Zur Wahl der richtigen Skitouren-Kameraden
No Friends on Powder Days? Dieser Spruch erlebt aktuell eine Renaissance auf den Social Media-Kanälen. Aber: Stimmt er auch? Peter Plattner klärt auf, worauf es bei der Partnerwahl für die nächste Skitour wirklich ankommt.
Bereits der Lyriker Friedrich Rückert (1788-1866) wusste, wie eine Gruppe von Freunden die Freude am eigenen Tun beeinflussen kann: „Allein ist besser als mit Schlechten im Verein, mit Guten im Verein ist besser als allein.“ Treffender könnte es auch für das Bergsteigen nicht formuliert werden. Allerdings hat man im Alleingang bei einem Notfall extrem schlechte Karten.
Die Schattenseiten von Gruppentouren mögen dem ein oder anderen bekannt sein: Der Tourenpartner kommt in der Früh einfach nicht in die Gänge oder muss am Gipfel unbedingt noch telefonieren, wenn man selbst schon längst bereit ist für die Abfahrt. Hier ist Gelassenheit gefragt – wer weiß? Vielleicht muss das nächste Mal ja auf einen selbst gewartet werden. Außerdem darf Freunden auch direkt gesagt werden, was einem gerade nicht passt. Allein, die „richtigen“ Touren-Freunde scheint nicht jeder zu haben. Gerade auf einer Skitour beeinflussen die beteiligten Gruppenmitglieder das Gefahrenlevel aber ganz maßgeblich.
Früher, in der guten alten Zeit, waren Skitourengeher alle ähnlich sozialisiert. Sie haben dieselbe „Schule“ durchlaufen, die gleiche Sprache gesprochen und doch irgendwie dasselbe Ziel gehabt: Mit den Fellen hinauf auf den Gipfel steigen und abfahren. Heute sprechen wir nicht mehr dieselbe Sprache, haben nicht mehr dieselben Ziele, denn das Skifahren im Gelände hat sich zum Trend- und Breitensport entwickelt und in verschiedene Disziplinen aufgeteilt. Die jeweiligen Protagonisten sind schon von Weitem an der Ausrüstung erkennbar und bringen zumeist komplett unterschiedliche Mentalitäten („Mindsets“) mit.
Auch wenn sie zur selben Zeit am gleichen Berg unterwegs sind: Die abfahrtsorientierten Freerider mit ihren schweren, fetten Skiern suchen naturgemäß etwas anderes als die fitnessbegeisterten „Hinaufläufer“ mit Pulsmesser und superleichtem Material. Daneben gibt es aber noch ganz andere Herangehensweisen bezüglich Risiko und Gefahr. Diese reichen von null Risiko („Ich habe Familie und außerdem wenig Ahnung“) bis zu radikalem Individualismus („Gefahr ist Teil des Spiels – jeder muss eigenverantwortlich handeln“). Auch hier gilt es beide Standpunkte zu respektieren und niemanden zu beurteilen oder gar zu verurteilen.
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Ob es aber eine gute Idee ist, absolute Gegensätze zu einer Tourenpartnerschaft zusammenzufügen, bezweifle ich. Es macht natürlich einen Unterschied, ob man gemeinsam loszieht, um einen netten Tag am Berg zu verbringen oder gemeinsam zu wachsen, auf ein geteiltes Ziel hinzuarbeiten oder den zehntägigen Urlaub in eine herausfordernde Durchquerung zu investieren. Große, ambitionierte Ziele erfordern eine klare Kommunikation: Wer will was? Wer kann was? Man kann letztlich nur dann gemeinsam entscheiden, wenn auch alle wissen, worum es geht, worauf es ankommt und worin die jeweiligen Erfordernisse liegen.
Ein simples Beispiel: Spreche ich jemanden aus meiner Gruppe beim LVS-Check vor der Tour auf sein veraltetes LVS-Gerät an und bekomme zur Antwort, dass ihm ein neues Gerät zu teuer sei, sagt er mir de facto ins Gesicht, dass ihm unsere bestmögliche Ortung im Falle einer Verschüttung keine 270€ wert ist. Ich empfehle jedem dringend, mit solchen Kumpels nur noch auf Kaffee und Kuchen, nicht aber auf Skitour zu gehen. Schließlich geht es in letzter Konsequenz um dein Leben.
Zur eingangs gestellten Frage: No Friends on Powder Days? Doch, aber nur richtige Freunde!