Groundhog Day: Wie lange dauert der Winter noch?
„Und jährlich grüßt das Murmeltier“: Bereits zum 136. Mal wird in Punxsutawney im US-Bundesstaat Pennsylvania ein Murmeltier namens Phil aus seinem Winterschlaf-Bau geholt, auf dass es vorhersage, wie lange der Winter noch dauert. Was wenige wissen: Dem amerikanischen Spektakel liegen alte Bauernregeln aus Deutschland zugrunde. Wir haben Wetterexperten zu ihrer Meinung befragt.
Ob das dem armen Murmeltier namens Phil gefällt, kann man nur mutmaßen. Jahr für Jahr – und heuer zum 136. Mal – wird er am frühen Morgen des 2. Februars auf dem Waldhügel „Globbler’s Knob“ – rund drei Kilometer von der Kleinstadt Punxsutawney im US-Bundesstaat Pennsylvania entfernt – mit Stöcken aus dem Winterschlaf getrommelt und aus einem Baumstamm geholt. Tausenden Amerikanern ist dieses Zeremoniell am sogenannten Groundhog Day (Murmeltiertag) einen Ausflug wert. Doch das Spektakel kann man auch per Live-Stream in Europa verfolgen!
Immerhin soll der kleine Nager eine brennende Frage beantworten: Wie lange dauert der Winter noch? Dazu heben ihn festlich gekleidete Männer des „Groundhog Clubs“ in die Höhe, während dessen Vorsitzender in Reimform das Orakel verkündet: Konnte Phil seinen eigenen Schatten sehen, müssen sich die Menschen mit weiteren sechs Wochen Winter abfinden. Konnte er ihn nicht sehen, stellt sich bald der Frühling ein.
Wohl jeder von uns kennt den schrägen Brauch aus dem Filmhit „Und täglich grüßt das Murmeltier“ mit Bill Murray. Und dennoch: Was in den USA und in Kanada mancherorts in Volksfesten mündet, findet in unseren Breiten nur wenig Beachtung. Dabei weist der Murmeltiertag bei genauerem Hinsehen erstaunliche Parallelen zur bäuerlichen Kultur des deutschsprachigen Raums auf. Nicht zufällig fällt der Murmeltiertag am 2. Februar auf den christlichen Feiertag „Mariä Lichtmess“, dem – das belegt eine Reihe von überlieferten Bauernregeln – seit jeher eine besondere Bedeutung in Hinblick auf die Entwicklung des weiteren Winters zugesprochen wird. „Der 2. Februar war früher der Beginn des Bauernjahres. Daher hat man die Witterung um dieses Datum herum immer genau beobachtet“, erklärt Meteorologe Clemens Teutsch-Zumtobel. „Ist's an Lichtmess hell und rein, wird's ein langer Winter sein. Wenn es aber stürmt und schneit, ist der Frühling nicht mehr weit“, heißt es etwa. Oder: „Sonnt sich der Dachs in der Lichtmesswoch', bleibt er 4 Wochen noch in sei'm Loch!“
Tatsächlich waren es deutsche Einwanderer, die solcherlei Bauernregeln nach Amerika brachten. In ihrer neuen Heimat – etwa Pennsylvania – waren jedoch weder Dachs noch Igel zugegen, weshalb man kurzerhand die heimischen Waldmurmeltiere zu pelzigen Wetterpropheten erkor. Den ältesten Beleg dafür liefert der Tagebucheintrag eines Ladenbesitzers aus Berks County, Pennsylvania, vom 4. Februar 1841.
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Meteorologische Relevanz
Welche Relevanz haben die alten Lichtmess-Bauernregeln und damit einhergehend die hellseherischen Fähigkeiten des schattenwerfenden Phil? Letzteres dürfte man eigentlich gar nicht fragen, denn es ist ehernes Gesetz des Punxsutawney Groundhog Clubs, dass Phil immer die Wahrheit sagt und dies darf weder angezweifelt noch überprüft werden. Das US National Climatic Data Center freilich hat dennoch sämtliche zurückliegenden Prognosen untersucht und kommt auf eine Trefferquote von 39 Prozent. Das Gegenteil der Vorhersage trifft also häufiger zu.
Lichtmess-Bauernregeln
Es liegt die Vermutung nahe, dass die in Deutschland aufgestellten Regeln in Nordamerika schlicht schlechter greifen. Betrachtet man unsere Breitengrade, sieht der Fall ein wenig anders aus. Wetterexperte Clemens Teutsch-Zumtobel übersetzt die alte Lichtmess-Bauernregel in meteorologische Kategorien und erklärt, welche Wetterlagen dahinterstecken.
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“Ist’s an Lichtmess hell und rein, wird ein langer Winter sein.“
Clemens Teutsch-Zumtobel: „Diese Regel besagt, dass der Winter länger bestehen bleibt, wenn es zu Maria Lichtmess klar und sonnig ist. Der meteorologische Hintergrund ist jener, dass stabiles Hochdruckwetter vorherrscht, das für sonnige aber kalte Verhältnisse mit klaren Nächten sorgt. Der Schnee bleibt liegen.“ Prof. Horst Malberg, ehemaliger Direktor des Instituts für Meteorologie der Freien Universität Berlin, hat die Treffsicherheit dieser Regel für Deutschland untersucht. Resultat: Wenn am 2. Februar überdurchschnittlich die Sonne scheint, folgt mit einer Trefferquote von 60 % ein zu kalter Februar. Nimmt man Februar und März zusammen, liegt die Wahrscheinlichkeit sogar bei 67 %. Teutsch-Zumtobel: „Für einen Großteil Österreichs – die Alpennordseite, das Alpenvorland und das östliche Flachland – wird diese Regel ebenfalls ihre Gültigkeit haben. Unsere Vorfahren haben hier also sehr gut beobachtet und richtige Schlüsse gezogen.“
“Wenn es aber stürmt und schneit, ist der Frühling nicht mehr weit.“
Umgekehrt bedeutet ein „stürmischer“ Februarbeginn nichts Gutes für die Beständigkeit des Winters. Teutsch-Zumtobel: „Das deutet auf eine milde Westwetterlage mit Regen hin. Auch wenn es zunächst noch schneit, früher oder später setzt sich die milde Atlantikluft durch und mit dem Schnee geht’s dahin.“