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Ohrid: Mountainbiken in Nord-Mazedonien

Reise

4 Min.

05.10.2018

Foto: Simon Schöpf

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von Simon Schöpf

Zwei tiefblaue Seen, dazwischen ein bergiger Nationalpark, massenhaft tolle Moutainbiketrails und absolut kein Mensch unterwegs. Dazu das vielleicht beste Essen, das man in Europa so bekommen kann. Simon Schöpf hat Mazedonien erkundet und sein Herz an das Balkanland verloren.

Fast verloren schweift der Blick über den riesigen, tiefblauen See unter uns. Einer der ältesten der Welt soll er sein, 287 Meter tief, unterirdisch gespeist. Trinkpause, kurz absteigen vom Mountainbike, sich seines phänomenalen Aussichtpunktes bewusst werden. „Der Ohrid-See“, schmunzelt mir Jovan zu, als er mein Staunen bemerkt, „wird der neue Gardasee werden. Ich sag’s dir!“

Wir sind mit unseren Bikes zwar im Südwesten Mazedoniens, tiefster Balkan – aber anfühlen tut es sich hier tatsächlich ein bisschen wie in Norditalien. Der See mit dem felsigen Ufer, eingebettet in eine wunderbare Berglandschaft, hie und da ein paar malerische Häuschen mit orangefarbenen Ziegeldächern in eine Bucht gestreut. Segelboote, Klöster, Pinienbäume. „Schau, die Stadt da ganz hinten, das ist schon in Albanien“. Jovan grinst – wie er das eigentlich ununterbrochen tut – in unsere Richtung und schwingt sich schon wieder motiviert auf den Sattel. „Weiter geht’s, die Aussicht wird nur besser!“

Jovan Jovanovski – JJ für seine Freunde – ist mit seinen jungen 20 Jahren bereits MTB-Champion des Balkans, war sogar bei den Olympischen Jugendspielen ganz vorne mit dabei. Disziplin: Cross-Country Mountainbike. Für die nächsten Tage wird JJ unser Bike-Guide sein, der Mann sitzt auf dem  Sattel, als hätte er erst gar nie gehen gelernt. Bis ein schwerer Sturz alles änderte: „Drei Monate im Krankenhaus, da hat man viel Zeit zum Nachdenken.

Jetzt ist mir klar: Das war’s mit den Wettbewerben, das ständige Herumreisen, das harte Trainieren, die Reisekosten ... ich bleib’ lieber da, wo ich hingehöre und wo es sowieso am Schönsten ist: Ohrid!“ Und wenn JJ das behauptet, dann hat das Gewicht: Hat er sein MTB doch schon auf drei Kontinente und in mehr als 20 Länder gekarrt, Trails ohne Ende geshredded, die Welt gesehen. Aber am faszinierendsten bleibt für ihn immer noch: Mazedonien, seine Heimat.

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Wie das Mountainbike nach Mazedonien kam

Wer die ganze Geschichte des mazedonischen Mountainbike-Sports wissen will, der braucht nicht weit von Jovans Stammbaum abzweigen, sondern muss einfach seinen Vater fragen: Alexander Jovanovski war beruflich oft in Italien und importierte 1995 die ersten Mountainbikes in das kleine Balkanland. „Roc hießen die, ziemlich teuer. Ich war damals im gesamten Land der Erste und wohl auch Einzige, der die Berge mit einem Fahrrad erkundete. Die Leute nannten mich nur ‚den verrückten Mann aus Ohrid’. Und lachten jedes Mal, wenn sie mich sahen“. In den letzten 20 Jahren hat sich zwar so einiges verändert auf dem Balkan, einen gewissen Pioniergeist verspürt hier aber immer noch jeder, der mit zwei Rädern die Berge erkundet.


So wie am Gardasee, nur besser

Ein kleiner, aber feiner Unterschied zum Gardasee fällt nach einiger Zeit dann aber doch auf: Den lieben langen Tag sind wir schon unterwegs, anderen Menschen sind wir aber nicht begegnet. Hier ist Einsamkeit und Stille pur angesagt. Ob das denn normal sei? „Die meisten Leute in Mazedonien sagen: Die Berge sind gefährlich! Meine Oma wird nie verstehen, wie ich mich aufs Fahrrad setzen und einfach so, ohne Grund, ein paar Höhenmeter machen kann“, so Jovans Erläuterung. Mit der jungen Generation ändert sich das zwar langsam – bisweilen kann man in Mazedonien die Berge aber noch wirklich für sich alleine entdecken.

