Still oder Steil: Zwei Bündner Bergerlebnisse zum Verlieben
Nicht ohne Grund wird Graubünden auch die „Kleine Schweiz" genannt. Kaum ein anderer Kanton ist so abwechslungsreich wie das Bündnerland. Egal ob eine Tour im Naturpark oder eine Nacht über dem Abgrund - Bergfreuunde haben hier die Qual der Wahl.
Wer im Sommer nach Graubünden reist, hat viel zu tun: 937 Berggipfel, 615 Seen und 150 Täler warten nur darauf entdeckt zu werden. Auch sprachlich kommt hier keine Langeweile auf. Als einziger Kanton der Schweiz hat das Bündnerland drei Amtssprachen: Deutsch, Rätoromanisch und Italienisch. Eine wundervolle Vielfalt, die sich auch in der Bündner Küche niederschlägt. Bekannt ist der größte Kanton der Schweiz außerdem für seinen Wildreichtum und die zahlreichen Naturparks.
1. Weit wandern: In 17 Tagen durch den Park Ela
17 Etappen, 222 Kilometer, 15.000 Höhenmeter: Weit weg vom Rummel führt der neue Park Ela Trek durch den grössten Naturpark der Schweiz. Vom Startpunkt in Tiefencastel geht es über 25 Pässe bis in die Lenzerheide. Übernachtet wird dabei grösstenteils mitten in der Natur in einfachen Unterkünften auf 2.000 Metern.
Beliebt auf Bergwelten
Die Route im Detail
Von Tiefencastel geht es hoch hinaus nach Ziteil, zum höchstgelegenen Wallfahrtsort der Schweiz. Auf den Spuren der Römer überschreitet man Septimer- und Julierpass und erreicht schließlich die einzige Dreifach-Wasserscheide Europas beim Piz Lunghin. Weiter führt der Weg durch das romantische Val d'Agnel mit seinem mächtigen Felsentor zur Alp Flix mit ihrer blumen- und tierreichen Moorlandschaft. Im Ducantal prägen Gletscher und Firnfelder die karge, hochalpine Landschaft. Über das Landwassertal und das Val digl Guert wird schließlich das Etappenziel in der Lenzerheide erreicht.
Der Trek auf einen Blick:
Start: Tiefencastel
Ziel: Lenzerheide
Schwierigkeit: mittel
Distanz: 222 Kilometer
Höhenmeter: 15.000 bergauf und 14.500 bergab
Besonderheiten: 25 Pässe, 20 Bergseen, 17 Etappenorte, 3 Sprachen
Beste Jahreszeit: Juni – Oktober
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2. Hoch schlafen: Ein Bett über dem Abgrund
Unter einem 250 Meter gähnende Leere, über einem der funkelnde Sternenhimmel, in der Ferne die schneebedeckten Gipfel des Berninamassivs. Wer sich für eine Nacht in der Felswand entscheidet, sollte schwindelfrei sein und eine gute Portion Abenteuerlust mitbringen. Denn nur ein starrer Alurahmen und ein Stück hauchdünner Stoff verhindern den freien Fall. Portaledge nennt sich diese Methode zum Biwakieren in Felswänden, welche vor allem von Big Wall Kletterern genutzt wird.
Der Zustieg im Detail
Nach einer gemütlichen Bahnfahrt zieht man mit einem Bergführer der Bergsteigerschule Pontresina von der Diavolezza los und wandert bis zum Gipfel des 3.146 Meter hohen Piz Trovat. Nach einer Stunde gibt es die erste Belohnung: der frisch verschneite Piz Palü und der Piz Bernina mit seinen 4.049 Metern überragen alles. Vom Gipfel steigt man in den Klettersteig Piz Trovat ll ein, mitten in der senkrechten Wand wird gestoppt. Seelenruhig beginnt der Guide das Portaledge aufzubauen. Jeder Handgriff sitzt, alle Knoten sind perfekt geschnürt: Das Nachtlager hängt – darunter 250 Meter gähnende Leere.
Im Rausch der Farben
Ein Chili sin Carne später wird es langsam dunkel und das Schauspiel beginnt: Sterne überall. Aber keine Stille. Ständiger Begleiter durch die Nacht ist das Rauschen des Gletscherbachs, der 400 Meter weit entfernt vom Portaledge ins Tal fliesst. Nach dem Aufwachen geht der erste Blick hinauf zum Berninamassiv, das sich bläulich zu verfärben beginnt. Aus dem Blau wird eine Art Orange, dann tauchen die Sonnenstrahlen die Berge in ein gelbliches Licht. Das Farbenspiel ist gigantisch. Die Gipfel, die Felswände, die Gletscher sehen ganz anders aus als bei Abendlicht. Es herrscht Friede. Die Art von Frieden, wie man ihn nur in den Bergen findet.