Schluchtwanderung durch die Tiefenbachklamm
Foto: Bergwelten
von Isabelle Obergasser
Die Bergwelten-Online-Redaktion verlegt ihr Büro für eine Woche ins schöne Tiroler Alpbachtal. Am ersten Tag wurde die urige Unterkunft in Reith im Alpbachtal bezogen, aber so gemütlich sie auch ist: der erste Punkt der Woche steht gleich am Programm. Heute bekommt die Redaktion wildes Wasser und tiefe Schluchten bei einer Wanderung durch die Tiefenbachklamm zu sehen.
Ein freundliches „Griaß-enk“, traditionelle Glockentürme auf den Dächern von alten Bauernhäusern und grüne, frisch gemähte Wiesen und Weiden, soweit das Auge reicht: Da wissen wir – es hat uns ins schöne Tiroler Unterland, in diesem speziellen Fall ins Alpbachtal, verschlagen. Das verträumte Stück Österreich in den Kitzbühler Alpen verdankt seinen Namen dem Alpbach, welcher das gesamte Tal durchfließt. Das Leben hier ist ruhig und ursprünglich, die Bewohner zuvorkommend und heimatverbunden – hier kennt man sich.
Vom Bergwelten-Standort in Wien sind es ungefähr 3,5 bis 4 Stunden mit dem Zug zu diesem schönen Fleckchen Erde. Sobald das flache Land von Linz kommend den ersten hohen Bergen weicht, schlägt unser Bergler-Herz schon etwas höher. Nach dem verregneten Mai scheint uns der Wettergott auch wohlgesonnen, denn wir haben Kaiserwetter bestellt und es schlussendlich auch bekommen.
Nach dem Ausstieg in Wörgl nehmen wir zuerst einen tiefen Atemzug, die Landluft zeigt sofort ihre Wirkung und die vielen Wochen Homeoffice und Social Distancing sind wie weggeblasen! Wir werden abgeholt und kurze Zeit später landen wir in Brixlegg – dem Tor zum Alpbachtal. Weiter geht es nach Reith, durch steile, enge Gassen und über den Dorf-Kirchplatz fahren wir zu unserer Unterkunft: dem Ferienhaus Weberhof. Beim Betreten des Holzhauses fühlt man sich sofort „wia bei da Oma dahoam“ – niedrige Decken, rote Karo-Bettwäsche, urige Holzböden und -wände und rote Geranienstöcke. Man hat das Gefühl, als betrete man ein Stück Zeitgeschichte. Und dem ist auch so, denn der vererbte, ehemalige Bauernhof steht schon seit 200 Jahren an genau diesem Platz. Heute bietet er Familien und Freunden ein schönes Refugium für die Sommer- und Wintermonate - ein Ort zum Wohlfühlen. Viel Zeit zum Entspannen bleibt aber nicht, denn wir wollen gleich die Gegend erkunden.
Die Schlucht ruft
Michael Mairhofer, der Experte fürs Alpbachtal, holt uns höchstpersönlich ab, um uns ein Highlight seiner Heimat zu zeigen: die Tiefenbachklamm. Eine ungefähr 20-minütige Autofahrt später stehen wir am Fuß der Klamm der Brandenberger Ache. Das Wasser ist hier schon wunderschön türkis – und auch laut. Am Anfang ist der Weg noch ohne Probleme begehbar. Je weiter wir in die Tiefen der Klamm vordringen, umso froher sind wir aber über unsere guten Schuhe. Denn das nasse Klima zwischen den steil abfallenden Felsen, welche das Wasser über die Jahrhunderte abgeschliffen hat, macht den Weg rutschig, gute Konzentration ist also gefragt. Das ist aber gar nicht so einfach, wenn die Landschaft den eigenen Blick immer wieder anzieht.
Obwohl heute ein traumhafter Juni-Tag ist, ist nicht viel los und wir kommen gut voran, stets staunend. Währenddessen beginnt Michael zu erzählen, er ist im Sommer auch öfter hier. „Die Klamm hat eine lange und wichtige Geschichte. Früher, als es die Technologie von heute noch nicht gab, wurde das Holz, welches im Tal benötigt wurde, ganz einfach per Wasser-Express über die Klamm bis nach Kramsach gebracht. Das nannte man ‚Holztrift‘.“ 1966 wurde der Betrieb schließlich eingestellt, die Maschinen hatten die alte Technik überholt. Doch manche Überbleibsel aus dieser frühen Zeit findet man noch heute in der Tiefenbachklamm, wie etwa alte Brücken.
Die rauen und gefährlichen Seiten
Wir wandern weiter plaudernd am türkisen Wasser entlang, an unserer Seite steile Felsen. Das Rauschen der starken Strömung begleitet uns den ganzen Weg über und manche von uns juckt es schon in den Fingern, einfach hineinzuspringen. Doch das lieber an einem anderen Tag. Als ein glitzernder Wasserfall unseren Weg kreuzt, wird es aber dann auch mal wirklich Zeit, zum Wasser zu gehen. Es ist glasklar und sehr erfrischend, zumindest die Arme und das Gesicht bekommen eine kurze Abkühlung. Michael erzählt unterdessen weiter: „Von November bis April ist die Klamm immer gesperrt, denn durch die Schneeschmelze kann der Wasserstand sehr hoch werden. Wir empfehlen aber immer, auch während den Sommermonaten gut auf das Wetter zu achten. Nach einer langen Regenperiode kann es hier schon sehr gefährlich werden, das Wasser ist einfach unberechenbar.“ Wir haben wohl Glück, heute zeigt es sich von seiner sanfteren Seite.
Mittlerweile wird der Weg auch etwas schmaler und steiler, doch alles ist gut gesichert. Die Wanderung ist wirklich angenehm, genau das richtige Programm für einen heißen Sommertag. Über Hängebrücken wechseln wir immer wieder die Seiten und haben einen neuen Blick auf das fast schon kitschige türkise Wasser, das durch die Sonnenstrahlen noch stärker leuchtet. Inmitten der Felsen der Klamm fühlt sich Mensch fast etwas klein, der Weg, welchen sich das Wasser über Jahrhunderte harte Arbeit freigeschliffen hat, hat eine beeindruckende Schlucht in der Landschaft hinterlassen, welche uns zum Staunen bringt.
Die Zeit vergeht wie im Flug und nach ungefähr 1,5 Stunden kommen wir dem Ziel unserer Wanderung näher: der Jausenstation Tiefenbachklamm. Diese liegt eingebettet zwischen bunten Almwiesen über dem Ufer der Brandenberger Ache, welche hier am Anfang ihres steilen Wegs nach unten ins Tal steht. Wir nehmen Platz auf der sonnigen Terrasse und bekommen unsere wohlverdiente Stärkung. Die Speckknödel mit Sauerkraut werden gleich drei Mal bestellt, während des Essens ist es ungewöhnlich ruhig – das ist aber ein gutes Zeichen. Danach kriecht doch langsam die Müdigkeit in unsere Knochen, das viele Sonnetanken und Entdecken fordert seinen Tribut. Heute legen wir uns auch früh in die bequemen Holzbetten, denn an Tag 2 der Hüttenwoche steht eine Sonnenaufgangswanderung auf die Gratlspitze (1.899 m) am Plan.
Die Redaktion bedankt sich bei den Ausstattern:
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