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Osttirol: Auf den Spuren der Säumer

Aktuelles

3 Min.

30.07.2017

Foto: Nationalpark Hohe Tauern/Emmanuel Egger

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von Christina Geyer

Über den Felber Tauern zwischen Osttirol und Salzburg verläuft ein uralter transalpiner Handelsweg. Redakteurin Christina Geyer ist auf diesem sogenannten „Saumpfad“ von Mittersill nach Matrei gewandert – und hat jetzt eine ungefähre Vorstellung davon, mit welchen Mühen diese Überquerung einst verbunden gewesen sein muss.

Man nutzte Noriker oder Haflinger. Robuste, geländegängige Pferde. In Begleitung ihrer Säumer schleppten sie Lasten von bis zu 175 Kilo über den Alpenhauptkamm und überwanden dabei 1.379 Höhenmeter sowie eine Strecke von knapp 16 Kilometern. Das gilt auch nach heutigen Maßstäben noch als anständige Bergtour. „Wir wissen von Säumern, die 75 Kilo über den Tauern schleppten“, sagt Emmanuel Egger. Er ist Ranger im Nationalpark Hohe Tauern.

Als Säumer bezeichnete man Personen, die Lasten („Saum“) unter Zuhilfenahme von Tieren, zumeist Pferden, übers Gebirge transportierten. Die speziell für diesen Zweck angelegten Wege nennt man „Saumpfade“. Um die ohnehin schon beschwerlichen Übergänge etwas zu erleichtern, sind sie in der Regel möglichst flach angelegt. „Saumwege sind nicht die direktesten und schnellsten Verbindungen“, weiß Emmanuel Egger. Im Vordergrund standen: moderate Steigungen.


Bei Eiseskälte in Lodenhosen

Wer heute von Mittersill in Salzburg nach Matrei in Osttirol wandern möchte, kann entlang des historischen Saumpfads über den Felbertauernpass gehen – wie einst die Säumer und wie bereits vor ihnen die Römer auf ihrem Endlosmarsch von Venetien nach Bayern. Die ältesten Funde gehen gar auf die Zeit vor der Antike zurück. Der historische Saumpfad über den Tauern ist nicht nur irgendein alter Alpenübergang, er ist ein ehemals transalpiner Handelsweg von unschätzbarer Bedeutung. Über Jahrtausende wurde er für den Personen- und Warenverkehr genutzt.

„Das ist das Faszinierende an dieser Tour: Man bewegt sich auf den gleichen Wegen, auf denen früher die Säumer ihre Waren mühselig transportierten oder Hirten ihr Vieh trieben“, sagt Ranger Egger. „Man versetzt sich da schon hinein in ihre Situation damals: Bei Eiseskälte in Lodenhosen, mit 75 Kilo Last am Rücken und 100 Viechern“ – Egger schaudert es. Die Zeit der Säume erreichte ihre volle Blüte zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert. Transportiert wurden Eisen, Gold, Silber, Gewürze, Stoffe und Wein.

Klassischerweise wurde von Norden nach Süden Salz transportiert und von Süden nach Norden Gewürze, Wein und Seide – man weiß aber beispielsweise auch vom Transport von Defregger Teppichen. „Für Salz und Wein wurden dieselben Fässer benutzt“, weiß Emmanuel Egger. Salz raus, Wein rein – und umgekehrt. Wie wichtig der Transport von Wein war, ruft eine gesicherte Felspassage unweit der St. Pöltner-Hütte (2.481 m) auf der Passhöhe des Tauern in Erinnerung: Sie wurde nach dem damaligen Volksgetränk benannt und auf den recht eindeutigen Namen „Weinbichl“ getauft.

Wer weiß, ob der ein oder andere Säumer sich mit der flüssigen Last nicht auch bei Laune gehalten hat – Mitte des 19. Jahrhunderts herrschte eine kleine Eiszeit, „da war auch im Sommer Winter“, sagt Egger und erzählt von einem tragischen Rindertrieb 1878. Vier Menschen kamen bei einem Wintersturm im Mai ums Leben, über 100 Tiere erfroren oder stürzten aufgrund der Widrigkeiten im Gelände ab. Insgesamt sind 90 Todesopfer unter den Säumern bekannt.

Es ist verständlich, dass die Rufe nach einer bequemeren Überquerung des Tauern laut wurden. 1883 forderte der Lienzer Bürgermeister Josef Anton Rohracher erstmals eine Bahn über den Tauern. Sie kam auch, allerdings nicht über den Felber Tauern, sondern über die Radstädter Tauern. Erschlossen wurde mit der neuen Tauernbahn das Gasteinertal, nicht Osttirol. Nichtsdestotrotz ermöglichte die neue Verbindung von Salzburg nach Kärnten ab 1905 den erleichterten Transport der Lasten, nicht aber der Tiere.


Wehende Fahnen und Böller in Matrei

Für große Viehmärkte zogen Hirten nach wie vor über den Felbertauernpass. Es war Franz Kranebitter, der sich nach dem Zweiten Weltkrieg wieder beherzt für eine Erschließung des Felber Tauerns einsetzte. Der Osttiroler Nationalratsabgeordnete führte drei Hauptargumente ins Treffen: Tourismus, Arbeitsplätze, Anbindung an Nordtirol. Es sollte ein für alle Mal vorbei sein mit Osttirols Stand als „Sackbahnhof“. Jahre vergehen, das Projekt droht an der Finanzierung zu scheitern ­– bis 1961 endlich die Felbertauernstraße Aktiengesellschaft gegründet wird. In Matrei werden Fahnen gehisst und Böller abgeschossen.


Video: „Lebensader“ Felbertauernstraße

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Ein Jahr später erfolgt der Spatenstich, 1967 kommt es zur feierlichen Eröffnung des 36 Kilometer langen Alpen-Highways, der „Lebensader der Region“. Die hochalpine Verkehrsverbindung stellt fortan nicht nur die kürzeste Verbindung von München nach Triest dar, sie ist auch maßgeblich für den Aufschwung Osttirols verantwortlich. Säumer sucht man seit der Eröffnung der Felbertauernstraße vergeblich am Tauern.

Dafür steht jetzt unweit des Tauernkreuzes die 1922 eröffnete St. Pöltner-Hütte. Sollte man heute in einen Wetterumsturz geraten, kann man sich – anders als früher – dorthin flüchten. Ganz unabhängig vom Wetter kann (und sollte) man sich hier für den Abstieg kulinarisch stärken. Der führt übrigens unter anderem am Schwarzsee vorbei. An seinem Anblick haben sich wohl auch schon die Säumer erfreut. Heute rauschen 700 Meter darunter im Erdinneren die modernen Säumer in ihren Autos durch den Felbertauerntunnel.

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Die Tour im Detail:

Tauernkreuz im Nationalpark Hohe Tauern
Tauernüberquerung: Mittersill - Matrei
Wandern · Salzburg

Tauernüberquerung: Mittersill - Matrei

T3Mittel5:00 h15,8 km2.505 m

Die St. Pöltner-Hütte im Detail:

St. Pöltner Hütte im Nationalpark Hohe Tauern
Österreich, Mittersill

St. Pöltner Hütte

HütteBewirtschaftet

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