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Sicherheitstraining Lawinen

Lawinen-Notfall: Fürs (Über)Leben lernen

• 29. November 2016
3 Min. Lesezeit
von Simon Schöpf

Wer mit den Skiern im freien Gelände unterwegs sein will, muss sich mit Lawinenkunde beschäftigen — Punkt. Unser Redakteur nahm sich das zu Herzen und war bei den Safety Days am Spielberghaus dabei.

Lawinencamp Safety Days Spielberghaus
Foto: Rene Sendlhofer-Schag
Lawinencamp Safety Days Spielberghaus
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„Hilfe! Schnell! Schaut’s a Schneebrett, da hat’s drei verschüttet. Schnell, du rufst den Hubschrauber, ihr zwei, Pieps raus und auf Suchen stellen — los geht’s!“
 
Durchatmen. Beruhigen. Den Puls runterbringen. Gut, dass wir hier nur bei einer Übung sind. Im Ernstfall wäre die Situation jetzt nämlich mehr als nur kritisch geworden: Wir haben im ganzen Chaos tatsächlich vergessen, den Lawinenkegel ganz rechts außen auch noch mit dem Pieps abzusuchen, für die letzte vollverschüttete Person gäbe es jetzt nach 17 Minuten wohl nicht mehr viel Hoffnung. Autsch.

Volle Action: Den Ernstfall üben, üben, üben

Gut, dass wir üben. Wir, das ist eine hochmotivierte und bunt durchgemischte Gruppe von 12 Personen bei den Safety Days am Spielberghaus: Von den jugendlichen Freeride-Locals bis hin zur etablierten Rechtsanwältin, die in ihrer Freizeit gerne Touren geht. Begleitet und geleitet werden wir von zwei der routiniertesten Lawinenexperten und Bergführern überhaupt — Paul Mair und Peter Plattner.

Warum wir eigentlich hier sind, fragen sie uns zu Beginn im Seminarraum. Johannes schießt los: „Um vorbereitet zu sein, wenn mal was passiert!“. Maria freut sich „auf’s Üben und Überrascht-werden“, Klaus will „das Gesamtpaket Sicherheit“ besser verstehen. Und Sigrun, die Rechtsanwältin, will den Schnee „so einschätzen können, wie ich meine Strecke beim Mountainbiken einschätzen kann“. Anna sprüht vor Ehrlichkeit und meint: „I kenn mi gar nit aus, fahr aber überall gern obi“. So haben wir alle unsere guten Gründe, hier zu sein.

Buddeln & Suchen mit vollem Einsatz

Warum sie eigentlich diesen Kurs veranstalten, holen wir zur Gegenfrage an unsere Bergführer aus. Als Antwort erst einmal Statistik: „Durchschnittlich gibt es allein in Österreich 26 Lawinentote pro Winter. Das ist einfach zu viel“, so die warnende Worte von Paul Mair. Trotz der verbesserten Ausrüstung und immer besserer Aufklärung ist diese Zahl über die Jahre ziemlich konstant geblieben.

„Schuld sind zu 90% wir selbst. Wir schaffen einfach den Verzicht nicht. Wenn’s einen Meter Pulver hinhaut, da schalten wir einfach alle den Verstand aus, da bleibt dann keiner zu Hause. Dabei sind genau das die gefährlichen Tage!“, weiß Peter Plattner als Alpinsachverständiger sehr genau. Was hilft? Wir müssen uns maßregeln lernen. Und: Das Handeln im Extremfall trainieren. Denn ein Drittel der tödlichen Lawinenopfer ist auf fehlende Gerätekompetenz zurückzuführen. Denn wer Skitourengeher sein will, der muss sich mit der Materie auseinandersetzen, der muss das Risiko kennen.
 
Risiko? Halt, Stopp, falsches Wort: Risiko sind Zahlen. Wenn man bei einer geführten Alpenvereinstour mit einer Wahrscheinlichkeit von 1:40.000 in eine Lawine komme, dann hilft dieses Wissen in der Praxis: nicht viel. Denn in der Realität bekommen wir kein Feedback, ob wir das Schneebrett haarscharf gerade nicht ausgelöst haben. Das Feedback bekommen wir erst, wenn es schon zu spät ist. Sprechen sollten wir also stattdessen von Unsicherheit. Denn Sicherheit, weiß Peter Plattner, „Sicherheit gibt es nicht. Aber wir können viel machen, um unsere Überlebenschancen im Extremfall deutlich zu erhöhen“.

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Ebenso wichtig: Erste Hilfe vor Ort

Und genau deshalb sind wir hier: Zwei Tage lang haben wir unermüdlich Rucksäcke ausbuddelt, sind mit piepsenden Geräten am Ohr wie wild den Hang hochgerannt, haben mit 2,60 m langen Sonden den Schnee durchlöchert. Klingt spielerisch, ist aber essentielles Training für den Fall, dass doch mal etwas passieren sollte, draußen im Gelände. Denn wir wissen: Die totale Sicherheit, die gibt es nicht, und außerdem: In 90% der Fälle sind wir selber schuld. „Ist das nicht super? Das heißt, wir sind tatsächlich selbst verantwortlich für unser Tun! Eigentlich sehr erfrischend.“ Peters Worte müssen erst einmal geschluckt und verdaut werden.
 
Das Schlüsselwort: Selbstverantwortung. Denn: Wenn wir selber schuld sind, dann können wir auch etwas dagegen machen. Also üben wir, bevor wir raus gehen. Jeden Frühwinter aufs Neue. Dann können wir die Zeit draußen wirklich genießen, vergnügt die besten Pulver-Lines fahren. Mangelnde Selbstverantwortung, das lassen wir uns sicher nicht vorwerfen!
 
Das letzte Wort sei dem Hüttenwirt Walter Höll überlassen: „Mit dem Lawinen-Thema ist es nämlich so wie mit der Ersten Hilfe: Man kann’s nie oft genug üben“. Recht hat er.

Lawinencamp Safety Days Spielberghaus
Foto: Rene Sendlhofer-Schag
Alle dabei: Lawinencamp Safety Days Spielberghaus

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Literaturtipp

Lawine. Das Praxis-Handbuch. Die entscheidenden Probleme und Gefahrenmuster erkennen.
von Rudi Mair & Patrick Nairz. 5. Auflage 2015.

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