David Lama: Über das Training
Aus dem professionellen Alpinismus ist das Training nicht mehr wegzudenken. Dennoch ist es nur ein Aspekt des Bergsteigens, sagt David Lama (erschienen im Bergwelten Magazin August/September 2018).
Bis zu einem gewissen Grad fand ich die Trainingstheorie schon immer sehr interessant: Mit Trainingslehre habe ich mich in meiner Zeit an der Sportschule befasst, und immer öfter erscheinen auch Bücher, wie Bergsteiger und Kletterer ihr Training gezielter steuern können.
Ich werde aber auch in Zukunft nicht nach einem ausgefeilten Trainingsplan trainieren. Durch die Variation meiner Aktivitäten erhalte ich mir die Motivation. Ich möchte die Professionalisierung nicht so weit treiben, nur noch eine Maschine zu sein, die von einem Trainer ferngesteuert wird, um Bestleistungen zu bringen.
Das würde mir keinen Spaß mehr machen. Bei meinen Expeditionen kommt es, wenn es wirklich hart wird, ohnehin enorm auf die persönliche Leidensfähigkeit an, und die ist nur bedingt vom Trainingszustand abhängig.
Ich empfinde das Training als wichtig, aber es ist nur ein Aspekt des Bergsports. Die Natur zu genießen, Neues zu entdecken, Abenteuer zu erleben – das gehört für mich genauso dazu. In diesem Sinne sind mir das Abenteuer und der Entdeckergeist bei meinen Unternehmungen mindestens so wichtig wie die sportliche Seite. Hier kann und muss jeder die richtige Kombination für sich selbst finden. Letztendlich hat man beim Bergsteigen ohnehin nie alles unter Kontrolle. Man kann noch so fit sein – wenn das Wetter nicht passt oder die Verhältnisse nicht mit spielen, hat man einfach keine Chance.
Dass man sich vor einer größeren Unternehmung in den Bergen entsprechend vorbereitet, ist nicht neu. Schon Hermann Buhl überschritt im Vorfeld der Nanga Parbat-Expedition 1953 alle Gipfel der Gleirsch-Halltal-Kette im Karwendel und kletterte im Alleingang durch die winterliche Watzmann-Ostwand; und Peter Habeler war in TopForm, als er 1978 zum Mount Everest auf brach. Mit der zuneh menden Professionalisierung im Bergsport und dem steigenden Leistungsniveau wuchs allerdings der Stellenwert des Trainings. Heute absolvieren selbst Freizeitkletterer ein beachtliches Pensum.
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Wer sich jetzt vorstellt, dass ich meine Tage überwiegend in der Kletterhalle ver bringe, liegt trotzdem falsch. Sicher bin ich ab und zu in der Halle anzutreffen, aber dann eher, um mit einem Freund entspannt ein paar Routen zu machen. Für meine Expeditionen benötige ich in erster Linie eine sehr gute Grundlagen ausdauer, und die hole ich mir vor allem, wenn ich in relativ leichtem Gelände unterwegs bin, wo ich Höhenmeter abspu len und Trainingsstunden sammeln kann.
Klassische alpine Touren wie die Fußstein oder die Grundschartner Nord kante in den Zillertaler Alpen bieten genau das und zudem noch schönen Fels, den ich in leichten Schuhen solo klettern kann. So schrumpfen sie zu Halbtags unternehmungen, für die mir schon ein kurzes Schönwetterfenster reicht.