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Ernstfall Lawine – die Expertin klärt auf

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2 Min.

30.11.2021

„Je weniger man denken muss, desto besser“ – auf diesen Punkt bricht Psychologin Siggi Holzer die Anforderungen an ein LVS-Gerät herunter. Wenn man mit einer Einfach- oder Mehrfachverschüttung zu tun hat, spielen bei der Suche auch Stressfaktoren eine Rolle. Wie man dennoch den Fokus bewahrt und was eine zusätzliche Sprachnavigation bringt, erfahrt ihr hier.

Sigrun „Siggi“ Holzer ist Psychologin mit Spezialgebiet Neuropsychologie. Sie lebt im Oberallgäu und beschäftigt sich als Bergsportlerin immer wieder mit den Herausforderungen im alpinen Gelände. Wir haben sie zu der sehr speziellen Situation befragt, der man bei einem Lawinenabgang ausgesetzt ist – und wie wir unser Handeln und unsere Ausrüstung am besten vorbereiten können.

Siggi, was passiert mit uns in einer extremen Stresssituation, wie bei einem Lawinenabgang?

Eine Stressreaktion führt zu einer Verbesserung unserer körperlichen Leistungsfähigkeit, verringert zeitgleich jedoch unsere kognitive Kapazität. Das ist von der Evolution geformt. Wenn unsere Steinzeitvorfahren den Säbelzahntiger kommen sahen, dann ging es eben darum, physisch stark zu sein und schnell fliehen zu können. Unser Körper schüttet deshalb Hormone wie Cortisol und Noradrenalin aus. Es wird mehr Zucker im Blut verfügbar gemacht und die Zellen mit zusätzlicher Energie versorgt. Nun brauchen wir zwar Kraft, aber eigentlich sollte in einer solchen Situation ja der Kopf funktionieren. Stattdessen laufen jedoch unsere kognitiven Fähigkeiten auf Sparflamme und ein zielgerichtetes Handeln fällt uns schwerer.

Wie kann man dem nun entgegensteuern und sich gut auf so eine Situation vorbereiten?

Wenn der Kopf bei negativem Stress nicht so funktioniert, greift er auf gewohnte Handlungsmuster zurück. Das sieht man beispielsweise auch im Job: Droht die Deadline und man sieht sich stark unter Druck gesetzt, dann ist man weniger kreativ und macht das, was man schon immer gemacht hat. Für einen Lawinenabgang lässt sich also empfehlen, einen Automatismus einzuüben. Wer den Ablauf regelmäßig trainiert, kann ihn natürlich eher abrufen und auf eine strukturierte Vorgehensweise zurückgreifen. Ich würde einer Gruppe auch raten, schon am Parkplatz zu klären, wer in einem solchen Falle welche Rolle übernimmt. Das spart nicht nur Zeit, auch unsere Fähigkeit Entscheidungen rational und schnell zu treffen leidet eben unter Stresseinfluss. Und dann: Nicht überstürzt handeln, auch wenn man den Drang hat, sofort zu agieren. Erst ein paar Mal durchatmen. Das Denken benötigt ein wenig mehr Zeit. Generell gilt aber: Vorab alles tun, was die Komplexität der Lage vereinfacht.

Welche Rolle würde dann ein einfach zu bedienendes Gerät spielen?

Mit dem intuitiven Handling ist es wie mit dem Automatismus: Je weniger man denken muss, desto besser, gar keine Frage.

Und wie wirkt eine zusätzliche Sprachnavigation, wie sie das DIRACT VOICE von ORTOVOX jetzt erstmals anbietet?

Die verbalen Kommandos sind schon deshalb eine große Hilfe, weil man die Augen auf die Situation richten kann und nicht auf das Gerät. Visuelle Informationen müssen wir erst einmal verarbeiten und in eine daraus resultierende Handlung übersetzen. Wenn uns das nun durch eine Stimme abgenommen wird und die Instruktion direkt erfolgt, dann sparen wir uns einen Schritt der Verarbeitung. Durch eine klare Ansage brauchen wir also weniger Gehirnkapazität, die in dieser Situation eben eingeschränkt ist. Dazu kommt aber auch noch, dass wir in erster Linie soziale Wesen mit einem Zugehörigkeitsbedürfnis sind. In Stresssituationen ist eine Stimme immer gut. Man kennt das von der Ersten Hilfe. Man fühlt sich nicht alleine und es wirkt beruhigend. Dadurch kann im Optimalfall auch das Stresslevel ab- und die kognitive Leistungsfähigkeit zunehmen.