David Lama: Über den Ausgleich zum Klettern
Foto: Red Bull Content Pool
von David Lama
Wie entspannt sich eigentlich jemand wie Kletterstar David Lama, der die meiste Zeit seines Lebens in den schwierigsten Wänden der Welt hängt oder sich darauf vorbereitet? Nicht auf der Fernsehcouch, wie er uns in seinem neuen Blog-Beitrag verrät.
Während sich beim Klettern alles ums Festhalten dreht, geht es beim Surfen ums Loslassen. Auf dem Brett zu stehen und zu spüren, wie die Welle unter einem an Fahrt gewinnt, ist für mich immer wieder ein genialer Moment.
Ich bin nicht der Typ, der sich bei Städtereisen oder Fernsehserien entspannt. Mit Sport und vor allem mit dem Klettern habe ich die Aktivität gefunden, bei der es mir am leichtesten gelingt, in den Flow zu kommen und alles andere zu vergessen.
Anders als für viele Menschen, die Klettern genauso lieben wie ich, dreht sich aber fast mein ganzes Leben um den Alpinismus in all seinen Facetten: Training, Expeditionen und die Vorbereitung neuer Projekte. Man könnte daher meinen, wenn man – so wie ich – seine Leidenschaft zum Beruf gemacht hat, dass man gar keinen Ausgleich braucht.
Das ist aber nur die halbe Wahrheit: Auch wenn es mir gar nicht leichtfällt, mich auf etwas anderes einzulassen, weiß ich doch, wie wichtig es ist, Abstand zu gewinnen. Zum einen, um nach einer langen, zähen Expedition wieder mit frischer Motivation die nächsten Aufgaben anzugehen. Zum anderen, weil sich mit etwas Distanz auch neue Blickwinkel auf die letzten Abenteuer auftun. Das hilft, die vergangenen Expeditionen einzuordnen und die kommenden Ziele aus einer anderen Perspektive zu sehen. Auch wenn ich immer wieder andere Meinungen einhole, bleibt es wichtig, auch selbst einen kritischen Blick auf die eigenen Ziele zu wahren.
Ein Tiroler im Wasser
Suche ich einen Ausgleich zum anspruchsvollen Klettern, dann gehe ich am liebsten surfen oder Ski fahren. Surfen ist das ideale Kontrastprogramm. Ich fühle mich dabei wie der sprichwörtliche Holländer auf Skiern, also praktisch wie ein Tiroler im Wasser. Der Unterschied zum Klettern könnte kaum größer sein: Während sich beim Klettern alles ums Festhalten dreht, geht es beim Surfen ums Loslassen. Auf dem Brett zu stehen und zu spüren, wie die Welle unter einem an Fahrt gewinnt, ist für mich immer wieder ein genialer Moment.
Im Winter wiederum die schönsten Rinnen und Flanken bei perfektem Pulverschnee runterzubrettern macht einfach nur Spaß, und ich kann die eigentlich offensichtlichen Parallelen zum Alpinismus in solchen Momenten komplett vergessen. Ski fahren gehe ich nach Lust und Laune und verfolge es nicht mit gleichem Ehrgeiz wie das Bergsteigen.
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Die Leidenschaft, die Klettern für mich bedeutet, lässt sich jedoch nicht einfach auf Knopfdruck abschalten, und so bleiben meine alpinistischen Ziele trotzdem immer im Hinterkopf: Ich bin achtsam, welchen Einfluss meine Freizeitbeschäftigungen auf meine Projekte haben. Es wäre fast inakzeptabel für mich, wenn meine Vorhaben behindert werden würden, weil ich mir etwa das Bein breche. Und ich beachte bei meinen Ausgleichsaktivitäten auch den Trainingseffekt für das Klettern.
Der wichtigste Aspekt ist wohl, bewusst etwas Abstand zu der Materie zu gewinnen, die mein Denken sonst beansprucht. Die Tatsache, dass mir Klettern im täglichen Leben durchwegs Freude bereitet, darf nicht zum Hindernis werden, bewusst immer wieder einen Ausgleich zu suchen.
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