Manaslu: Kammerlanders Rückkehr zum Schicksalsberg
750 Kilo Kameraequipment, 50 Träger, 8 Monate Produktionszeit. Wenn das Leben einer Berg-Legende wie Hans Kammerlander verfilmt wird, muss einiges in Bewegung gesetzt werden. Der Tiroler Extrembergsteiger Stephan Keck macht sich dieser Tage mit seinem alpinistischen Vorbild zum Manaslu (8.163 m) auf, wo Kammerlander vor 26 Jahren von einer Unwetter-Tragödie gestoppt wurde. Gemeinsam wollen sie den Gipfel erreichen und mit Skiern abfahren. Uns berichtet er in den kommenden Wochen direkt aus Nepal.
Hans Kammerlander hat in seinem Bergsteiger-Leben Höhen und Tiefen erlebt. Gemeinsam mit Reinhold Messner stand er auf sieben Achttausendern. Weltberühmt wurde er mit der bis heute schnellsten Mount-Everest-Besteigung über die Nordroute samt Skiabfahrt vom Gipfel im Jahr 1996. Seine wohl bitterste Tragödie erlebte er 1991 am Manaslu in Nepal. Auf dem Weg zum Gipfel des achthöchsten Bergs der Erde zog plötzlich ein Gewitter auf – Hans Kammerlander verlor zwei seiner besten Freunde und überlebte selbst nur knapp. Zum Manaslu wollte er niemals wieder zurückkehren.
Den Weg zu Ende gehen
26 Jahre später will die Südtiroler Berg-Legende, inzwischen 60 Jahre alt, diesen Weg nun doch zu Ende gehen – es soll zugleich das Herzstück einer aufwendig produzierten Verfilmung seines Lebens werden, die 2018 unter dem Titel „Manaslu. Mountain of Souls“ in die Kinos kommen wird. Sie basiert auf Kammerlanders Bestseller-Biographie „Bergsüchtig“. Für die Produktion zeichnet das Filmteam rund um Regisseur Gerald Salmina verantwortlich, der zuletzt mit der Doku „Streif – One Hell of a Ride“ für Furore sorgte.
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„Manaslu“: Fakten zum Film
- Produktionszeitraum: August 2017 bis April 2018
- Drehorte: Manaslu (Nepal), Dharamsala (Indien), Dolomiten (ITA), Ötztal und Karwendel (Tirol)
- Kino-Start: Österreich und Südtirol ab November 2018, Deutschland und Schweiz ab Dezember 2018
Expeditionsleiter Keck im Interview
Die Manaslu-Expedition leiten wird der Tiroler Extrembergsteiger und Unternehmer Stephan Keck. „Eine Mega-Aufgabe“, wie er uns im nachfolgenden Interview gesteht. Doch eine, die ihn mit Stolz erfüllt. Er wurde von seinem Bergsteiger-Vorbild Kammerlander persönlich gebeten, ihn auf den Gipfel des Manaslu zu begleiten. Da stand Keck bereits im Jahr 2012, musste auf dem Weg dorthin aber seinerseits eine Lawinenkatastrophe mit 12 Todesopfern miterleben.
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Uns gibt Stephan Keck kurz vor dem Start Einblick in das Manaslu-Projekt.
Bergwelten: Stephan, du stehst unmittelbar vor der Abreise nach Nepal. Was wird dich und dein Expeditions-Team in den kommenden Monaten erwarten?
Stephan Keck: Wir müssen ein riesiges Film-Projekt durchführen, das jeden von uns vor große Herausforderungen stellt. Für mich steht aber die gemeinsame Zeit mit Hans Kammerlander im Vordergrund. Er hat mich schon sehr früh geprägt und ist als Höhenbergsteiger mein absolutes Vorbild. Ich war 17 Jahre alt, als die Tragödie am Manaslu passiert ist – mit ihm an diesen Ort zurückzukehren, das Geschehene aufzuarbeiten, endlich den Gipfel zu besteigen und – wenn es klappt – auch noch mit Skiern abzufahren ist schon eine wirklich tolle Sache.
Wie viel Respekt hast du als Expeditionsleiter vor diesem Mega-Projekt?
Die Expedition selbst würde mir nicht viel Kopfzerbrechen bereiten, das ist mein normales Geschäft als Bergführer. Nachdem sie aber mit der Produktion eines Kinofilms verbunden ist, wartet wirklich sehr viel Arbeit auf uns. Da gilt es eine ganze Film-Crew von A nach B zu befördern, müssen etliche Permits eingeholt werden usw.
Kannst du uns ein paar konkrete Zahlen und Fakten zum Film-Projekt verraten?
Wir sind im Kernteam 11 Leute, bestehend aus Kamera-Crew, Tontechnikern und Bergführern. Wir nehmen 750 kg rein an Kameraequipment mit. Insgesamt müssen aber 3.000 Kilo Ausstattung von Kathmandu zum Basislager transportiert werden – das wird von 50 Trägern durchgeführt! Im Basislager kümmern sich alleine 5 Leute ums Kochen für die Filmcrew. Besonders aufwändig werden die Szenen am Gipfel werden. Dafür haben wir für 4-5 Tage Hubschrauber-Unterstützung eingeplant – falls die Wind- und Wetterverhältnisse ein Starten mit Hubschraubern nicht erlauben, werden diese Aufnahmen per Überflug von einem Flugzeug aus gemacht. Der Wert der Film-Ausrüstung, die wir durch den Himalaya bewegen, beläuft sich insgesamt auf mehrere 100.000 Euro.
