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Spatenstich für die Neue Seethalerhütte (2.740 m)

Aktuelles

5 Min.

28.07.2017

Foto: Christina Schwann

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von Christina Schwann

Zum Spatenstich für den Ersatzbau der Seethalerhütte an der Grenze zwischen Steiermark und Oberösterreich goss es wie aus Kübeln – zudem war er ein symbolischer, denn wo sollte man im zerklüfteten Dachsteinkalk auf fast 3.000 m zu graben beginnen? Christina Schwann war auf der höchstgelegenen Baustelle Oberösterreichs und berichtet von einem der spannendsten alpinen Bauprojekte des Jahres.

Die Seethalerhütte auf 2.740 m der Sektion Austria des Österreichischen Alpenvereins schmiegt sich eng an die Felswände unterhalb des Dachsteingipfels am Rande des Hallstätter Gletschers. Nur wenige Meter neben der Hütte fällt die Dachsteinsüdwand 1.000 m senkrecht ab – ein perfekter Startplatz für die Alpendohlen und gleichzeitig Ausstiegspunkt des Johann-Klettersteiges.

1929 vom Hallstätter Bergführer Johann Georg Seethaler als einfacher Unterstand auf eigene Kosten erbaut und bis 1931 von seinem Sohn weitergeführt, wurde die Hütte schließlich an die Sektion Austria verkauft – seither immer wieder erweitert und angepasst. Sie trägt sogar das „Umweltgütesiegel“, wie übrigens alle 17 Hütten der Sektion Austria.

Die Seethalerhütte war und ist bis heute ein äußerst wichtiger Stützpunkt für Bergsteiger und Kletterer – der Hüttenwirt hat die Aufgabe, auf die Südwandkletterer „aufzupassen“. Allein Skitourengehern konnte bisher keine Unterkunft geboten werden, da die Hütte im Winter von einer gewaltigen Schneewechte zugedeckt wird. „Es gab zwar Versuche, die Hütte auch im Winter offen zu halten“, berichtet Friedrich Macher, Vorsitzender der Sektion Austria, „aber das war einfach nicht möglich. Es wurde sogar ein Tunnel bis zur Eingangstüre gegraben. Alle Versuche, eine Winterbewirtschaftung aufrecht zu erhalten, scheiterten immer wieder an den massiven Schneeverwehungen.“


2014 – Aus oder Neubeginn für die Seethalerhütte?

Im Sommer 2014 dann die Katastrophe: Unterhalb der Hütte tat sich ein riesiges Loch auf – vermutlich aufgrund des auftauenden Permafrostes. Die ganze Hütte drohte in sich zusammenzustürzen und in diesem Loch zu verschwinden. „Gefahr in Verzug!“, lautete das Urteil und so wurde das Loch notdürftig mit Beton ausgefüllt. Durch die Setzung des Gebäudekomplexes war jetzt aber nicht nur der Gastraum schief, durch einen Bruch im Dach trat auch Wasser von oben in die Hütte ein.

Schnell war klar, die Hütte wird an diesem Standort keine Zukunft haben, jedoch erlaubten es die Ausmaße des Grundstückes des Alpenvereins zum Glück von dieser Verwerfungszone um einige Meter abzurücken.

Die Sektion Austria organisierte daraufhin gemeinsam mit der Hüttenabteilung der Bundesorganisation des Alpenvereins einen der raren Architekturwettbewerbe für Schutzhütten. Das Siegerprojekt wurde einstimmig von der Jury auserkoren: Das Achitekturbüro „dreiplus“ von Stephan Hoinkes und Thomas Heil überzeugte in allen Punkten: Funktionalität, Ökologie und Optik. Außerdem sollte die neue Hütte aus einem einzigen Baukörper bestehen und so auch die „Verhüttelung“ der alten Hütte beseitigen.


Eine Hütte für die Zukunft

Da die Hütte im UNESCO-Weltnaturerbe und im Europaschutzgebiet Dachstein steht, waren aus Sicht des Naturschutzes noch einige Anpassungen vorzunehmen, die in guter Zusammenarbeit und - ohne den Charakter des Siegerprojektes gänzlich zu verändern - abgeschlossen werden konnten. Das Ergebnis ist ein durchaus futuristischer, moderner Bau, der aus einem betonierten Technikbereich im Untergeschoss sowie überirdisch aus einem vorgefertigten Holzbau mit Schlafplätzen für bis zur 22 Personen, ebenso wie bei der alten Hütte, besteht. Die Fassade wird mit witterungsbeständigen Metallschindeln verkleidet, die den extremen Bedingungen auf dieser Höhe standhalten. Das Dach und die Fassade fangen Regenwasser auf, integrierte Photovoltaikpaneele werden die Hütte mit Strom versorgen. Eine Wind- und Schneeverwehungsanalyse ergab die neue Exposition der Hütte mit windabgewandten Eingangsmöglichkeiten – somit soll auch ein Winterbetrieb in der Zukunft reibungslos funktionieren. Für Friedrich Macher unabdingbar wichtig, denn so wird durch die Hütte auch die Winterüberschreitung des Dachsteins erleichtert. Und Landesrätin Ursula Lackner aus der Steiermark zeigt sich erfreut, dass „hier ein zukunftsweisendes, durchdachtes Projekt umgesetzt wird, von dem alle profitieren werden.“


