsätze zahlen?
- 6. Kann ich aus Kostengründen auf den Hubschrauber verzichten?
- 7. Wie hilft eine Versicherung?
- Zusammenfassung: Das Wichtigste auf einen Blick
Mehr Menschen am Berg bedeuten für die Bergrettung, die Flugrettungen und die Alpinpolizei auch mehr Einsätze. Oft liest man in den Medien, dass die Einsatzorganisationen an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen und sich die Retter aufgrund einer vermeintlichen Fahrlässigkeit anderer selbst in Gefahr begeben. Der Ruf nach einer „Bestrafung“ bei fehlender Tourenplanung, unzureichender Ausrüstung oder dem Absetzen eines Notrufes aus Bequemlichkeit ist vor allem in den Sozialen Medien recht laut. Der Tenor: Diese Personen sollen für den Rettungseinsatz selbst zur Kassa gebeten werden.
ABER: Bereits hier liegen schon eine ganze Reihe von Missverständnissen vor. Wir haben die Antworten auf die meist gestellten Fragen:
1. Wann soll man einen Notruf absetzen?
Einen alpinen Notruf soll man immer dann absetzen, wenn man selbst oder Mitglieder der Gruppe aus eigener Kraft nicht mehr weiter können. Eine solche Notsituation kann verschiedene Ursachen haben:
Verletzungen aller Art: durch Ursachen wie Ausrutschen, Absturz, Steinschlag
Gesundheitliche Probleme: z. B. durch Hitze, Herzkreislauf-Probleme, Magendarm-Erkrankungen, …
Blockierung: Vor allem bei Blockierungen liegt die Hemmschwelle, den Notruf zu tätigen, oft höher, als bei offensichtlichen Verletzungen. Aber auch eine Blockierung – also zwar unverletzt aber sprichwörtlich nicht mehr „vor oder zurück“ kommend (Verlust der Orientierung aufgrund von schlechtem Wetter oder Dunkelheit, Versagen der Kräfte z. B. am Klettersteig, Angst, …) – ist ein triftiger Grund, Rettung in Anspruch zu nehmen.
In solchen Situationen ist es ratsam, den Alpin- (140) oder Euro-Notruf (112) frühzeitig zu wählen – also nicht erst bei Einbruch der Dunkelheit, oder wenn die Schlechtwetterfront schon da ist, denn in diesem Fall wird es für die Einsatzorganisationen wesentlich aufwendiger bis unmöglich, zum Notfallort zu gelangen.
2. Wer kommt nach der Alarmierung?
Welche Rettungsmittel zum Einsatz kommen, entscheiden die Leitstellen aufgrund der gemachten Angaben zum Notfall, wie dem Unfallort (alpines Gelände oder durch Straße zugänglich) oder der Anzahl der beteiligten Personen. Gut zu wissen: Flugrettung und Bergrettung sind dabei nicht dasselbe, auch wenn dies in Fernsehsendungen oft so dargestellt wird. Die Flugrettungen, also die Notarzthubschrauber, werden von verschiedenen Anbietern mit ihren eigenen Crews betrieben. Die Bergrettung hingegen arbeitet ehrenamtlich und kommt immer dann, wenn kein Hubschrauber notwendig ist, kein Flugwetter herrscht, die Flugretter Unterstützung vor Ort benötigen oder schlicht keine Kapazitäten zur Verfügung stehen. Bei vielen Notfällen werden Flug- und Bergrettung gleichzeitig alarmiert, um etwa vor Ort genügend Rettungskräfte zur Verfügung zu haben.
Sind keine anderen Helikopter verfügbar, besteht der Verdacht auf Fremdverschulden oder ist eine Person zu Tode gekommen, dann ist auch immer die Flug-/Alpinpolizei mit ihren Libelle-Hubschraubern vor Ort. Ein Notarzthubschrauber transportiert generell keine Toten ab, das ist Aufgabe der Alpinpolizei. Diese wiederum kann zwar Taubergungen u. Ä. durchführen, aber keine Verletzten im Hubschrauber weiter versorgen.
3. Gibt es einen Unterschied zwischen „Bergung“ und „Rettung“?
Gerettet werden kann nur eine lebende Person, geborgen werden können sowohl lebende als auch verstorbene Personen. Über diese Begriffe wurde und wird aber immer noch diskutiert. Der Begriff „Rettung“ wird jedenfalls unabhängig davon verwendet, ob eine Verletzung, eine Blockierung (unverletzt) oder ein gesundheitliches Problem vorliegen.
