Kletterparadies Großstadt
„Bergwelten“ tauchen in die neue urbane Kletterszene Wiens ein. Die beklettert alles, was Spaß macht: Brückenpfeiler, Stadtbahnbögen, Uferwände und Gebäude. Und agiert dabei in einer rechtlichen Grauzone. So neu das Phänomen „Klettern in der Großstadt“ scheint – es hat eine lange Tradition.
Es ist ein weltweiter Trend: Kletterer erobern ihre Stadt – und zwar außerhalb der Kletterhallen. Wien ist dabei in Europa führend. Die neuen Spots heißen nun nicht mehr Totenkirchl, Dachldiagonale und Preinerwand, sondern Döblinger Steg, Flexwand und Reichsbrückenpfeiler. Die Herausforderung dabei sind nicht alpine Gefahren, sondern die Bewältigung höchster Schwierigkeiten auf kleinstem Raum.
„Urban Bouldering“ bringt einen neuen Blick auf die Stadt, sagt die Topkletterin Andrea Maruna: „Jede Mauerfuge wird zum Griff, jeder Brückenpfeiler zum potentiellen Kletterrevier.“ Das Treiben vollzieht sich in einer rechtlichen Grauzone: Klettern an öffentlichen Strukturen ist nicht ausdrücklich verboten. Es hängt oft vom einzelnen Polizisten ab, ob der Kletterausflug auf der Polizeistation endet oder nicht.
Für manche Stadtkletterer besteht der Kick darin, den höchsten Punkt eines Gebäudes zu erreichen – und das vollkommen ungesichert. Auch dieser Trend, genannt „Roofing“, geht gegenwärtig um die Welt. In Wien ist ein Trio namens Urban Monkeys aktiv. Ihr letzter Coup, die Besteigung des Schlotes am Kernkraftwerk Zwentendorf, hat für gehörigen Wirbel gesorgt.
Ein „Roofer“ der ganz speziellen Art ist Dompfarrer Toni Faber. Kaum einer weiß, dass der Herr über den Wiener Stephansdom regelmäßig über die Fassade den 137 Meter hohen Südturm des Wiener Wahrzeichens besteigt. Ein besonderer Nervenkitzel bei dem ihn das Filmteam begleitet hat.
Und schließlich: Auch der Millenium-Tower, mit 202 Metern das höchste bekletterbare Gebäude Österreichs, bleibt von einer Erstbesteigung nicht verschont.