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Everest-Expeditionsleiter Furtenbach

„Sherpas sind die wahren Helden“

• 16. Mai 2016
4 Min. Lesezeit
von Christina Geyer

Der Mount Everest polarisiert wie kein anderer Berg auf der Welt. Er ist zum Sinnbild für eine maßlose Expeditionsindustrie geworden, für Leichtsinn und Selbstüberschätzung. Prügeleien am Berg, Lawinenabgänge, Erdbeben – turbulente Jahre liegen hinter dem höchsten Berg der Welt. Zwei Saisonen in Folge fielen aus. Nun soll der Gipfel wieder gekapert werden. Ein 4-teiliges Interview mit Expeditionsleiter Lukas Furtenbach von Furtenbach Adventures. Live aus dem Basislager in Nepal.

Mount Everest
Foto: Mauritius/Julien Garcia
Mount Everest: Der höchste Berg der Welt
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289 Permits (engl. Genehmigung) wurden heuer an über 30 Teams vergeben. Zum ersten Mal ist auch die Innsbrucker Alpinschule Furtenbach Adventures darunter. Sie hat ihrer Expedition eine Filmproduktion angeschlossen und neben sechs Teilnehmern, einem Bergführer und Expeditionsleiter Lukas Furtenbach auch einen Kameramann mit dabei.

Seit wenigen Tagen ist die Route auf den Gipfel des Mount Everest fertig eingerichtet, auch die Sherpas von Furtenbach Adventures waren Teil des Rope-Fixing-Teams. Nun hat es sich geöffnet, das kleine Wetterfenster, das dem neunköpfigen Expeditionsteam den Vorstoß auf 8.848 m erlauben soll – auch wenn die Entscheidungen für ein Wetterfenster „letztlich aber immer ein bisschen Gambling“ sind, wie Lukas Furtenbach sagt.

Gestern ist sein Team zum Gipfel des Mount Everest aufgebrochen und hat die erste Nacht in Camp 2 auf 6.400 m verbracht. Die kommenden zwei Nächte wird es in Camp 3 und schließlich in Camp 4 am Südsattel auf  7.920 m verbringen – keine 100 Meter vom Beginn der sogenannten Todeszone entfernt. Mittwochs soll es dann soweit sein: Am 18. will das Furtenbach-Team auf dem Gipfel des höchsten Bergs der Welt stehen.

Mount Everest
Foto: Lukas Furtenbach/Furtenbach Adventures
Lukas Furtenbach: Expeditionsleiter und Gründer von Furtenbach Adventures

„Rescue-Flüge sind das neue große Geschäft rund um den Everest“

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Bergwelten: Die Saison ist wieder eröffnet. Dieses Jahr wurden allerdings „nur“ knapp 300 Permits vergeben. Woran liegt das deiner Meinung nach?

Lukas Furtenbach: Von den 289 Permits für die nepalesische Everest Seite sind nur etwa 160 neu ausgestellte Permits. Die restlichen sind verlängerte Permits aus den letzten beiden Jahren. So gesehen war die Zurückhaltung heuer sehr groß. Vermutlich wegen der beiden Unglücksjahre. Für 2017 wird ein großer Ansturm erwartet. Das kollektive Katastrophengedächtnis in Gesellschaften überdauert meist keine zwei Jahre. Weiteres interessantes Detail: von den 289 Gipfelaspiranten haben bereits cirka 70 den Berg aus vorwiegend gesundheitlichen Gründen verlassen. Meist mit dem Helikopter. Rescue-Flüge sind das neue große Geschäft rund um den Everest und nicht immer geht das mit rechten Dingen zu.

Mount Everest
Foto: Lukas Furtenbach/Furtenbach Adventures
Das Basislager am Mount Everest: Letztes Jahr bebte hier noch die Erde

Gibt es Unterschiede zwischen den einzelnen Everest-Expeditionsanbietern?

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Wir arbeiten auf unseren Expeditionen nur mit UIAGM zertifizierten Bergführern zusammen und gewährleisten damit den weltweit höchsten Ausbildungsstandard. Auch verwenden wir stets modernste Ausrüstung. Am Everest umfasst das auch das neueste Sauerstoffsystem von Summit Oxygen, deren Flaschen 1 kg leichter sind als jede andere Flasche am Markt. Sauerstoff ist am Everest DAS Sicherheits- und Erfolgskriterium und für einen kommerziellen Veranstalter ein absolutes Muss. Leider sparen noch immer viele Veranstalter bei Menge und Qualität von künstlichem Sauerstoff.

Außerdem zahlen wir unseren Sherpas deutlich mehr als den marktüblichen Preis und achten gleichermaßen auf eine gute Versicherung wie auf hochwertige Ausrüstung. Sherpas sind die wahren Helden am Everest. Sie sind das eigentliche Kapital, ohne sie kann man als kommerzieller Veranstalter nicht viel ausrichten.

