Wildwest auf Steirisch
Foto: Philip Platzer
Im Ausseerland, in der Mitte Österreichs, kreist das Leben seit jeher um den Salzberg. Neuerdings auch eine wachsende Schar von Mountainbikern. So verbringt ihr das perfekte Salzkammergut-Wochenende zwischen Singletrails, Salzkrusten-Saibling und Stand-Up-Paddeling.
Auftakt
Dem Kaiser hätte es wohl die Wanderschuhe ausgezogen. Aber auch heutige Sommerfrischler staunen mitunter nicht schlecht über die riesige chromglänzende Fußgängerbrücke in Mercedesstern-Form, die im Kurpark von Bad Aussee – ausgerechnet im geografischen Mittelpunkt Österreichs – die Traun überspannt.
Rings um die kuriose Attraktion – die tatsächlich von Mercedes finanziert wurde – scheint hingegen alles beim Alten. Am Kurhausplatz sitzen Pensionisten bei ihren Kardinalschnitten, Pärchen bummeln zwischen den Trachten-Auslagen durch die Gassen. Stadtauswärts stellen restaurierte Häuser ihre Holzveranden und grün-weißen Fenster zur Schau.
Spätestens Ende August aber, wenn mit großem Trara das Bier für den Altausseer Kirtag „empfangen“ wird, ist es auch im Steirischen Salzkammergut mit der Ruhe vorbei. Und noch etwas durchkreuzt das Postkartenidyll aus Kaisertagen: Mountainbiker und E-Bike-Piloten. Sie brechen in die umliegende Bergwelt auf – viele hinauf zum Sandling, dem Salzberg, wie er hier heißt.
17:00 Uhr: Check-in in der Alpen Lodge
Das Navi will schon lang nicht mehr weiter, das Ziel ist jedoch erst ganz am Ende der Salzbergstraße erreicht. Dort, rings um die Liftanlage, bilden die Ferienhäuser der Hagan Lodge an den Talhängen von Loser und Sandling ein echtes Alpendorf.
Die Rezeption ist zugleich ein Fahrradverleih. Dass Betreiber Alex Kalls im Sommer hauptsächlich Biker empfängt, ist kein Wunder: Werkstatt, Abstellräume und Waschplätze bieten alles, was Biker brauchen. Da heißt es nur noch aufsitzen und reintreten.
18:00 Uhr: Aufwärmtour zum Loser-Wirt
Die Loser-Panoramastraße (Radler zahlen keine Maut) ist wie gemacht für ein erstes Aufwärmen samt schnellem Überblick – und was für einem! Kehre um Kehre fügt sich das gewaltige Panorama zusammen: der eisbekrönte Dachstein auf einer, die berüchtigte Trisselwand auf der anderen Seite. 600 Meter fällt sie senkrecht zum Altausseer See ab, der weit unten zwischen Wald und Wiesen liegt. Ihren Westpfeiler hat ein Hiesiger, nämlich Paul Preuß, erstbezwungen – Fotografien des legendären Freikletter-Pioniers sind im Altausseer Literaturmuseum zu sehen.
Neben der Aussicht rechtfertigt auch Heli, der berühmte Loserwirt, die Auffahrt. Noch dazu, wo ihm die Kasnocken nur hier oben, am Herd der Loserhütte, so knusprig gelingen, wie er uns beim Plausch gesteht.
09:30 Uhr: Salzwelten – Der Sandling von innen
Ein Besuch des Salzbergwerks garantiert an heißen Tagen Abkühlung, sogar mehr als manchen lieb ist. Über erkältungsbedingte Ausfälle seiner Mitarbeiter kann Salzwelten-Chef Kurt Reiter einiges erzählen, während wir durch die fast einen Kilometer in den Berg reichenden Stollen marschieren. Noch mehr aber über die Besonderheit des Salzbergs. Seit dem 12. Jahrhundert wird aus seinen Tiefen das weiße Gold geholt, das hier auffallend rötlich ist. „Reines Natursalz“, betont Herr Reiter und saust wenig später vergnügt eine hölzerne Bergmannrutsche hinunter.
Schön ist der surreal beleuchtete Salzsee, interessant das Depot, in dem die Nazis Raubkunst im Wert von 3,5 Milliarden Dollar lagerten. Altausseer Kumpel verhinderten am Ende des Zweiten Weltkriegs in letzter Sekunde die Sprengung des Bergwerks samt Kunstschatz.
14:00 Uhr: Biketour um den Salzberg
„Kalt starten sollte man hier eher nicht“, sagt unser Bike-Guide Helmut Simonlehner und schnauft ein bisschen. Hinter dem Salzwelten-Besucherzentrum geht es gleich mächtig steil los. Als ehemaliger Triathlet hat der gebürtige Bad Ischler ausreichend Ausdauer – die werden auf der vierstündigen Rundtour auch wir brauchen.
