Von der Buchhändlerin zur Hüttenwirtin
von Katrin Rath
Wir stellen Menschen vor, die sich ihren großen Traum in den Bergen erfüllt haben und wollen andere dazu inspirieren, es ihnen gleichzutun. Dieses Mal sprechen wir mit Corina Epp, die im Vorjahr erstmals eine Hütte übernommen hat. Und wir verraten euch wie auch ihr euch den Traum vom Traumberuf Hüttenwirt erfüllen könnt.
Seit einer Saison ist Corina Epp Hüttenwirtin auf der Gamshütte im Tiroler Zillertal. Bevor es soweit war, schlug die aufgeweckte Münchnerin aber einen ganz anderen Weg ein: Sie machte eine Ausbildung zur Buchhändlerin, studierte BWL und arbeitete in einer Münchner Verlagsgruppe. In den Ferien und Sommern, die sie arbeitender Weise auf Hütten verbrachte, hat sich dann langsam, aber unaufhaltsam der Traum von der „eigenen“ Hütte entwickelt. Wir haben mit Corina über ihren gar nicht so steinigen Weg zum Traumberuf Hüttenwirtin und ihre erste Saison auf der eigenen Hütte gesprochen.
Bergwelten: Wann kam dir erstmals die Idee, Hüttenwirtin zu werden und wann wurde es damit ernst?
Ich habe vor 11 Jahren das erste Mal auf einer Hütte gearbeitet und dann immer wieder während der Semesterferien oder über den Sommer. Vor 3 Jahren habe ich mir dann überlegt: ,Na, wie wär‘ das denn, wenn ich selber mal eine Hütte hätte?‘ Dann haben auch andere Leute immer wieder mal das Thema aufgebracht und schon fängt man an, ernsthaft drüber nachzudenken. Natürlich habe ich mir auch Gedanken darüber gemacht, wo die Hütte sein müsste, wo ich mich nicht überfordert fühle und was für mich machbar wäre – die ideale Hütte eben.
Hattest du großen Respekt davor, die Hütte zu übernehmen?
Ja und den habe ich immer noch. Ich denke mir auch jetzt noch manchmal: ,Oh Gott, oh Gott!‘ Aber es geht alles irgendwie. Im ersten Jahr kann man nicht den Anspruch an sich selbst haben, dass alles perfekt läuft. Das wichtigste ist, dass man nie die Freude daran verliert – das merken dann nämlich auch die Gäste.
Wie haben deine Freunde und deine Familie darauf reagiert, dass du die Gamshütte übernimmst?
Die haben mitbekommen, dass ich darüber nachgedacht habe und haben alle gesagt: ,Ja, mach das! Das geht schon!‘ Sie haben dann aber auch immer wieder helfen müssen. Es sind auch alle gerne zu Besuch gekommen und haben mich bei meinem Vorhaben unterstützt. Zweifel hatte eigentlich niemand – oder sie haben sie zumindest nicht geäußert. Auch während und nach der Saison habe ich viel Lob bekommen.
Wie war denn die erste Saison auf deiner Hütte?
Ich habe viel gelernt! Für die erste Saison hatte ich mir vorgenommen alles mit Freude zu machen und manche Dinge auch ein bisschen lockerer zu sehen. Hauptsache nicht panisch werden, wenn etwas nicht gut läuft – im nächsten Jahr kann man es dann besser. Jetzt habe ich ja den totalen Vorteil, dass ich die Hütte kenne. Vor der Saison kannte ich dort oben gar nichts – auch das Zillertal nicht.
Die Gamshütte im Überblick
Gamshütte
Aber jetzt bist du schon ein Vollprofi, oder?
Nein! (lacht) Ich glaube das dauert noch mindestens 2-3 Jahre und dann muss man wahrscheinlich immer noch ein bisschen was ändern. Ich freue mich schon darauf, jetzt von Jahr zu Jahr besser zu werden.
Wenn jetzt jemand zu dir kommt und sagt, dass er auch Hüttenwirt werden will, was sind die wichtigsten Tipps, die du ihm mit auf den Weg geben würdest?
Das einzig Wichtige ist, dass man davor zumindest einen Sommer auf einer Hütte arbeitet. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, eine Hütte als komplette Quereinsteigerin zu übernehmen. Das kann man schon machen und viele machen das auch und bei vielen läuft es vielleicht auch gut, aber man tut sich schon leichter, wenn man mal auf einer Hütte gearbeitet hat und eine Vorstellung davon hat, wie es da oben ist und worauf man sich da einlässt. Und man muss ganz viel körperlich arbeiten wollen (lacht). Aber es ist eine sehr vielseitige Arbeit und das ist das Schöne daran.
Außerdem sollte man geduldig sein. Manchmal sind etwas schwierigere Gäste dabei, die man auch zufriedenstellen muss. Auch technisch sollte man sich ein bisschen auskennen, ich tu' das aber nicht wirklich. Ich wär‘ auch gerne eine gute Köchin, aber auch das bin ich nicht. Und es geht trotzdem!
Traumberuf Hüttenwirt/in
Auch du träumst von deiner „eigenen“ Hütte, hast aber noch Zweifel oder noch nicht den Mut, dich zu bewerben? Eines gleich vorweg: Der Weg zur eigenen Hütte ist gar nicht so beschwerlich, wie ihn sich viele vielleicht vorstellen. Corina musste keine großen Hürden überwinden, um die Gamshütte zu übernehmen: Sie bewarb sich auf eine Ausschreibung der Alpenvereins-Sektion hin und nach einigen Mails sah sie dann im Dezember 2017 die Gamshütte zum ersten Mal aus der Nähe. Allerdings kommt das natürlich auch immer darauf an, wie viele Leute sich bewerben und welche Erfahrungen man mitbringt. Dass Corina schon viele Sommer auf unterschiedlichen Hütten gearbeitet hat, stellte sich im Endeffekt als großer Vorteil heraus. Auch der Weg in die Selbstständigkeit stellte für die 34-Jährige kein Problem dar: „Bei der WKO in Innsbruck war alles sehr einfach und unkompliziert.“
Wie die Bewerbung abläuft, wo du freie Hütten findest und alles Weitere rund um den Traumberuf Hüttenwirt liest du hier:
Bergberuf: Wie wird man Hüttenwirt/in?
Ein angehender Hüttenwirt sollte
- ein Organisationstalent,
- ein guter Gastgeber,
- ein offener Kommunikator,
- ein begnadeter Koch,
- ein geschickter Handwerker und
- ein guter Bergsteiger sein.
Wie wir an Corinas Beispiel aber sehen, besteht kein Grund zur Sorge, sollte die ein oder andere Eigenschaft noch ausbaufähig sein – auf der Hütte lernt man schnell!
So geht es weiter
In den kommenden Monaten stellen wir jeweils einen Menschen vor, der sich einen Berg-Traum erfüllt hat und geben euch hilfreiche Tipps mit auf den Weg, damit auch ihr eure Bergprojekte verwirklichen könnt. Im April stellen wir einen Menschen vor, der es sich zum Ziel gesetzt hat, den höchsten Berg Österreichs zu besteigen.
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