Die Schweiz gibt es 500 Mal!
Von der Sächsischen bis zur Tibetischen Schweiz: Über fünfhundert Mal soll es die Schweiz weltweit geben, davon mehr als zweihundert Mal allein in Deutschland. Wie das Alpenland es schaffte, sich als Exportartikel zu verewigen.
Warum gibt es so viele Schweizen auf der Welt?
„Schuld“ an der beinahe inflationären Bezeichnung von Regionen als „Schweiz“ sind die Schriftsteller und Künstler des 18. Jahrhunderts. Die Schweiz war damals eine Art Modereiseland unter Gelehrten und Adeligen in ganz Europa. Schweizer Schriftsteller wie Albrecht von Haller und Jean-Jacques Rousseau beschrieben die Berge als Naturidyll und inspirierten damit Geistesgrößen wie Goethe, Schiller, Wordsworth und Lord Byron, die wiederum schweizverherrlichende Texte schrieben. Und so wurde die Schweiz für all jene, die nicht das Geld und den Stand hatten, sie zu besuchen, und das Alpenland nur aus Beschreibungen kannten, zu einem Sehnsuchtsort aus „erhabenen Bergspitzen“, „wilden Sturzbächen“, „malerischen Seen“ und „gewaltigen Gletschern“. Ein Idealort, der Gäste anlockte und faszinierte. Immer mehr stellten sich die Frage, ob man nicht auch in der Ferne von jenem fantastischen, romantischen und tourismusfördernden Begriff „Schweiz“ profitieren könnte. Kurzum: Die Schweiz wurde zum Exportartikel, der auch weniger spektakulären Landstrichen ein gutes Image verpasste.
Sächsische Schweiz, Deutschland
Es lässt sich darüber streiten, ob die bizarren Felsformationen des Elbsandsteingebirges südöstlich von Dresden wirklich aussehen wie die Alpengipfel der Schweiz. Vermarkten lässt sich der Titel als „Sächsische Schweiz“ auf jeden Fall bereits seit dem 19. Jahrhundert gut: Der Legende nach sollen zwei Schweizer, der Kupferstecher Adrian Zingg und der Maler Anton Graff, bei ihrer Reise ins Elbsandsteingebirge im Jahr 1780 von der „Schweiz in Sachsen“ gesprochen haben. Adrian Zingg schuf 1786 das Gemälde „Der Kuhstall in der Sächsischen Schweiz“, das wiederum Caspar David Friedrich zu seinem ikonischen Werk „Wanderer über dem Nebelmeer“ inspirierte und bis heute Touristinnen und Touristen in die Region zieht.
Fränkische Schweiz, Deutschland
Gezackte Felsformationen, bewaldete Hügel und alte Burgruinen zeichnen diese Landschaft im Norden Bayerns aus. Angeblich verlieh der Uttenreuther Pfarrer Johann Friedrich Esper ihr 1774 den Titel „Fränkische Schweiz“, den die Reiseschriftsteller des 19. Jahrhunderts eifrig aufgriffen. Bis heute wird er in der Vermarktung der Region als Reiseziel verwendet.
Horster Schweiz, Deutschland
Das Feuchtbiotop „Horster Schweiz“ nahe der Nordseeküste in Ostfriesland schafft es auf gerade einmal drei Meter Höhe. Es liegt somit 195 Meter unterhalb des tiefsten Punktes der originalen Schweiz, der sich auf 198 Meter am Lago Maggiore befindet. Um ehrlich zu sein, gibt es außer dem Käse im Supermarkt nichts, was an das Alpenland erinnert.
Österreichische Schweiz, Österreich
Rund um die Wende vom 18. ins 19. Jahrhundert zog es das Bürgertum und mit ihm auch Musiker, Maler und Dichter hinaus in die Natur. Daher bekamen auch mehrere Regionen, die Berge oder Seen vorweisen konnten, in dieser Zeit den Stempel „Die Schweiz von …“ aufgedrückt. So auch das Salzkammergut, das als „Österreichische Schweiz“ bezeichnet wurde, zum Beispiel in einem Reiseführer von Franz Sartori mit dem Titel: „Die österreichische Schweiz; oder mahlerische Schilderung des Salzkammergutes in Österreich ob der Ens.“
Niederländische Schweiz, Niederlande
Im Süden der niederländischen Provinz Limburg an der Grenze zu Deutschland und Belgien liegt die „Limburgische Schweiz“ oder auch „Niederländische Schweiz“ genannt. An die schroffen Berge der Original Schweiz kommen die sanften Hügel der Region freilich nicht heran. Für Wanderer und Radfahrerinnen bietet der höchstgelegene Teil der sonst so flachen Niederlande aber einige Steigungen.
Arabische Schweiz, Oman
Fast 3.000 Meter messen die höchsten Berge des Hadschar-Gebirges im Oman. Aber nicht nur wegen seiner hohen Gipfel wird der Golfstaat gern als „Arabische Schweiz“ bezeichnet: Der Oman ist wohlhabend, gilt allgemein als sicheres Reiseland und tritt in den Konflikten am arabischen Raum häufig als neutraler Vermittler auf. So etwa im Nahost-Konflikt zwischen Israel und Palästina oder dem Iran.
Tibetische Schweiz, Tibet
Die wohl einzige Schweiz weltweit, die mit ähnlich vielen vergletscherten Bergen wie die „echte“ Schweiz aufwarten kann, ist die „Tibetische Schweiz“ im Südosten des Landes. In der Region Bomê (auch Bomi oder Pomi) erinnern türkise Bergseen, dichte Wälder und schneebedeckte Berggipfel an das europäische Pendant.