Carolin Unrath: „Ich mache täglich das, wofür ich brenne“
Foto: Carolin Unrath
von Martin Foszczynski
Carolin Unrath (23) liebt ihren Job. Als junge Berufsfotografin bereist sie die Welt und arbeitet für namhafte Unternehmen und Tourismusverbände. Doch für dieses Leben hat sich die Wahl-Münchnerin auch ordentlich ins Zeug gelegt. Im Interview spricht sie über winterliche Grenzerfahrungen in den Bergen, den Fluch von Instagram und den richtigen Moment beim Abdrücken. Ende Juli wird Carolin auch unsere Experten-Jury besetzen und den Bergwelten Photo-Rookie 2020 mitküren.
Bergwelten: Liebe Carolin, du bist mit Leib und Seele Fotografin – wann hast du diese Leidenschaft entdeckt und wie sahen deine ersten fotografischen Gehversuche aus?
Carolin Unrath: Die Leidenschaft habe ich schon während der Schulzeit entdeckt. Damals spielte die Musik eine große Rolle in meinem Leben und die Kamera war mein treuer Begleiter auf unzähligen Konzertreisen. Somit beschäftigte ich mich sehr früh mit der Dokumentar- und Reisefotografie.
Hast du eine einschlägige Fotografen-Ausbildung? Du hast ja eigentlich Medieninformatik studiert.
Ich habe an der Ludwig-Maximilians-Universität in München Kunst und Multimedia studiert. Dabei ging es um die Schnittstellen zwischen analogen und digitalen Medien sowie um multimediales Arbeiten mit traditionellen Techniken, unter anderem mit der Fotografie. Ein sehr moderner Studiengang, der mir viel Freiheit ließ – und so war die Basis vieler Uniprojekte die Fotografie, da ich schon früh erkannte, dass ich hierfür eine große Leidenschaft habe.
Du bist noch gar nicht so lange, seit 2017, als Fotografin tätig, kannst aber schon auf große Erfolge und Projekte für namhaften Unternehmen wie Merrell oder O’Neill zurückblicken. Welche Tipps kannst du angehenden Fotograf/innen geben, um in der Szene Fuß zu fassen?
Das stimmt, allerdings muss ich dazu sagen, dass ich 2015 schon angefangen habe zu fotografieren, aber erst 2017 wurde ich selbstständig, als ich ein größeres Projekt mit dem Kinofilmausrüstungs-Produzenten ARRI in München umsetzen durfte. Was ich absolut jedem empfehlen kann: Traut euch auf Leute zuzugehen, knüpft Kontakte und kämpft nicht allein. Wagt den Schritt und tauscht euch mit anderen Fotografen aus und versucht auch Agenturen anzufragen.
Kannst du von deiner Fotografie leben?
Mittlerweile kann ich von der Fotografie sehr gut leben. Anfangs war das aber nicht immer einfach, deshalb ist es umso wichtiger, immer dran zu bleiben und vor allem: daran zu glauben.
Was magst du besonders an deinem Beruf? Ist es die Möglichkeit viel zu reisen und spannenden Menschen zu begegnen?
Mir macht es eine große Freude, neue Kulturen und Menschen kennenzulernen und deren Geschichten zu hören. Generell denke ich, dass die Zusammenarbeit mit Menschen und das Reisen ein wesentlicher und wichtiger Bestandteil dieser Branche sind. Am allermeisten schätze ich aber natürlich die Möglichkeit, jeden Tag das zu machen, wofür ich brenne.
Menschen und Portraits bilden den Schwerpunkt deiner Arbeit – für Auftraggeber wie The North Face oder Tourismusverbände begibst du dich aber auch mitten in die Natur und in die Berge. Was ist das Herausfordernde an der Landschaftsfotografie? Ist es vielleicht sogar schwieriger Landschaften zu fotografieren als Menschen?
Ich arbeite viel an redaktionellen Geschichten die von People, Lifestyle, Mode bis hin zu Travel-Projekten gehen – stille Landschaftsfotos fließen da oft mit hinein. In meinen Augen ist es deutlich einfacher ein solides Landschaftsfoto zu schießen, als mit Menschen zu arbeiten. Allerdings liegt die Herausforderung im Stillleben in der Inszenierung, z.B. die Art und Weise, wie ich eine Landschaft einfange und darstelle und wie gut sich ein Bild durch den besonderen Moment von der breiten Masse abhebt. Genau diese Punkte, machen die Landschaftsfotografie aus meiner Sicht immer spannender.
Was war dein abenteuerlichstes Erlebnis als Fotografin?
Eine spontane Winterwanderung im Dezember zum Biwak Skuto in Slowenien. Außer uns war kein Mensch auf diesem Berg und ich habe mich noch nie der Natur so verbunden gefühlt. Die Tour brachte mich an meine Grenzen, weil es super kalt, komplett vereist und extrem windig war – dann noch das schwere Equipment auf dem Rücken und die Ausstattung für den Berg und die Nacht. Letztendlich funktionierte alles sehr gut und es war ein unvergessliches Erlebnis, von dem ich nach zwei Jahren noch immer mit leuchtenden Augen erzähle.
