Flusswandern - alles, was du wissen musst
Foto: Riki Daurer, alpinonline
von Riki Daurer
Als Flusswandern wird das Befahren von sehr zahmen Flüssen bezeichnet. Ein einzigartiges Naturerlebnis, das trotz geringer Schwierigkeiten aber auch gewisse Gefahren birgt. Wir haben einige Tipps und Informationen für den Einstieg in das Flusswandern zusammengestellt.
Inhalt
- 1. Den passenden Schwierigkeitsgrad wählen
- 2. Das richtige Fortbewegungsmittel – Kajak, Kanu und mehr
- 3. Sicherheitsausrüstung ist Pflicht
- 4. Den Fluss kennenlernen
- 5. Ausstiegsstelle checken
- 6. Den Wasserstand berücksichtigen
- 7. Fließgeschwindigkeit und die Kraft des Flusses berücksichtigen
- 8. Boote nicht zusammenbinden
- 9. Hindernissen am Fluss ausweichen
- 10. Abstand von den Ufern halten
1. Den passenden Schwierigkeitsgrad wählen
Flusswandern findet vor allem auf Gewässern statt, die in den unteren Schwierigkeitsbereichen der allgemeinen Skala für Wildwasser eingestuft sind. Diese Einteilung reicht von Stufe I (unschwierig) bis Stufe VI (unfahrbar). Im Gegensatz zu vielen anderen Sportarten steigen die Schwierigkeiten bei der Wildwasser-Skala nicht linear, sondern exponentiell an. Um Gefahren zu vermeiden, ist es daher gerade für Anfänger ratsam, im einfachen Bereich (WW I) zu bleiben und sich nur in Begleitung von Profis oder im Rahmen von geführten Touren zu steigern.
Prinzipiell kann ein Fluss mit den unterschiedlichsten Fortbewegungsmitteln befahren werden. Allerdings bieten nur geprüfte bzw. für das Wildwasser vorgesehene Sportgeräte auch die notwendige Sicherheit.
2. Das richtige Fortbewegungsmittel – Kajak, Kanu und mehr
Kajak
Kajaks sind Ein- oder Zweisitzer-Boote, die meist aus Kunststoff bestehen. Je nach Schwierigkeit der Strecke oder Spielart werden verschiedene Modelle eingesetzt. Fährt man mit einem Kajak, braucht man eine sogenannte Spritzdecke, um die Lucke gegen Wasser zu schützen (Anfänger sollten allerdings die ersten Male ohne diese Abdeckung fahren). Kajaks werden mit einem Doppelpaddel gefahren.
Kanu bzw. Kanadier
Kanus sind offene Boote, in denen meist zwei Personen kniend sitzen. Sie sind im Gegensatz zu den Schlauchbooten aus einem festen Material. Gepaddelt wird mit einem sogenannten Stechpaddel.
Schlauchboot, Schlauchkanadier, Miniraft
In diese Gruppe fallen aufblasbare Boote, von denen aber nur geprüfte, für das Wildwasser geeignete Boote mit mehreren Luftkammern und widerstandsfähigem Material die notwendige Sicherheit für das Flusswandern bieten (ISO-Norm beachten).
Stand-up-Paddleboards
Stand-up-Paddleboards lassen sich ebenfalls zur Flussbefahrung einsetzen. Aber auch mit diesem Fortbewegungsmittel sollte auf die notwendige Sicherheit geachtet werden.
Schwimmtiere, Luftmatratzen und Ähnliches
Man kann zwar eigentlich mit allem einen Fluss befahren, aber solche Schwimmutensilien sind nicht sehr robust und können schnell Luft verlieren, was ein Sicherheitsrisiko birgt.