Wir rollen über den Salzweg, über den man das weiße Gold schon im Mittelalter in den Süden transportierte. Am Weg zur Halleralm tauchen wir in dichten Wald ein, wo es über Stock, Stein und kleine Brückerln geht. Wieder auf der Forststraße, wirft uns das grandiose Gletscherpanorama des Dachsteins fast aus dem Sattel. Eine kurze Trinkpause kommt ohnehin nicht ungelegen, denn ab jetzt zieht sich der Weg zuerst asphaltiert, dann als Schotterweg – in jedem Fall ordentlich steil – rund fünf Kilometer lang hoch zur Hütteneckalm. Von ihrer Terrasse überblickt man alle Gipfel und Gletscher des Dachsteingebirges und einen Zipfel des Hallstätter Sees noch dazu. Nicht auf der Karte auffindbar, aber von Helmut sofort eingefordert wird die Spezialität des Hauses: der Kaiserschmarrn, der hier oben als gschmackige Butterbombe daherkommt.
Auf dem zweiten Teil der Rundtour sind die Kalorien gut investiert. Lang ziehen sich die Schotterserpentinen in Richtung Rettenbachalm, immer wieder rücken der Sandling, später auch der Loserstock ins Bild. Sein Fels färbt sich allmählich lachsrosa – nicht aus Scham vor unserer Leistung, sondern weil es Abend wird und langsam Zeit, nach Hause zu fahren. Das letzte Stück kann man das Bike zum Glück gemütlich auf der Blaa-Alm-Straße bis direkt vor die Rezeption der Alpen Lodge ausrollen lassen.
20:00 Uhr: Smoker statt Smoking
In den Abendstunden wird das Alpendorf fast zur Westernstadt. Der markante Loser-Felskegel, um den sich Wolkenfahnen schmiegen, schimmert im Abendrot: Wenn jetzt Winnetou ums Eck reiten würde, wär’s auch keine Überraschung. Angelockt vielleicht vom Grillaroma, das aus der AlpenStub’n strömt. In Karl Peers geselligem Zentrum des Alpenparks wird im Sommer jeden Mittwochabend der Smoker angeworfen. Zum Barbecue passt ein „Loserbier“, das exklusiv für das Ausseerland gebraut wird. Oder auch zwei. Die Gstanzln der Steirischen Harmonika hallen noch lange durch die Nacht im einsamen Tal zwischen Loser und Sandling
09:30 Uhr: Stand Up Paddeling am Grundlsee
Mit Lederhosen und Trachten habe er nichts am Hut, stellt Christian Egger vom SUP Center Salzkammergut klar: „Die Gegend muss cooler werden!“ Und deshalb brachte er auch das Stehpaddeln (Stand Up Paddling), den Trendwassersport aus der hawaiianischen Surferszene, ins Salzkammergut. Sein mit SUP-Boards vollbepackter Anhänger steht den ganzen Sommer über am Badestrand in Gößl, am östlichen Ende des Grundlsees.
Erst zittern noch die Knie, doch hat man auf seinem Brett erst einmal das Gleichgewicht gefunden und die kurzen Paddelstöße eingeübt, gleitet man flink und erhaben über den See.
12:30 Uhr: Saibling im Salzmantel
„In der Nudelsuppe spiegelt sich die Dachsteingruppe“, lautet ein schönes Bonmot aus der Region. Unser Mittagstisch darf aber etwas exquisiter ausfallen. Im Hotel Erzherzog Johann in Bad Aussee wird bereits seit dem 14. Jahrhundert gekocht. Inspiration liefert die Rezeptsammlung der Postmeisterstochter Anna Plochl – Erzherzog Johanns kochkundiger Ehefrau.
Auf Vorbestellung wird der Seesaibling in der Salzkruste serviert: Er gart bei 170 Grad in einem dicken Panzer aus Wasser, Eiweiß und Salz. Letzteres zieht ganz sanft in den saftigen Fisch ein.
15:00 Uhr: Abschluss mit Eis
Lange Tradition hat auch das Kurcafé Lewandofsky gegenüber. Wer Ribiselschnitte und Steirischer Apfeltorte widerstehen kann, schnappt sich am Charly-Temmel-Eiswagen ein Stanitzel Gefrorenes und schlendert damit durch den Kurpark zur Mercedes-Brücke. Noch nie war der Weg zur Mitte eines Landes leichter!
Eigentlich kann die futuristische Brücke ja ein richtig idyllisches Plätzchen sein. Das Plätschern des Wassers im Ohr, hängt man hier seinen Gedanken nach. „Aus der Mitte entspringt ein Fluss“, lautet ein Kinofilm mit Brad Pitt, der beim Dreh zu „Sieben Jahre in Tibet“ auch schon mal im Erzherzog Johann gegenüber aß, worauf halb Bad Aussee aus dem Häuschen war.
Ob er jemals ins grüne Herz Österreichs zurückkehren wird? Wir jedenfalls haben Lust dazu.
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Infos und Adressen: Ausseerland, Steiermark
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Mountainbiketour zur Loserhütte über die Loser Panoramastraße
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