David Lama: Techno-Party in der Laserz-Südwand
Ein Felsdach, das vierzig Meter überhängt, Seillängen im zehnten Grad und das fast direkt vor meiner Haustür: In der Laserz Südwand habe ich schon wieder alpines Neuland entdeckt.
Die Zehn-Seillängen-Route „Safety Discussion“ in den Lienzer Dolomiten war eine Erstbegehung voll nach meinem Geschmack: Anspruchsvolle Kletterei, eine gewagte Linie und vor allem ein absolut sauberer und mutiger Stil. Im Sommer 2012 konnte ich sie gemeinsam mit Peter Ortner, meinem Freund und Seilpartner vom Cerro Torre, frei klettern.
Der Laserzkessel hat mir schon damals gezeigt, dass man nicht immer nach Alaska oder Patagonien reisen muss, um Abenteuer in den Bergen zu erleben und es auch Zuhause noch Potential für spannende Erstbegehungen gibt. Den unberührten Fels und das Abenteuer in unseren großflächig erschlossenen Alpen jedoch zu erkennen, ist nicht immer ganz einfach und bedarf meist einer guten Portion Kreativität.
Auch die Laserz Südwand, durch die sich die „Safety Discussion“ zieht, ist kein unbeschriebenes Pflaster. Schon 1953 wurde dort die erste Linie gezogen – von keinem geringeren als Toni Egger und seinem Partner Hans Sauscheck. Seitdem konnten immer wieder neue Route in das Topo der Südwand gezeichnet werden. Vor knapp drei Jahren zogen Peter und ich unsere Linie durch die Wand. Nicht einmal 100m links der „Egger-Sauscheck“ folgten wir einem System aus feinen Rissen und Schuppen, das uns durch das 15m überhängende Dach im Zentrum der Wand und weiter durch die glatte Headwall zum Ausstieg der Wand führte. Zuvor konnte sich niemand vorstellen, dass dieser Wandbereich kletterbar ist, doch Peter und mir gelang es die Schwachstellen der Wand auszumachen und zu nutzen.
Letzten Sommer fand ich mich erneut in der Laserz Südwand wieder. Alleine hing ich im glattesten Teil der Wand, rund 150m über dem Boden, auf einem enterhakenartigen Clif, dem ich selbst kaum vertraute. Ich war dabei mich im technischen Kletterstil von unten über eine neue Linie, die ich mir vorgenommen hatte, nach oben zu arbeiten.
Gerne wäre ich wieder mit Peter unterwegs gewesen, doch weder er, noch einer meiner anderen Kletterpartner, die für so ein Projekt in Frage gekommen wären, hatte Zeit. Das erschwerte mein Tun natürlich ungemein, denn während ich bei der Erstbegehung der „Safety Discussion“, von Peter gesichert, im freien Kletterstil von meinen Sicherungen wegsteigen konnte und auch Stürze ins Seil riskieren konnte, war ich jetzt dabei mich mit allen möglichen Tricksereien langsam und mühsam Zentimeter für Zentimeter nach oben zu nageln. Es war eine äußerst anspruchsvolle Techno-Party, bei der ich mir natürlich absolut keinen Fehler leisten wollte.
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Ich hatte jede Menge Normalhaken, in verschiendensten Formen und aus verschiedensten Materialien dabei, die ich in den Fels schlagen konnte, außerdem mobile Sicherungsmittel wie Klemmkeile, Friends oder Cliffs und Leitern, die ich in meine Sicherungspunkte einhängen konnte und über die ich mich hoch zog. Oft musste ich auch mehrere Tools miteinander kombinieren, damit ich mich halbwegs auf sie verlassen konnte. Bohrhaken, die ja zu hundert Prozent halten, verwendete ich nur an den Ständen ganz vereinzelt auch als Zwischensicherung.
Um mich die sieben Seillängen meines Projekts hinauf zu nageln, war ich über fünf Tage in der Wand unterwegs. Und mein Projekt ist noch lange nicht abgeschlossen. Für die Erschließung der Route, war ich zum Techno-Klettern gezwungen – es war der einzige vertretbare Stil um alleine diesen schwierigen Wandbereich zu durchsteigen. Mein Ziel war es jedoch von Anfang an, diese Linie frei zu klettern, also vom Wandfuss aus jede Seillänge sturzfrei zu begehen und dabei nur die Strukturen die mir der Fels bietet zum Klettern zu benutzen.
Mein Abenteuer in der Laserz-Südwand bekommt also bald eine neue Dimension. Einige Tage im Sommer wird mich die Route noch beschäftigen, bis ich sie frei durchsteigen kann. Mal sehen, ob es heuer hinhaut. Ich werde euch davon erzählen.
Regelmäßige Post von David Lama gibt es auch im Bergwelten Magazin.