3. Sicherheitsausrüstung ist Pflicht
Eine Standard-Sicherheitsausrüstung besteht mindestens aus Schwimmweste und Helm. Gegen das kalte Nass und Unterkühlung verwendet man Neopren- oder Trockenanzüge. Egal wie oder womit man unterwegs ist – wichtig sind Schuhe (aus Neopren oder auch normale Turnschuhe), da vor allem beim Anlegen Verletzungsgefahr durch Steine besteht. Ob auf sehr einfachen Gewässern oder beim Paddeln am See eventuell auf die Sicherheitsausrüstung verzichtet wird, muss jeder selbst entscheiden. Aber vor allem bei Kindern sollte man diese nie weglassen.
4. Den Fluss kennenlernen
Einen komplett unbekannten Fluss zu befahren kann gefährlich werden – das gilt auch bei scheinbar einfachen Flüssen. Auch wenn die ersten paar Meter auf Sicht einfach ausschauen, kann sich der Flusscharakter schnell verändern. Um an Informationen zu Schlüsselstellen und möglichen Gefahren (querliegende Bäume) zu kommen, empfehlen sich Flussbeschreibungen und Flussführer. Wer auf Nummer Sicher gehen möchte, bucht bei regionalen Anbietern eine geführte Tour.
5. Ausstiegsstelle checken
Um auch sicher wieder aus dem Fluss zu kommen, sollte man vor dem Einstieg unbedingt den Ausstieg und somit auch die Flusslänge checken. Der Ausstieg ist zudem vom Fluss aus nicht immer leicht zu erkennen. Er sollte mit Bedacht und nicht zu nahe bei einem Hindernis oder einer neuen Passage gewählt werden. Kindern oder schwächeren Personen sollte man beim Auswassern vom Ufer aus helfen. Darüber hinaus sollte man sich überlegen, ob man am Ausstieg trockenes Gewand deponiert bzw. wie man wieder zum Einstieg gelangt. In der Schweiz ist das oft mit öffentlichen Verkehrsmitteln möglich, ansonsten empfiehlt sich ein zweites Auto oder Fahrrad.
6. Den Wasserstand berücksichtigen
Ein Fluss verändert seinen Charakter relativ schnell, je nachdem, ob er viel oder wenig Wasser führt. So kann ein netter Bach schnell zu einem reißenden und gefährlichen Fluss werden. Der Wasserstand kann durch Wetterereignisse beeinflusst werden. Daher ist es wichtig, sich auch die Wetterprognose für die Umgebung (Gebiet des Flussursprungs) anzuschauen und dementsprechend zu planen. Bei Flüssen, die von Gletschern gespeist werden, kommt hier noch das sogenannte Schmelzwasser hinzu. Eine weitere (unnatürliche) Speisung des Flusses kann über den Ablass von Kraftwerken erfolgen. Diese Gefahr ist an Flüssen meist mit einer Hinweis- bzw. Gefahrentafel vermerkt. Ob ein Fluss Hoch-, Mittel- oder Niederwasser hat, kann man über Pegelstände im Internet tagesaktuell ablesen (bei Flüssen mit Kraftwerksablass auch immer den Tagesverlauf checken).
7. Fließgeschwindigkeit und die Kraft des Flusses berücksichtigen
Mit der Menge an Wasser verändern sich auch die Fließgeschwindigkeit und die Kraft eines Flusses. Die Fließgeschwindigkeit erreicht in der Regel das zwei- bis dreifache Schritttempo. Bei schneller Fließgeschwindigkeit wird nicht nur das Manövrieren und Anlegen bzw. Auswassern aus einem Fluss schwierig, es nimmt auch die Kraft des Flusses zu.
Die Kraft eines Flusses wird gerne unterschätzt – jene der Aare kann man z.B. mit der Bewegungsenergie zweier fahrender Güterzüge vergleichen. Evident und gefährlich wird sie vor allem, wenn man auf Hindernisse wie Felsen, Bäume oder Verbauungen im Fluss trifft, sich dort verklemmt oder auch ungewollt vom Fluss mitgerissen wird.
