Alpe Adria Trail: Die Geschichten sind des Weitwanderers Lust
Unser Pilger 2.0 Ernst Merkinger ist wieder unterwegs – dieses Mal über die Alpen. Im Moment befindet er sich auf der Kärntner Seite des Großglockner-Gebiets. Dort kam es zu einer besonderen Begegnung.
Durch das ständige Auf und Ab in den Bergen knistert es in den müden niederösterreichischen Oberschenkeln schon ein wenig. So viel Ehrlichkeit muss sein! Doch die guten Geschichten, die ich in den letzten Tagen des Weitwanderns bzw. – so wie ich es am Alpe Adria Trail handhabe, des Weitbummelns – erlebe, machen sämtliche Wehwehchen wett. Eine davon, möchte ich euch hier erzählen.
Ein besonderes Treffen
Heute Abend bin ich im gemütlichen Gastgarten des Dorfwirten gesessen, habe mein Essen bestellt und anschließend die Salzburger Nachrichten zur Hand genommen. Während ich die Headline „Kim landet in Singapur und bringt Essen mit“ lese, nähert sich ein gebrechlicher Mann mit selbstgeschnitztem, gebogenem Wanderstock, begrüßt mich und fragt mit der Lautstärke eines offensichtlich Schwerhörigen: „San Sie a Diplomingenieur?“
Ich schmunzle und entgegne ihm mit ähnlicher Lautstärke: „Nein! Sind Sie einer? Wollen Sie sich vielleicht zu mir setzen, Her Diplomingenieur?“
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Seine Mundwinkel ziehen zuerst links und dann rechts nach oben, er legt seinen Wanderstock am Nebentisch ab, setzt sich rechts von mir zu Tisch und beginnt mit mir zu reden – leider Gottes verstehe ich nur einzelne Wortfetzen. Zum Beispiel „1951, Heiligenblut und Lawine, „Menschen verschüttet worden“, „letztes Johr sovü Schnee wie scho laung ned“ oder „In Wien habt´s es kane so hochn Berg, goi?!“
Später hat mir der freundliche Besitzer des „Dorfwirten“ verraten, dass ich soeben auf eine Legende der Region getroffen bin. Er und seine 13 Geschwister haben es nämlich in das Guinness-Buch der Rekorde geschafft, als die „weltweit älteste Familie“. Die Familie Zlöbl aus Großkirchheim wurde am 21. Juni 2016 1.000 Jahre alt. Dies wurde natürlich dementsprechend gebührend am selben Tage im Nationalparkhaus gefeiert – Blasmusik und Bürgermeister inklusive.
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Und 1951 bzw. Heiligenblut?
1950 und 1951 war der gesamte Alpenraum von zahlreichen Katastrophen betroffen. Nach starken Neuschneefällen (bis zu 130 cm) kam es am 21. Jänner 1951 um 4:20 Uhr zum Abbruch einer Lawine aus dem Gebiet der „Weißen Wand" auf Heiligenblut. Es gerieten ca. 100.000 m³ Schnee in Bewegung und stürzten – den Waldgürtel bei der Großglockner Hochalpenstraße durchschlagend – bis in den Talboden. Die Lawine zerstörte mit ihrem östlichen Arm ein Anwesen, wobei sechs Tote zu beklagen waren. Weitere sechs Personen fanden in der Ortschaft Heiligenblut den Tod, wo verheerende Schäden an 36 Wohn- und Wirtschaftsgebäuden, Straßen und Versorgungsanlagen verursacht wurden.
Dies ist eine meiner besonderen Geschichten der letzten Woche. Falls Ihr täglich mit mir online weitbummeln wollt, dann habt ihr diese Möglichkeit über meinen Blog bzw. Instagram.
Etappe 2 führt Ernst von Heiligenblut nach Döllach. Hier seht ihr die weitere Routenplanung.