TV-Tipp: Rebellen der Berge – Wilderer
Geschichten über Wilderer gehören gewissermaßen zur DNA des Alpenraums. Zahllose Heimatfilme und Romane zeichnen den Wilderer gerne als schneidigen Bauernburschen, der mit dem Jäger Katz und Maus spielt. Die Realität dagegen ist oft brutal und voller Leid. Ein „Bergwelten-Spezial“ zeigt die Geschichte der legendären „Wildererschlacht von Molln“ bei ServusTV.
Im Mittelpunkt des Filmes steht der Mollner Bauernsohn August Popp. Er wird als „Wolfbauern-Gust“ zum legendären Wilderer und Anführer einer Wildererbande. Als alter Mann, der in einem Interview auf sein Leben zurückblickt, wird Popp vom aus Wels stammenden Kammerschauspieler Martin Zauner gespielt. Jungstar Dominic Marcus Singer verkörpert den jungen Popp. Besonders pikant: So gut wie alle Wilderer werden von Männern dargestellt, die im echten Leben Jäger sind, teilweise sogar Berufsjäger von den Bundesforsten und aus dem Nationalpark Kalkalpen. Darunter sind auch zwei direkte Nachfahren des Wolfbauern Gust – seine Enkel Franz und Gerhard Popp.
Hunger als Motiv, Gewalt als Ergebnis
Unmittelbar nach dem ersten Weltkrieg trieb der Hunger im oberösterreichischen Molln Deserteure, Kriegsheimkehrer und Bauernknechte zum Wildern. Dabei ging es schlicht um das Beschaffen von Nahrung. Als sich der lokale Graf Lamberg weigerte, wie vorgeschrieben den Großteil seines Wildes abzuschießen und an die notleidende Bevölkerung abzugeben, eskalierte die Lage. Zuerst wurde ein Förster und zehnfacher Familienvater von einem unbekannten Wilderer getötet, bald darauf starb ein Wilderer durch einen Schuss in den Rücken – abgegeben von einem gräflichen Förster.
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Die Wilderer begannen daraufhin, regelrechte Treibjagden zu veranstalten und verhöhnten so den Grafen und sein Forstpersonal. In einer Spirale der Eskalation schaukelte sich die Lage in Molln gefährlich auf, bis es am 14. März 1919 zur sogenannten „Wildererschlacht von Molln“ kam. Bei einem brutalen Gendarmerieeinsatz gegen die Mollner Wilderer starben vier junge Männer unter den Kugeln und Bajonettstichen überforderter Gendarmerieschüler.
Aufstand der Unterdrückten
Hinter dem Ereignis stand jedoch viel mehr, als eine der üblichen klischeebeladenen Wilderergeschichten. Die brutalen Vorfälle stellten das gesamte Steyrtal an den Rande einer Revolution, da vor allem die Arbeiter das Vorgehen der Behörden als Anschlag auf das Proletariat sahen. „Wir haben es hier mit einer sozialen Revolution am Übergang von der Monarchie zur Republik zu tun“, sagt Regisseur Fritz Kalteis.
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Mythos der Alpen
Die Geschichte von der Wildererschlacht von Molln steht dabei beispielhaft für die Wildererkultur, die den Alpenraum bis etwa Mitte des 20. Jahrhunderts geprägt hat. „Wie in keiner anderen Begebenheit verdichten sich im Wildererdrama von Molln die großen Elemente, die den Wilderer zum Mythos der Alpen gemacht haben“, sagt Bergwelten-Programm-Chef Hans-Peter Stauber, „nämlich Hunger, Armut, Widerstandsgeist, Rebellentum, aber auch Wagemut und männliches Imponiergehabe.“ Auch wenn die klassische Wildererei „keine Rolle mehr spielt, das alles vorbei ist“, wie der langjährige Förster des Mollner Reviers Bodinggraben, Walter Stecher, in der Doku sagt, so ist die Erinnerung daran noch höchst lebendig.
TV-Tipp
ServusTV zeigt Bergwelten Spezial „Rebellen der Berge – Wilderer“ am Montag, den 30. August 2021, um 20:15 Uhr in Österreich und um 21:15 Uhr in Deutschland.