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Expedition Bolivien: Der letzte Versuch

Aktuelles

4 Min.

16.07.2018

Foto: Michael Kopitsch

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Das Abenteuer Bolivien neigt sich für die vier Weltenbummler Christian Holzer, Roman Koller, Mike Eder und Michael Kopitsch dem Ende zu. Ob sie nach den anfänglichen Rückschlägen (wir haben berichtet) doch noch einen 6.000er geknackt haben erzählen sie hier.

Nach der erfolgreichen Besteigung des Kondorkopfes kamen wir ziemlich müde, aber zufrieden wieder in La Paz an. Am nächsten Tag besprachen wir dann mit Michael Dirninger, unserem Experten vor Ort, die aktuellen Verhältnisse und möglichen Ziele. Vor unserer Ankunft gab es in Bolivien eine zweiwöchige Schlechtwetterperiode mit täglichen Niederschlägen im Gebirge, weshalb in vielen Gebieten im Moment sehr viel Schnee liegt. Unsere ursprünglichen Pläne, die Chachacomani-Überschreitung und die darauffolgende Besteigung des Chearoco, beides 6.000er, fielen den Schneemassen zum Opfer. Während der Chachacomani in diesem Jahr einige wenige Male erfolgreich begangen wurde, blieb der technisch schwierige Berg Chaeroco in dieser Saison bisher unbestiegen. Als Alternative blieben der Illimani und der Huayna Potosi übrig. Da Roman den Potosi bereits gemacht hat, entschieden wir uns, den Illimani in Angriff zu nehmen. Auf den zweithöchsten Berg Boliviens gelangt man über ein Hochlager, das sogenannte Kondornest auf 5.500 Metern.


Auf zum Illimani

Wir wussten, dass auch dieses Vorhaben wieder schiefgehen kann, doch obwohl wir bis zu diesem Zeitpunkt erst auf ca. 5.000 Meter akklimatisiert waren, blieben wir zuversichtlich. Einen Tag später ging es zuerst auf – für bolivianische Verhältnisse – guten Straßen in Richtung Illimani-Basecamp. Dies sollte sich allerdings rasch ändern und das letzte Stück führte über steil abfallende Schotterstraßen. Im letzten Dörfchen Pinaya angekommen ging es gemeinsam mit der Eselkarawane in Richtung Basislager.

Dieses befindet sich wunderschön gelegen auf einer großen Wiese vor der eindrucksvollen Fels- und Eisformation des Illimani auf der einen und dem Lichtermeer von El Alto auf der anderen Seite. Von hier konnten wir einen Sternenhimmel beobachten, wie wir ihn bei uns in Mitteleuropa kaum zu Gesicht bekommen. Am nächsten Tag machten wir uns dann in Richtung Kondornest auf. Dieses bietet einen unglaublichen Ausblick auf LaPaz und der kaminrote Sonnenuntergang inmitten des zerfurchten Hängegletschers sucht seinesgleichen.

Dort angekommen trafen wir eine argentinische, eine deutsche und eine amerikanische Seilschaft. Während des Zustiegs und in den ersten Stunden im Hochlager ging es uns gut, bis sich dann die Höhe langsam bemerkbar machte. Zuerst bei Christian, dann bei Michael – Roman und Mike entschlossen sich daraufhin, den Gipfel zu zweit zu versuchen. Doch in der Nacht bekam es auch Roman mit der Höhe zu tun. Mike schloss sich dann kurzerhand der argentinischen Seilschaft an, doch diese mussten bei knapp 6.000 Metern umdrehen, da sich ein Bergsteiger am Knie verletzte. An diesem Tag scheiterten auch die anderen beiden Seilschaften. Frustriert über die erneute Schlappe ging es retour nach La Paz.


Nächste und letzte Chance: Huayna Potosi

Eigentlich hatten wir unsere Reise bereits als gescheitert abgehakt. Kaum Eistouren, keine 6.000er – doch unsere Kämpferherzen ließen noch nicht locker. Ein 6.000er musste her – egal über welche Route. Also beschlossen wir gleich am nächsten Tag Richtung Huayna Potosi zu fahren. Dieser gilt als einer der leichtesten 6.000er und wird meistens in zwei oder drei Tagen bestiegen. Dass kein 6.000er „einfach“ ist, sollte dabei jedem klar sein. Der Cerro Huayna Potosi ist ein gewaltiger Eisberg, der die Hochebene zwischen El Alto und Titicacasee dominiert und mit seiner matterhornartigen Form jeden in seinen Bann zieht. Da sich unsere Zeit in Südamerika jedoch dem Ende zuneigte, stand uns ein Fenster von lediglich einem Tag zur Verfügung. Um 01:00 Uhr morgens brachen wir zum Gipfel auf.

In den nächsten sechs Stunden erwartete uns ein mühsamer Anstieg über einen nächtlichen Gletscher. Im Dunkeln hatten wir alle zu kämpfen. Mit der eigenen Erwartungshaltung, den letzten Enttäuschungen, der Kälte und, und, und – bei solch finsteren Anstiegen hat man viel Zeit zum Nachdenken. Als die Sonne aufging waren wir ca. 200 Höhenmeter unter dem Gipfel, die Müdigkeit machte sich nach dem bereits fünfeinhalb Stunden andauernden „Zustieg“ bemerkbar, doch wir entschieden uns nicht für den vergleichsweise einfachen Normalweg, sondern für den Südostgrat. Dieser wurde in diesem Jahr kaum begangen. Unsere Bergsteigerherzen wurden hier mit einfacher, aber vor allem schöner Gratkletterei in Chamonix-rotem Fels und bestem Eis belohnt. Am Gipfel angekommen machte sich dann Erleichterung breit. Es geht ja doch! Wir haben unser Mindestziel – einen 6.000er – erreicht und das sogar in leichter Mixed-Kletterei.


Der beste Bergsteiger ist...

Ja, unsere Reise hätten wir uns anders vorgestellt. Unsere Erwartungen und Vorstellungen passten nicht wirklich mit der Realität zusammen, doch jede Expedition ist eine Reise ins Unbekannte. Für jeden von uns vieren war es eine Expedition zu sich selbst und wir durften unsere körperlichen und mentalen Grenzen kennenlernen. Was wir auf alle Fälle gelernt haben ist, dass es einfach Dinge gibt, für die man sich Zeit nehmen muss. Zeit, dass sich Körper und Kopf auf die Herausforderung einstellen können. Unser Leitspruch war: Der beste Bergsteiger ist der, der am meisten Spaß hat! Und das hatten wir bestimmt!

Neben dem Erlebten in den Anden lernten wir auch La Paz und El Alto näher kennen. Die freundliche Mentalität dieses Andenvölkchens, ein Straßenverkehr, der mit unserem kaum zu vergleichen ist und die bodenständige bolivianische Küche alleine sind schon eine Reise wert!

Wir möchten uns an dieser Stelle nochmals für die tolle mediale Begleitung von Bergwelten und unseren Unterstützern Scarpa, Grivel, Seatosummit, Dynafit, Maurten, Skinfit und Alpina-Sports bedanken.

Auch ein großes Dankeschön geht an Michael Dirninger mit seiner Agentur Andean Expedition, der Transporte und Verpflegung für uns sicherstellte.

Vielen Dank auch an unsere Familien, die uns diese Erfahrung machen ließen.

Christian, Roman, Mike und Michael

 

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