„Sherpas sind die wahren Helden am Everest. Sie sind das eigentliche Kapital, ohne sie kann man als kommerzieller Veranstalter nicht viel ausrichten.“

Darüber hinaus haben wir auch ein eigenes Akklimatisationsprogramm entwickelt. Jeder Teilnehmer bekommst sechs Wochen vor Expeditionsbeginn ein Höhenzelt nach Hause geschickt. In diesen Zelten wird durch Hypoxie eine einstellbare Höhe bis zu 5.000 m simuliert. Diese Vorakklimatisation verkürzt die Expeditionsdauer und vermindert Symptome von Höhenkrankheit während der weiteren Akklimatisation am Berg.

Vor Ort setzen wir unsere Akklimatisation dann auch auf anderen Bergen als dem eigentlichen Expeditionsziel fort. Für die Motivation und auch den Erlebniswert ist es sehr förderlich, nicht mehrfach am selben Berg auf- und absteigen zu müssen. Wir haben uns etwa auch auf dem 6.189 m hohen Island Peak akklimatisiert und zwei Nächte im Gipfelbereich verbracht. Dadurch konnten wir am Everest unsere Akklimatisation mit nur einem Aufstieg durch den objektiv gefährlichen Khumbu Eisfall abschließen. Wir sind direkt zu Camp 2 auf 6.500 m aufgestiegen und konnten Camp 1 direkt auslassen. Nach zwei Nächten verbrachten wir schließlich noch eine Nacht auf Camp 3 auf 7.200 m. Damit waren wir bereit für den Gipfel und konnten uns im Basislager ausrasten.

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Mount Everest: Die Saison ist eröffnet
Foto: Lukas Furtenbach/Furtenbach Adventures
Trekking zum Island Peak (6.189 m): Akklimatisationsprogramm des Furtenbach-Teams

„Auch wenn verschiedene Medien immer wieder behaupten, dass jeder halbwegs fitte Mensch es auf den Everest schaffe: Das ist absoluter Schwachsinn.“

Wie genau funktioniert die Akklimatisierung zuhause im Höhenzelt?

Die Zelte werden auf dem Bett aufgebaut und die Teilnehmer schlafen darin. Kontinuierlich wird darin die simulierte Höhe gesteigert. Dabei empfindet man meist ähnliche Symptome der Höhenanpassung wie auch in „echter“ Höhe. Je nach Expeditionsziel wird ein Programm für den Teilnehmer erstellt. Beraten werden wir vom renommierten Höhenmediziner Dr. Martin Butscher und dem ehemaligen Radprofi Gerrit Glomser, der auf jahrzehntelange Erfahrung mit Höhenzelten zurückgreifen kann.

Furtenbach Adventures stellt ein Maximum an Sauerstoff zur Verfügung, setzt zugleich aber auch ausreichendes Können voraus. Wie viel Leistung wird dem Bergsteiger bei voller Ausschöpfung der vorhandenen Hilfsmittel noch abverlangt?

Ein Maximum an künstlichem Sauerstoff sollte bei allen kommerziellen Veranstaltern eine Selbstverständlichkeit sein. Künstlicher Sauerstoff macht einen wesentlichen Unterschied in Sachen Sicherheit und Erfolgschance aus. Das bedeutet aber nicht, dass der Bergsteiger nichts können muss. Wir achten sehr genau darauf, wen wir auf unsere Expedition mitnehmen und setzen sowohl Höhenerfahrung als auch Können voraus. Wir akzeptieren keine unerfahrenen Quereinsteiger auf Expeditionen. Dieses Jahr habe ich sechs Everest-Interessenten abgesagt. Das ist ein Umsatzverzicht von einer Viertelmillion Euro.

Ich möchte nie mit dem Vorwurf konfrontiert sein, Everest-Veranstalter würden jeden nehmen für Geld. Auch wenn verschiedene Medien immer wieder behaupten, dass jeder halbwegs fitte Mensch es auf den Everest schaffe: Das ist absoluter Schwachsinn. Jede Achttausender-Besteigung ist und bleibt ein anspruchsvolles, anstrengendes, mental extrem forderndes Unterfangen.

Mount Everest: Die Saison ist eröffnet
Foto: Lukas Furtenbach/Furtenbach Adventures
Das Furtenbach-Camp am Island Peak (6.189 m)

Teil 2 des Interviews: Anspannung liegt in der Luft

Morgen zu lesen: Vom Alltag im Basislager, nepalesischen Billiganbietern und der Seilschaft am Berg.

Hier geht es zum 2. Teil des Interviews:

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