Welches Foto-Equipment benutzt du für gewöhnlich? Was sind drei Dinge, auf die kein/e Outdoor-Fotograf/in verzichten kann?
Das Equipment richtet sich bei mir immer nach dem Projekt. Meine drei Hauptkameras sind eine Leica M10, eine Leica Q2 und die Nikon D850. Die Größe und das Gewicht der Leicas bringen mir den Vorteil, dass ich sie überall mitnehmen und somit ganz spontan Momente einfangen kann. Für größere Projekte unter sehr schwierigen Bedingungen ist dann trotzdem meine Nikon D850 dabei, um alles abzudecken. Auf den Leicas arbeite ich ausschließlich mit 28 mm- und 50 mm-Objektiven, wohingegen die Nikon meist mit Zoom-Objektiven verwendet wird.
Worauf – neben der Kamera – kein/e Outdoor-Fotograf/in verzichten sollte, ist vor allem die richtige Bekleidung für das jeweilige Wetter und eine Stirnlampe. In den Bergen ändert sich das Wetter so schnell, dass man seine Regenjacke immer dabei haben sollte.
Du wirst ja in unserer Photo-Rookie-Experten-Jury vertreten sein und die Gewinner-Fotos mitauswählen. Was macht für dich persönlich ein gelungenes Foto aus?
Das Einfangen eines einzigartigen Moments, der Emotionen vermittelt und authentisch erscheint. Wenn ein Foto eine Geschichte erzählt, bleibt es einem selbst auch viel länger in Erinnerung. Wichtig ist es auch, sich von der breiten Masse abzuheben, sodass die Bilder herausstechen. Ich freue mich auf jeden Fall sehr darauf, unzählige Bilder unter die Lupe zu nehmen.
Welche Tipps hast du generell für angehende Fotografen/innen?
Anfangs würde ich versuchen, so oft wie möglich die Kamera in die Hand zu nehmen und Bilder zu machen. Es spielt keine Rolle, was man fotografiert, Hauptsache man lernt die Technik und die Herangehensweise. Holt euch Inspiration auf verschiedenen Wegen, auf Instagram, Behance, in Magazinen oder vor allem auch in Museen. Und wenn ihr euer Werkzeug gut beherrscht, fangt an auf Qualität zu setzen und versucht euer Ding zu machen.
Du hast einen sehr professionellen Instagram-Account mit über 20.000 Abonnenten. Ist dieser Kanal nützlich für deine Arbeit als Fotografin? Hast du Tipps, wie man den Aufbau eines guten Insta-Accounts am besten angeht?
Instagram ist Fluch und Segen zugleich. Es ist definitiv nützlich, um sich mit anderen Menschen zu vernetzen und neue Models zu finden. Aber die Tätigkeit von Influencern, die mit ihren Fotos auf ihrem Insta-Kanal Werbung machen, hat für mich mit richtigen Fotojobs über Agenturen nichts zu tun. Sprich meine Arbeit hat sich inzwischen stark von Instagram distanziert und ich nutze es nur, um mein Portfolio zu zeigen.
Wenn ihr euch einen Account aufbauen möchtet, versucht regelmäßig und vor allem auch Qualität zu posten. Hashtags, die zu euch und euren Bildern passen, sind ebenso wichtig, um eine höhere Reichweite zu bekommen. Zuletzt dürft ihr nie vergessen, authentisch zu bleiben, denn dadurch kommt ihr am besten voran.
Was sind deine nächsten Pläne und Projekte?
Ich bin ganz frisch in eine Repräsentanz (Management für Berufsfotografen, Anm. d. Red.) aufgenommen worden und freue mich unglaublich auf zukünftige Projekte, die sich daraus ergeben werden. In meinen Augen ein gelungener Schritt nach vorne.
Generell steht für mich gerade das Kontakteknüpfen sehr weit oben, weshalb ich neben München auch Berlin und Hamburg sowie Salzburg, Wien und Zürich besser kennen lernen möchte.
Da wünschen wir viel Erfolg und danke für das Gespräch!
Mach mit bei Bergwelten-Photo-Rookie 2020!
Bergwelten sucht junge Outdoor-Fotografen!
Bergwelten sucht in Kooperation mit Leica junge Talente. Lade deine Outdoor-Fotografien bis 23. Juli auf Instagram hoch – vielleicht kürt dich die End-Jury mit Luca Tribondeau zum Photo-Rookie 2020! Die besten Fotos werden im Bergwelten Magazin veröffentlicht, der Hauptpreis ist eine Leica Q2-Kamera im Wert von 4.990 EUR.
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