Und noch etwas unterscheidet die Gegend hier von Norditalien: Hier gibt es nicht bloß einen See, sondern gleich zwei. Und zwar mit einem bergigen Nationalpark zwischengelagert. Klingt fast schon zu gut, um wahr zu sein, aber der Galičica-Nationalpark liegt perfekt positioniert zwischen Ohrid- und Prespasee. Am höchsten Gipfel, dem Magaro, steht man auf 2.255 Metern über dem Meeresspiegel vor der schwierigen Aufgabe, sich zwischen einem der beiden Seen für den Jausenblick entscheiden zu müssen. Traumhaft, diese Landschaft.


Zeit am Balkan

Das mazedonische Wort für Zeit: „Majcina dusica“. Heißt wörtlich übersetzt so viel wie „die Seele der Mutter Erde“. Nicht nur das Wort an sich hat bedeutend mehr Buchstaben als in unserer Sprache, es zieht sich am Balkan auch tatsächlich so manches gerne in die Länge. Das Abendessen mit seinen unzähligen Gängen, das Sitzen und Staunen am Gipfel, die Gespräche nach dem dritten Rakija. Und genau das ist das wunderbare an Mazedonien: Die Zeit hat hier noch Zeit, gemütlich einen Kaffee zu trinken.

Nur eben Türkischer Kaffee statt Cappuccino, Gomléze statt Gelato: Der Ohrid-See hat tatsächlich das Potential, eine Mountainbike-Hochburg á la Gardasee zu werden. Schnell hin, bevor es soweit ist!

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Infos und Adressen: Ohrid, Nord-Mazedonien

Beste Jahreszeit

  • Die beste Jahreszeiten für ein Bike-Abenteuer um Ohrid sind der Frühling und Herbst.
  • Die Sommer werden im Süden Mazedoniens am See sehr heiß, sind auf 2.000 Meter aber erträglich.
  • Generell zeichnet sich die Gegend mit über 300 Sonnentagen pro Jahr aus, Sonnencreme nicht vergessen!

Ankunft & Unterkunft

  • Mazedonien ist überraschend nah: Direktflüge z.B. mit AUA von Wien nach Skopje (1 h), danach mit Bus oder Mietauto nach Ohrid (170 km, ca. 2,5 h).
  • Ohrid ist in den Sommermonaten das Touristenzentrum Mazedonien, Unterkünfte in allen Preisklassen vorhanden. Im Frühling/Herbst ist bedeutend weniger los und die Preise günstiger. Generell ist Mazedonien für mitteleuropäische Standards ein sehr günstiges Reiseland.

Guides & Bikes

  • Wer Mountainbikes ausleihen will kann das bei JJ’s Velodrome tun. Angeboten werden auch geführte (Mehrtages-)Touren in der Gegend (empfiehlt sich speziell für Gruppen).
  • Mehr über die Region & verschiedene Aktivitäten findest du hier.

Tourentipp

MTB-Rundtour, 3-4 Tage

  • Tag 1: Von Ohrid über Galicnic zum Prespa-See. Anfangs führt eine Forststraße mit genialem Blick über den Ohrid-See bergauf, oben führt der Weg weiter über eine fast schon surreale Mars-Landschaft mit roter Erde vorbei an einem alten Skigebiet aus den 70ern. Auf Asphaltstraße hinunter zum Prespa-See, Übernachtung in Stenje (Riva Hotel hat ausgezeichnetes Essen und charmante Zimmer).
  • Tag 2: Über die Bergstraße und durch den Galičica-Nationalpark zurück zum Ohridsee mit Übernachtung im historischen Kloster St. Naum (freilaufende Pfaue!).
  • Tag 3: Über Pogradec (unbedingt in einem Cafe Trilece-Kuchen probieren) und durch Albanien (Passkontrollen!) am See entlang zurück nach Ohrid. Traumhafte Runde.