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Richterhütte – das verflixte siebente Jahr

Aktuelles

3 Min.

17.08.2022

Foto: Sam Strauss

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Julia Stauder und ihre Familie sind seit 2016 Gastgeber auf der Salzburger Richterhütte auf 2.400 m. Im siebenten Jahr berichtet sie sehr persönlich über die Mühen und Freuden des Wirtsleute-Daseins.

Der Zahl Sieben wird im Allgemeinen nichts Gutes nachgesagt: Schwer Zugängliches ist ein „Buch mit sieben Siegeln“ und das siebente Jahr ist im Volksmund das „verflixte“.

Ich verbringe nun mit meinem Mann Martin sowie unseren Kindern Dora und Rian ebendieses siebente Jahr als Hüttenwirtsfamilie auf der Richterhütte. 2016 habe ich im Bergwelten-Magazin bereits von meinen ersten Schritten als frisch gebackene Hüttenwirtin berichtet – von meinem allerersten Gast, von interessanten Begegnungen, von Hilfe, die wie gerufen kam, von Pleiten und Höhepunkten.

Den Entschluss, Hüttenwirtin zu werden, fasste ich mit zwanzig. Das war in meiner „Hütten-Lehrzeit“ auf der Pfälzerhütte in Liechtenstein. Das machst du auch mal, Julia, sagte ich mir. Dieser Entschluss war felsenfest. Fünfzehn Jahre sollten vergehen, bis sich mein Traum erfüllte. Ich hatte schon gedacht, dass nichts mehr draus werden würde. Doch plötzlich ging alles Schlag auf Schlag. Eines fügte sich ins andere.


Ein steiler Weg

Als wir also vor sieben Jahren das erste Mal hierherkamen, um die Richterhütte zu besichtigen (Ist die vielleicht was für uns?), da fragte ich mich am Weg durchs Rainbachtal, wann wir denn nun auf den Belieferungsweg stoßen würden. Bis ich einsehen musste, dass wir uns bereits darauf befanden. So steil und eng, wie er war, hielt ich ihn für einen Wanderweg.

Ich ahnte damals nicht, dass der Ort am Ende dieses wunderschönen Hochtals mit dem schmalen, von Hand in die Landschaft gehauenen Weg mein zweites Zuhause werden würde. Das Zuhause meines Sommer-Ichs. Denn als Hüttenwirtin ist es, als hätte man zwei Leben: Eines lebt man während des Sommers am Berg – die Stadt, die Straßen, die Einkaufszentren… alles das existiert in dieser Zeit nicht – und ein anderes, zweites Leben lebt man das restliche Jahr über im Tal. In diesem zweiten Leben kann man sich gar nicht vorstellen, täglich vierzig Betten machen und drei Kuchen backen zu müssen.

Wenn ich im Juni das erste Mal wieder in die Küche der Hütte komme, finde ich nichts mehr. Nicht die Teller, nicht den Pfeffer – und wo sind nochmal die Löffel? Alles vergessen. Doch sehr bald schon ist es, als wäre ich nie weg gewesen. Dann bin ich wieder angekommen, in meinem Sommer-Leben.


Die zwei Leben

2016, bei unserem Start, ging alles glatt und war aufregend zugleich. Wir waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Wir brachten alles mit, was man für den Job braucht. Und das, was wir noch nicht mitgebracht hatten, eigneten wir uns an. Einfach machen – war die Devise, anders ging’s auch gar nicht. Die Satelliten-Kommunikation einrichten? Das Wasserkraftwerk in Gang bringen? Für mindestens achthundert „Geschäfte“ Klopapier vorrätig haben? Eine Registrierkasse updaten? Eine Kleinkläranlage warten? Irgendwie kamen wir zurecht.

Ich bin gleichzeitig Kellnerin, Rezeptionistin, Küchenchefin, habe das Kommando über die (einköpfige) Putzkolonne, bin Seelentrösterin, Sanitäterin, Küchengehilfin, arbeite in der Feinkost, bin Marketing-Spezialistin, Veranstalterin und Arbeitgeberin. Dazu Familien-Managerin, Auskunftsperson in alpinen und meteorologischen Belangen, Reisebüromitarbeiterin, Dekorateurin und Hilfsarbeiterin in Sachen Technik. Ich mache die Bestellungen, schreibe E-Mails, telefoniere, falte Decken, beantworte E-Mails, gehe ans Telefon, begrüße Gäste, beantworte E-Mails, falte Decken, backe Kuchen, telefoniere, schreibe E-Mails und dann begrüße ich die nächsten Gäste.

Und das mache ich nun schon das siebente Jahr.


Jobprofil: Tausendsassa

Wie schon eingangs erwähnt: Der Zahl Sieben sagt man für gewöhnlich wenig Gutes nach. Und es stellt sich heraus, dass unsere siebtente Saison hier auf der Richterhütte tatsächlich ihre Tücken bereithält. Gleich zu Beginn des Jahres war klar: Das wird was Besonderes. Zum Saisonstart im Juni konnten wir erst eine Woche später als geplant den Betrieb aufnehmen, vorher mussten noch die ärgsten Schäden, die der letzte Winter mit seinen Gewalten hier angerichtet hatte, ausgebügelt werden. Tonnenschwere Geröllbrocken hatten den robusten, aus Stahl gebauten Einlauf unseres Wasserkraftwerks zerdrückt wie eine weggeworfene Cola-Dose. Und beide Brücken auf dem Weg zu unseren Nachbarn von der Zittauerhütte – massive Holzkonstruktionen – gingen wie Zündhölzer entzwei. Da gab es kein Vorankommen für Wanderer in der hochalpinen Frühjahrsschmelze.

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Nicht allein

Doch das liegt nun auch schon wieder in der Vergangenheit. Die Brücken sind mittlerweile wieder intakt – dank der Hilfe, die uns von den tatkräftigen Wegmachern der Nachbarsektion des Alpenvereins geleistet wurde. Inzwischen kennen wir viele Leute – von nah und fern – die gerne bereit sind, bei uns mit anzupacken. Ehrenamtlich. Denn eine solche Unternehmung – das Betreiben eines modernen Stützpunkts zum Rasten und Schlafen, der Schutz vor Wind und Wetter inmitten der wunderschönen, aber schroffen und gefährlichen Wildnis im Hochgebirge bieten soll – das erfordert viel.  Zu viel für zwei allein. Es braucht ein ganzes Dorf. Und dass wir ein solches hinter uns wissen, macht uns dankbar.

Also auf in die zweite Hälfte des siebenten Jahres! Wir sind gespannt, wie verflixt, entspannt oder vermutlich eh total toll es noch werden wird.

Tipp: In den kommenden Wochen wird uns Julia nochmals am Hütten-Alltag im Hochgebirge teilhaben lassen. Bleibt also dran!