Fliegenfischen im Mühlwalder Tal in Südtirol
Das Mühlwalder Tal in Südtirol ist ein Paradies für Fliegenfischer. Ein ehemaliger Rodelweltmeister kennt die besten Plätze.
Text: Achim Schneyder für das Bergwelten Magazin Februar 2018.
Ist man durch Bruneck in Südtirol erst einmal durch, ist es nicht mehr weit. Ein paar Fahrminuten noch in nördlicher Richtung hinein ins Tauferer Ahrntal, dann bei Mühlen, kurz vor Sand in Taufers, links abzweigen.
Von hier aus schlängelt sich die Straße rund 18 Kilometer den Mühlwalder Bach entlang und vorbei am Meggima-See hinauf zum Neves-Stausee. Eine Sackgasse quasi, denn vom Stausee aus geht es nur noch per pedes weiter. Und ist man zu Fuß recht gut, erreicht man von hier aus die Chemnitzer Hütte in zwei Stunden, in knapp drei die Edelrauthütte.
Aber nicht nur Bergwanderer zieht es ins malerische Mühlwalder Tal, dieses Seitental des Tauferer Ahrntals unterhalb des 3.479 Meter hohen Großen Möseler in der Gletscherwelt der Zillertaler Alpen. Auch Fischer, und da in erster Linie Fliegenfischer, schätzen diese Region als vielversprechendes Revier.
Fliegenfischen will gelernt sein. Aber hat man es erst einmal halbwegs im Griff, kann man sich rühmen, eine hohe Kunst auszuüben. Von anderen Methoden unterscheidet sich die Fliegenfischerei insofern, als der Köder, meist eine Kunstfliege, zum Werfen zu leicht ist. Anders als ein vergleichsweise schwererer Blinker, eine Fischimitation aus Metall, den man dank seines Gewichts einfach auswirft.
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Und daher wird beim Fliegenfischen das Eigengewicht einer speziellen Schnur als Wurfgewicht verwendet, wofür natürlich auch eine besondere Wurftechnik nötig ist.
Nicht ganz einfach freilich, aber auch kein Mirakel. Man lässt dabei die Fliege in einer Hin-und-her-Bewegung des Wurfarms durch die Luft gleiten, ehe sie schließlich als gefundenes Fressen auf dem Wasser landet. Fliegenfischen unterscheidet sich auch insofern von anderen Arten des Angelns, als man permanent in Bewegung ist, ständig unter Strom steht und auf den Biss fokussiert ist.
Zum Teil steht man bis zur Hüfte im Wasser, man ist eins mit der Natur, Abenteuer ist garantiert – und der Suchtfaktor enorm. „Für Fliegenfischer ist unsere Region ein Paradies. Speziell auch für Einsteiger“, sagt Norbert Huber. Und wenn man so wie wir auf der Terrasse des Hotels am Meggima-See in knapp 1.200 Meter Höhe auf diesen Herrn trifft und beim Kennenlernen das Gefühl hat, dieses Gesicht schon irgendwann einmal gesehen zu haben, eventuell im Fernsehen, dann liegt man richtig.
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Der 1964 in Bruneck geborene ehemalige Rennrodler holte im Einzel- und Doppelsitzer insgesamt fünfmal den Gesamtweltcup, dazu kommen noch Gold-, Silber- sowie Bronzemedaillen bei Olympischen Winterspielen, Welt- und Europameisterschaften.
Längst hat Norbert Huber, einst Carabiniere und heute im Hauptberuf Rodeltrainer der chinesischen Nationalmannschaft, sein Hobby, die Fliegenfischerei, zum Nebenberuf gemacht: Er arbeitet als ortskundiger Guide. Wobei er mit seinen Gästen nicht einfach bloß fischt, auf Wunsch stehen auch Wurftraining und das richtige Binden von Vorfächern auf dem (Lehr-)Plan. „Fische zu fangen ist aber nur ein Teil meiner Passion.
Als Fliegenfischer geht es mir auch ganz besonders um das Naturerlebnis. Das versuche ich den Leuten zu vermitteln, denn schneller, höher, weiter gibt’s vielleicht im Spitzensport, nicht aber beim Fliegenfischen hier bei uns“, sagt das frühere Rodel-Ass und fügt hinzu: „Sosehr man sich natürlich über eine kapitale Forelle freut.“
Die Sonne strahlt auf die Hotelterrasse, wir bestellen drei weitere Espressi. Ein warmer Tag kündigt sich an. Keine 50 Meter vor uns liegt der Meggima-See, der Mühlwalder Stausee. „Nicht zu groß, nicht zu klein und ideal für Neulinge“, sagt Norbert Huber. „Nicht zuletzt deshalb, weil direkt am Ufer nur wenige Bäume stehen, man beim Werfen also kaum irgendwo hängen bleibt.“
Gewusst wie, gewusst wo
Aber auch Könner finden sich gerne hier ein, denn immer wieder beißen prächtige Bachforellen, die das Mindestmaß von 35 Zentimetern deutlich übersteigen. „Drei Fische pro Tag darf man mitnehmen, und wenn man viele Gäste zu Hause hat, dann lohnt sich das“, schmunzelt der „Hausherr“ und ergänzt: „Äschen oder die berühmten marmorierten Forellen fängt man ebenfalls, allerdings sind die geschützt, sie müssen also wieder zurückgesetzt werden.“
Gefischt werden darf in diesem See ausschließlich mit Fliegen ohne Widerhaken. Uns zieht es nun an den Bach. Nicht zuletzt, weil wir dem Könner dabei zusehen wollen, wie er in einem so unwegsamen Gelände weder außer Tritt gerät, noch trotz der überhängenden Bäume und des Buschwerks am Ufer permanent sogenannte „Hänger“ produziert.
