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Wintereinbruch im September

Kann man jetzt schon auf Skitour gehen?

• 18. September 2024
2 Min. Lesezeit

Die vergangenen Tage brachten vielerorts im Alpenraum Schnee bis in niedrige Lagen. Verlockend, die Ausrüstung aus dem Keller zu holen und in die Skitourensaison zu starten. Thomas Feistl, Leiter der Lawinenwarnzentrale in Bayern, erklärt, warum das aus Sicherheitsgründen keine gute Idee ist. Auch beim Wandern im schneefreien Terrain ist derzeit Vorsicht geboten.

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Foto: Ramona Waldner
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Frage: In manchen Alpen-Regionen liegt seit einigen Tagen Schnee – verlockend für die erste Skitour der Saison. Aber ist diese Idee wirklich gescheit?

Thomas Feistl: Kurz gesagt: Nein. Im September gefallener Schnee weist eine sehr schlechte Qualität auf und eignet sich nur bedingt zum Skifahren – wir nennen ihn informell auch „Knochenbrecherschnee“. Er ist nass, schwer und fällt zudem auf einen aperen Boden, wodurch die Gefahr besteht, dass man über Wurzeln und Felsen drüberfährt und zu Fall kommt. Gerade weil man zum jetzigen Zeitpunkt meist noch aus der Übung ist, ist die Verletzungsgefahr groß.

Wie sieht es mit der Lawinengefahr aus?

Die Lawinengefahr ist groß. Durch den noch warmen Boden wird der Schnee schnell feucht und kann in Form von Gleitschnee- bzw. Lockerschneelawinen leicht von steilen Wiesenhängen abgehen – und zwar von selbst.

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Foto: Roman Königshofer
Probieren oder nicht? Schnee ist vielerorts da, doch die derzeitigen Bedingungen bergen fürs Skitourengehen einige Gefahren

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Erschwerend ist, dass der Lawinenlagebericht derzeit noch nicht verfügbar ist. Wann startet er?

Es gibt keinen fixen Termin, wann der Lawinenlagebericht startet – das passiert, sobald ausreichend Infos und Daten für die Einschätzung vorliegen. Das setzt voraus, dass unsere Beobachter auf Skitouren unterwegs sein können, weitere Informationen beziehen wir etwa von Skigebieten. Erfahrungsgemäß kann der Lawinenlagebericht meistens im Dezember gestartet werden, wobei wir uns in Bezug auf den Zeitpunkt auch mit unseren österreichischen Nachbarn absprechen.

Gibt es alternative Möglichkeiten, um auch jetzt schon an aktuelle Informationen in Bezug auf Lawinenlage zu kommen?

Auf den Webseiten der Lawinenwarndienste kann man auch jetzt schon auf Blogbeiträge zurückgreifen, wobei die Informationen nicht so detailliert sind wie in einem Lawinenlagebericht.

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Bringen die jetzigen Gleitschneelawinen auch Wanderer in Gefahr, die im schneefreien Terrain unterwegs sind?

Ja, insbesondere entlang von steilen Bergflanken kann man auch auf schneefreien Wegen von Lawinen überrascht werden, die aus höheren Bereichen abgehen. Uns wurde in den vergangenen Tagen bereits ein solcher Fall gemeldet. Einige Hüttenaufstiege sind aus diesem Grund derzeit auch gesperrt.

Wo kann ich mich gesichert informieren, ob auf meiner geplanten Wandertour Schnee liegt oder Gefahr durch Lawinenabgänge herrscht?

Grundlegende Einschätzungen der Lage gibt es auf den Webseiten der Lawinenwarndienste. Man kann auch Webcams nutzen oder bei Hütten, Tourismusbüros und Bergschulen anrufen, um zu detaillierteren Infos aus erster Hand zu kommen. Die letzte Entscheidung trifft man aber immer selbst, hier ist Eigenverantwortung gefragt.

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Foto: Kathi Löffler
Eine kleine Gleitschneelawine auf rund 1.700 m in Osttirol, gesichtet am 17. September 2024
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Wird der jetzt gefallene Schnee deiner Einschätzung nach liegenbleiben?

Das kann man nur schwer vorhersagen. Es kann alles wieder wegtauen. Wahrscheinlich wird der Schnee aber in hohen, schattseitigen Hängen bereits liegenbleiben.

Wann kann die Skitourensaison erfahrungsgemäß wirklich starten?

In der Regel im Dezember, wobei es sowohl Anfang als auch Ende Dezember werden kann. Manchmal auch erst im Jänner.

Welche Empfehlungen gibst du Leuten mit, die es gar nicht erwarten können und so früh wie möglich auffellen wollen?

Abgesehen von der Lawinenthematik muss die körperliche Fitness passen. Man muss sich im Sommer durch regelmäßiges Training vorbereitet haben. Weiters muss die Lawinen-Ausrüstung – bestehend aus Schaufel, Sonde und Piepser – vorher unbedingt auf ihre Funktionsfähigkeit geprüft werden. Ist alles auf dem Stand der Technik? Müssen Batterien getauscht werden? Und schließlich sollte man immer mit einem Plan B aufbrechen und umkehren, sobald sich die Verhältnisse als unbrauchbar herausstellen.

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Foto: Thomas Feistl
Thomas Feistl, Leiter der Lawinenwarnzentrale im Bayerischen Landesamt für Umwelt

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