In zwei Tagen geht es los – hast du angesichts dieser Zahlen wirklich kein mulmiges Gefühl?
Die Vorbereitung ist schon heftig. Uns ist z.B. kurzfristig unsere Cargo-Maschine ausgefallen, sodass wir jetzt spontan vieles selbst mitnehmen und mit jeweils acht Gepäcksstücken abfliegen müssen. Aber sobald ich mal im Flieger sitze, ist die Sache für mich erledigt (lacht). Richtig spannend wird es dann wieder Mitte November – da planen wir den Gipfelaufstieg. Wir brauchen unbedingt günstiges Wetter oder zumindest ein Wetterfenster, damit die Kameraleute arbeiten können.
Du sagst, dass dich Hans Kammerlander stark geprägt hat. Wie kam es eigentlich dazu, dass ausgerechnet du dein Idol auf dieser besonderen Expedition begleitest?
Der Hans hat mich schon sehr früh geprägt – seine Bücher, die ich als Jugendlicher gelesen habe, haben meine Faszination für die Berge geweckt. Wir sind uns in den letzten Jahren immer wieder auf diversen Vorträgen und Events begegnet – daraus hat sich eine Freundschaft entwickelt. Vor einigen Jahren habe ich ein Film-Projekt namens „Heimschnee“ initiiert und den Hans gefragt, ob er darin nicht eine kleine Rolle mitspielen will – was er gerne getan hat. Ich war mit Hans auch viel auf Skitouren unterwegs und schätze besonders diese Ruhe, die er im Gelände ausstrahlt. Er ist jemand, von dem ich immer noch viel lernen kann. Was ich niemals vergessen werde, ist die allererste Begegnung mit ihm. Das war als junger Bub in den Dolomiten. Er stand dort am Einstieg der Sellatürme und hat mich ganz uneitel begrüßt und ins Gasthaus eingeladen – dieses unantastbare Idol. Was mich freilich noch mehr beeindruckt hat: Er hat seine Kletterschuhe vergessen gehabt und ist die Route einfach barfuß hochgeklettert (lacht).
Und jetzt wirst du dein Idol auf seiner vielleicht speziellsten Expedition begleiten.
Es war Hans selbst, der sich gewünscht hat, dass ich beim „Manaslu“-Filmprojekt nicht nur in der Logistik mitarbeite, sondern ihn als Bergpartner auf den Gipfel begleite. Das ehrt mich sehr. Ich selbst war ja schon 2012 auf dem 8.163 m hohen Gipfel, bin dabei aber auch Zeuge des tragischen Lawinenabgangs geworden, der zwölf Menschen das Leben kostete. Es wird wirklich eine ganz besondere Expedition. Wir werden den Weg, der durch den Unfall vor 26 Jahren unterbrochen wurde, zu Ende gehen. Hans wird zugleich seinen letzten 8.000er besteigen.
Was ist – abgesehen vom riesigen Aufwand – das besondere am Film „Mansalu“?
Der Film wird über einen gewöhnlicher Dokumentarfilm hinausgehen und das ganze Leben vom Hans, mit all seinen Höhen und Tiefen, zeigen. Das Manaslu-Drama von 1991 wird ebenso dargestellt, wie seine Kindheit und Jugend – dazu werden wir die Originalschauplätze in Südtirol besuchen. Hans wird seine Geschichte im O-Ton selbst erzählen. Man darf wirklich gespannt sein.
Danke für das Interview und viel Erfolg!
Expeditions-Plan
Stephan Keck wird in den kommenden Wochen regelmäßig auf Bergwelten.com vom Manaslu-Abenteuer mit Kammerlander berichten. So ist der Ablauf der Expedition geplant:
12.10. Ankunft der Expeditions-Gruppe I in Kathmandu (Nepal). Fahrt mit dem Jeep nach Langtang zur On-Site-Besichtigung.
14.-16.10. Street Life in Kathmandu. Inklusive Besuch von Klöstern und (Schul-)Projekten, die Hans Kammerlander und Stephan Keck unterstützen.
17.-19.10. Vorbereitung der Expedition. Ankunft der Gruppe II. Packen und Verladen des Equipments.
20.10. Start der Manaslu-Expedition.
21.-27.10. Trekking-Phase. Weg durch dschungelartige Vegetation. Besuch der Hannes Arch Schule in Ripchet. Besuch buddhistischer Klöster. Ankunf in Samagaun.
29.10. Aufstieg zum Basislager (Manaslu Base Camp).
30.10.-12.11. Manaslu Summit Climbing Period. Akklimatisieren auf circa 5.000 m.
13.-23.11. Manaslu Summit Climbing Period. Geplanter Aufstieg im alpin Stil über den klassischen Normalweg (je nach Wetter). Einsatz der fliegenden Film-Crew mit Hubschrauber.
24.11. Abfahrt mit Ski bis ins Basisilager.
25.11. Aufbruch vom Basislager retour.
30.11. Rückflug nach Österreich.