Es ist wahrlich die eleganteste Art des Fischens, die Fliege wieder und wieder durch die Luft sausen zu lassen und dann fast auf den Zentimeter genau dort auf der Wasserfläche zu platzieren, wo man sie tatsächlich haben will. Norbert Huber beherrscht diese Art zu fischen aus dem Effeff. Wie auch Sägewerksbesitzer Helmuth Rier, mit dem Norbert Huber oft unterwegs ist. Und der genießt noch ein klein wenig mehr „Heimvorteil“, da ihm ein sehr großer Teil der Gewässer auch gehört.
Der Mühlwalder Bach, der begleitet wird von sehr schönen Spazier- und Wanderwegen, ist ein durchgängig naturbelassener Gebirgsbach mit einer Breite von vier bis maximal zehn Metern. Mehrere Brücken verbinden die jeweiligen Ufer, dazu gibt es viele seichte Stellen, die man in Gummistiefeln, im Sommer auch problemlos barfuß durchqueren kann. Unser Guide Norbert Huber fischt hier natürlich nicht nur nach dem Gewusst-wie-Prinzip, sondern nach dem Gewusst-wo-Prinzip.
„Ich kenne die besten Plätze. Aber auch Angler, die zum ersten Mal hier sind, wissen, wo die Fische am ehesten zu vermuten sind – in den sogenannten Gumpen etwa, also in jenen ausgeschwemmten Becken, wo die Strömung nicht so stark ist.“ Und schon hängt eine stattliche Regenbogenforelle am Haken. Es geht weiter flussaufwärts, hinauf zum Neves-Stausee über die Mautstraße, hinauf auf 1.856 Meter. Wir haben Hunger, legen eine Pause ein.
„In der Neves-Alm isst man ganz hervorragend“, sagt Norbert Huber und verspricht nicht zu viel. Das Risotto ist tatsächlich zum Dahinschmelzen gut, der Käse aus der angeschlossenen Sennerei ein Hochgenuss. Die Ziegen und Kühe, die die Milch dafür geben, stehen hinter dem Zaun und schauen einem beim Essen zu.
Der geteilte See
Von dieser auf 1.878 Meter liegenden Hütte, die ebenso wie die Sennerei von jungen Leuten bewirtschaftet wird, hat man einen fantastischen Blick über das 50 Hektar große Gewässer, das reich ist an Saiblingen, Forellen und Äschen. „Für uns Fischer ist der See zwei geteilt. Die eine Hälfte darf man nur mit Fliege ohne Widerhaken befischen, in der anderen Hälfte ist sogar das Angeln mit Schwimmer und lebendem Köderfisch, Wurm oder Made erlaubt – außerdem das Spinnfischen mit Blinker oder Gummifisch.“
Entnommen werden dürfen Bachforelle und Regenbogenforelle, Marmorata, Äsche, Bachsaibling und Seesaibling. Allerdings insgesamt maximal drei Stück. Hier, im Mühlwalder Tal, beginnt die Angelsaison am 15. März und endet am 15. Oktober. Im Hauptfluss des Tauferer Ahrntals, der Ahr, beginnt sie etwas später, am 1. April, dafür endet sie erst am 30. November. Es ist ein mit acht Kilometern recht langer, aber durchaus lohnender Weg von unserem Ausgangspunkt am Meggima-See talwärts nach Kematen, das an der Ahr liegt.
Kurz marschiert man zwar entlang der Bundesstraße, dann aber zweigt man ab auf die alte Mühlwalder Straße und wandert von Verkehr völlig unbehelligt in Richtung der Ahr. „Speziell im Frühjahr und im Herbst findet man hier perfekte Bedingungen für Forelle und Äsche vor. Zur Zeit der Habsburger galt dieses Revier überhaupt als das beste für Äschen in der gesamten Donaumonarchie“, erzählt Norbert Huber.
Aber: Gefangene Fische auch zu entnehmen ist ausschließlich nach Rücksprache mit dem Bewirtschafter gestattet. Wer es jedoch ganz besonders gemütlich angehen will in Sachen Angeln im Tauferer Ahrntal, dem sei die „Thara See-Lounge“ ans Herz gelegt. Zu diesem Restaurant in Sand in Taufers, übrigens im Besitz von Sägewerkseigentümer Helmuth Rier, gehört auch ein prachtvoller Naturteich, der für seinen reichhaltigen Bestand an Regenbogenforellen bekannt ist.
„Bei uns braucht man keine behördliche Angellizenz, es reicht der Erwerb einer Tageskarte“, sagt Helmuth Rier. „Das heißt, dass hier auch Kinder fischen dürfen, solange sie in Begleitung Erwachsener sind. Wir bieten so also den ganz Jungen die Möglichkeit für einen perfekten Einstieg in den Angelsport.“ Den man dann, wenn man so richtig auf den Geschmack gekommen ist, im Ahrntal und seinem Seitental, dem Mühlwalder Tal, so richtig ausleben kann.