8. Boote nicht zusammenbinden
Das Zusammenbinden von Booten am Fluss, vor allem von Schlauchbooten, macht das Manövrieren bei Hindernissen schwieriger. Zudem können Seile im Falle einer Kenterung eine Gefahr darstellen.
9. Hindernissen am Fluss ausweichen
Oft sind Gefahren und Hindernisse entlang des Flusses nur eingeschränkt sichtbar, da sie teilweise unterhalb der Oberfläche liegen – etwa Brückenpfeiler. Viele Hindernisse befinden sich gänzlich unter Wasser – Baumstämme, Felsen, Verbauungen. Diese werden erst beim Schwimmen im Fluss zur Gefahr. Ein geübter Wildwassersportler erkennt diese oft auch an der veränderten Wasserströmung an der Oberfläche. Die tiefsten Stellen – und somit jene, wo meist weniger Hindernisse lauern – befinden sich übrigens in der Mitte eines Flusses.
10. Abstand von den Ufern halten
Abgesehen von den Ein- und Ausstiegsstellen sollte man sich während der Fahrt von Ufern fernhalten. Hier treten nicht nur Verwirbelungen auf, meist sammelt sich im Uferbereich auch Gehölz, an dem man sich schnell verhängen oder verklemmen kann. Beim Auswassern ist Schnelligkeit und Präzision gefragt. Wähle deine Ausstiege mit Bedacht und lege nicht auf den letzten Drücker an. Auf Flüssen geht es oft schneller zu als zunächst gedacht.
11. Wie startet man mit dem Kajak- oder Kanufahren?
Wer noch nie in einem Boot gesessen ist, sollte am See unter „Badebedingungen“ starten oder auch professionelle Kurse buchen und die Grundtechniken erlernen.
Genaue Infos über den Fluss einholen (mögliche Gefahrenstellen, z.B. Wehranlagen, etc.). Es empfiehlt sich, einen Fluss in Straßennähe zu wählen, um die Fahrt im Fall des Falles abbrechen zu können.
Beim Einbooten stellt man das Boot immer gegen die Strömung und fährt dann in einem Bogen in die Flussmitte.
Aufgrund der Hindernisse in Ufernähe sollte man vor allem in der Mitte des Flusses fahren, außer man steuert ein sogenanntes Kehrwasser (ruhige Stelle hinter einem Stein) an.
Hindernissen wie Steinen, Brückenpfeilern etc. großräumig ausweichen und vorausschauend fahren.
Das Anlanden vor dem wirklichen Ausstieg mehrfach üben.
12. Das kleine Fluss-ABC
Das Lesen einer Flussbeschreibung vor der Befahrung ist unerlässlich. Die wichtigsten Begriffe sind:
Pegel: vom hydrographischen Dienst gemessener Wasserstand. Der Pegel ist online abrufbar und gibt auch Auskunft, ob Nieder-, Mittel- oder Hochwasser besteht.
Strömung: durch das Gefälle entstehende Fließgeschwindigkeit des Wassers. Die Hauptströmung ist der Teil des Flusses, der am schnellsten fließt - er befindet sich meist in Flussmitte.
Kehrwasser: eine „Parkbucht“ hinter Felsen oder am Ufer. Hinter (also flussabwärts) einem Stein steht das Wasser oder fließt sogar leicht flussauf. Hier fährt man ein und kann pausieren.
Rücklauf: teilweise gefährlicher bis tödlicher Rücksog, der hinter einem großen Hindernis entsteht und der einen Schwimmer nicht mehr loslässt. Besonders gefährlich sind diesbezüglich Wehre.
Siphone: Teile des Flusses, wo das Wasser unterirdisch/unter großen Felsblöcken fließt – hier besteht akute Ertrinkungsgefahr. Für Ungeübte schwierig zu erkennen, in den meisten Flussbeschreibungen werden sie erwähnt.
Eskimorolle: 360-Grad-Drehung in Längsachse mit dem Kajak oder Kanadier.
Diese Flüsse eignen sich hervorragend für eine Flusswanderung:
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