Mit Allergie in den Alpen
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von Alois Pumhösel
Viele touristische Angebote in den Alpen preisen sich als Zuflucht für Allergiker an. So einfach ist das leider nicht, ergibt die Nachfrage bei Aerobiologin Katharina Bastl.
Die Nase läuft, die Augen brennen, das Atmen fällt schwer. Wenn von Frühling an alles wächst und gedeiht, beginnt auch die Leidenszeit der Allergiker. Zuerst Birken, dann Gräser, dann Ragweed – die vielen Auslöser wechseln sich ab und begleiten Anfällige bis in den Herbst hinein. Viele Hotels und Dörfer in den Alpen bieten sich den Allergikern als Zuflucht an. Sie versprechen eine pollenarme Umgebung, Entlastung für das Immunsystem und freies Durchatmen an Orten, die zumindest über 1.000 Meter Seehöhe liegen. In Liegestühlen vor Berghütten, beim Almwandern und in Alpin-Spas Urlaub von der lästigen Erkrankung zu machen, ist für viele eine schöne Vorstellung. Können aber Allergiker tatsächlich mit einer Linderung ihrer Beschwerden rechnen? Funktioniert die Flucht ins Gebirge?
Katharina Bastl, Wissenschaftlerin in der Forschungsgruppe Aerobiologie und Polleninformation der Meduni Wien und Mitarbeiterin des Österreichischen Pollenwarndienstes, ist skeptisch gegenüber solchen Werbeversprechen.
„Belastungen können natürlich auftreten“, sagt sie. Die Pollenkonzentration nimmt zwar gewöhnlich mit der Höhe ab. Das bedeutet aber nicht, dass man in einem Hotel auf 1.400 Metern Seehöhe keine Symptome mehr zeigt. „Dass man dort allergiefrei ist, wäre eine kühne Behauptung“, so Bastl.
Messstation auf 1.900 Meter
Der Österreichische Pollenwarndienst greift auf ein Expertennetzwerk in allen Bundesländern zurück, das Messstationen vor Ort betreibt. In Tirol kümmert sich etwa Notburga Oeggl-Wahlmüller von der Universität Innsbruck um die Datenbeschaffung. In Obergurgl befindet sich die höchste Messstation auf etwa 1900 Metern. Auf dieser Höhe gebe es eine merkbare Entlastung, so Bastl. „Als in Innsbruck heuer 1000 Birkenpollen pro Kubikmeter Luft gemessen wurden, waren es in Obergurgl nur noch 30.“ Bereits 20 bis 50 Pollen pro Kubikmeter können bei sensibilisierten Personen eine Reaktion auslösen.
Aber nicht nur die Höhe ist relevant. „Man muss auch beachten, wo die Pflanzen wachsen, deren Pollen Allergien auslösen“, erklärt Bastl. Grünerle blüht etwa in höheren Lagen, die Belastung reiche „ganz weit nach oben“. Schwarz- und Grauerlen wachsen dagegen eher in tiefen Lagen. Wie auch bei Esche und Birke könne man – je nach Wetter – vor ihnen gut nach oben flüchten.
Ob Gräserpollenallergikern die Flucht nach oben gelingt, hängt vom Zeitpunkt ab: „Heuer haben wir eine rekordverdächtige Gräserblüte. Die Spitzenbelastungen haben alles Bisherige übertroffen“, erläutert Bastl. In hohen Lagen fängt die Blüte später an und reicht länger in den Sommer hinein, so die Forscherin. „Bis Ende Juli kann da noch ordentlich etwas kommen.“
Heuer hohe Belastung durch Gräserpollen
„Mindestens 15 Gräserarten sind für Allergiker von größerer Bedeutung. Sie wechseln sich in ihrer Blütezeit ab“, erklärt die Biologin. „Heuer ist es so, dass sehr viele Gräserarten gleichzeitig gestäubt haben.“ Dabei sei auch die landwirtschaftliche Praxis einer Region wichtig: Bei Heuwirtschaft können die Gräser länger wachsen und mehr Pollen abgeben. Bei Silagen wird öfter gemäht. Dazu kommt auch noch der Ferntransport, also wenn der Wind Pollen über weite Distanzen verbreitet.
Auch der Klimawandel ist ein Einflussgeber: Er ist beispielsweise für den Vormarsch von Ragweed, einem Bioinvasor aus Nordamerika, in Europa verantwortlich. „Im alpinen Westösterreich kommt die Pflanze bereits vereinzelt vor, ist allerdings nicht stark verbreitet“, sagt Bastl. „Noch nicht.“ Man könne davon ausgehen, dass der Klimawandel eine weitere Verbreitung und damit das Wachstum der Pflanze in höheren Lagen begünstigt. Manche Folgen der Erderwärmung würden Allergikern aber auch helfen. „Wenn es durchgehend über 30 Grad hat, vertrocknen die Gräser. Sie werden bräunlich, sterben ab und geben keine Pollen mehr ab.“
Conclusio: Der Alpinurlaub kann Linderung bringen, muss aber nicht. Die Seehöhe ist nur ein Einflussgeber in den komplexen Mechanismen, die zu allergischen Reaktionen bei Menschen führen. Letzten Endes bleibt Allergikern nur, sich im Einzelfall über die zu erwartende Pollenbelastung bei den regionalen Pollenwarndiensten zu informieren und zu versuchen, die Zusammenhänge besser verstehen zu lernen. Wenn trotzdem die Nase läuft, bleibt als Trost die Schönheit der Berge.
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