4. Begeben sich die Retter selbst in Lebensgefahr?
Jede Aktivität am Berg beinhaltet ein gewisses Risiko. Davon sind auch Rettungskräfte, egal ob terrestrisch oder aus der Luft, nicht ausgenommen. Ausbildung, Erfahrung, körperliche Verfassung und strategisches Vorgehen in Form strenger Risikoanalysen erlauben es den Rettern aber, das Risiko entsprechend einzuschätzen und zu minimieren. Ist es dennoch zu hoch und kann die Sicherheit der eigenen Rettungskräfte nicht gewährleistet werden, wird der Einsatz abgebrochen oder verschoben. Jeder, der aus welchen Umständen auch immer in eine Notsituation geraten ist, darf die Hoffnung auf Rettung haben, ein Recht auf Rettung gibt es aber nicht.
5. Muss man für Rettungseinsätze zahlen?
Ja, in Österreich muss jeder Rettungseinsatz – egal ob von der Bergrettung oder einer Flugrettung durchgeführt – bezahlt werden, d. h. in jedem Fall flattert eine Rechnung ins Haus. Wie hoch die Kosten sind, hängt von der Art und dem Aufwand des Einsatzes ab. Selbst der Einsatz der „Libelle“ der Polizei, die gelegentlich auch unverletzte Personen aus einer Notsituation rettet, wird inzwischen meistens verrechnet. Auf Bundesländer-Ebene gibt es hier in Österreich regionale Unterschiede.
Im Prinzip müssen Rettungseinsätze in den Bergen auch in Deutschland, der Schweiz, Italien oder Frankreich bezahlt werden. Die Bergwacht in Deutschland etwa ist Teil des Rettungsdienstes Deutsches Rotes Kreuz, verrechnet ihre Einsätze aber ebenso. Hubschraubereinsätze der Rettungsflugwacht Rega in der Schweiz können empfindlich teuer sein, lokale Unterschiede bestehen aber etwa in Chamonix (Frankreich) für Einsätze des Hochgebirgs-Gendarmeriehubschraubers .
Wer eine gute Versicherung für Freizeitunfälle hat, die Rettungseinsätze aller Art und vor allem auch in anderen Ländern abdeckt, muss sich in der Regel über regional kleine Unterschiede der Rettungsorganisationen keine Gedanken machen. Gut zu wissen: Gelegentlich unterscheiden Versicherungen zwischen Rettung (medizinischer Notfall) und Bergung (unverletzt).
6. Kann ich aus Kostengründen auf den Hubschrauber verzichten?
Nein, man kann sich das Rettungsmittel nicht „aussuchen“. Wie oben angeführt, entscheidet allein die Leitstelle, welches Rettungsmittel und welche Organisation zum Einsatz kommt.
7. Wie hilft eine Versicherung?
Ganz generell ist eine Versicherung für Freizeitunfälle aller Art empfehlenswert. Im Falle eines Notfalls und der damit verbundenen Rettungsaktion deckt die Versicherung die Kosten oder Teile davon.
Wer eine Versicherung abschließt, sollte immer die Details prüfen, denn nicht jede Versicherung ist gleich gut, bzw. deckt auch tatsächlich jene Bereiche ab, die man persönlich braucht. Anbieter gibt es viele, z. B. alpine Vereine, die Bergrettung oder jede Versicherungsgesellschaft. Einige wenige Versicherungen decken sogar die Kosten für das Ausfliegen aus einer eingeschneiten Hütte, wenn der Abstieg ist Tal durch die Lawinengefahr zu gefährlich ist. Unbedingt beachten sollte man, ob auch Einsätze im Ausland, sowie eventuell notwendige Überstellungsflüge gedeckt sind.
Zusammenfassung: Das Wichtigste auf einen Blick
Für einen alpinen Rettungseinsatz bekommt man eine Rechnung, unabhängig davon, wer den Einsatz durchgeführt hat oder ob man verletzt oder unverletzt gerettet wurde.
Eine gute Versicherung macht Sinn und deckt im Normalfall die Kosten.
Das alpine Rettungssystem im Alpenraum ist hervorragend, aber niemand hat ein Recht auf Rettung – die Rettungskräfte riskieren nicht ihr eigenes Leben.
Rettungskräfte urteilen nicht über Fahrlässigkeit oder Selbstverschulden – diese Fragen werden allenfalls von Versicherungen gestellt bzw. von Gerichten geklärt.
- Berg & Freizeit
Alpinnotruf: Alles, was du wissen musst
- Anzeige
- AnzeigeAlpinwissen
Bergberuf: Ski- und Pistenretter
- Berg & Freizeit
Darum solltest du in den Bergen knallige Farben tragen
- Alpinwissen
Geartime: Einpacken für den großen Berg
- Anzeige