24. Juli 2017 – Spatenstich bei 3 Grad und Regen

Wie wichtig der alpine Stützpunkt Seethalerhütte ist, zeigte der Spatenstich für den Ersatzbau am Montag, den 24. Juli 2017. Es goss nicht nur wie aus Kübeln, es war zudem extrem windig und nebelig. Jeder – wirklich jeder – war nach der Gletscherwanderung von der Bergstation der Dachsteinsüdwandbahn bis zur Hütte völlig durchnässt und unglaublich froh, eine warme Unterkunft vorzufinden.

Der Spatenstich – ein symbolischer freilich, denn man wüsste nicht, wo man hier im zerklüfteten Dachsteinkalk mit einem Spaten zu graben beginnen könnte – wohnten neben der Sektion Austria auch die Bürgermeister der Gemeinden Obertraun und Ramsau, Vertreter der Planai-Bergbahnen, der Bergrettung, des Hauptvereins des Österreichischen Alpenvereins sowie die bereits erwähnte Landesrätin für Bildung und Gesellschaft in der Steiermark und viele weitere bei.

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Ein wetterfestes und eingespieltes Team

Die Architekten Hoinkes und Heil sowie der Leiter der Baufirma Steger aus Uttendorf im Oberpinzgau, Gerhard Steger, nützten die Zeit, um den nun beginnenden Aushub für den Keller noch einmal genau zu vermarken – bei Regen, Nebel, Wind und Temperaturen um die 3° Grad. Zudem in einem derart zerklüfteten Gelände, wo jeder Schritt passen muss. „Einem Flachländer würde es vermutlich nicht gefallen“, so Thomas Heil aus Graz, aber für ihn sei der Bauplatz einzigartig. „Es ist eine große Ehre, wenn man in einer so grandiosen Naturlandschaft etwas erschaffen darf. Schließlich kommt so eine Chance nicht besonders häufig, denn an solchen Orten wird meist nur alle hundert Jahre einmal gebaut.“

Auch Gerhard Steger, der schon beim Umbau der Adlersruhe am Großglockner auf 3.454 m die Alpintauglichkeit seiner Baufirma unter Beweis gestellt hat, kann das kalte-feuchte Wetter nichts anhaben: „Daran werden wir uns später noch erinnern – das macht es aus.“ Dass Architekten und Baufirma bereits ein eingespieltes Team sind, konnte man daran erkennen, dass bei den für jeden Laien nicht nachvollziehbaren Vermessungsarbeiten immer wieder ein „Stimmt genau!“ oder ein „Kontrollpunkt passt!“ zu hören war.

Für Georg Unterberger, Hüttenabteilung des Österreichischen Alpenvereins und für den technischen Hüttenreferenten der Sektion Austria, Richard Goldeband, kommt es jetzt aufs Wetter an – der Bauzeitplan ist darüber hinaus auch aus Naturschutzgründen auf wenige Sommermonate eingeschränkt: „Für Aushub und Betonarbeiten sind Regen und Schneefall noch kein allzu großes Problem, aber dann – Mitte August – werden wir eine Entscheidung treffen müssen: ziehen wir den Holzbau heuer noch durch, oder müssen wir abbrechen.“ Klar, der Holzbau inklusive Dach und Fassade kann nur in einem Zug errichtet werden, denn Wasser im Holz würde der ganzen Konstruktion großen Schaden zufügen.

Läuft alles nach Plan, werden Mitte bis Ende August die Holzelemente – wie bei der Salmhütte – als fertige Module per Hubschrauber geliefert und sogleich verbaut, die Fassade und das Dach verkleidet und die Fenster eingesetzt. Im Winter könnte dann der Innenausbau stattfinden, sodass eine Eröffnung für Juni 2018 denkbar wäre. Die alte Seethalerhütte wird in Folge komplett entsorgt und der Standort renaturiert.


Hüttenwirt Wilfried Schrempf – keine Spur von Melancholie

Hüttenwirt und Bergretter Wilfried Schrempf ist seit 17 Jahren auf der Seethalerhütte. Davor bewirtschafteten schon seine Eltern 20 Jahre lang die Hütte! Er selbst half im Sommer mit seit er neun Jahre alt war. Daher war für Wilfried klar: er wird einmal Hüttenwirt. Zu Beginn allerdings auf der Zollnerseehütte am Karnischen Kamm, bevor er schließlich 1990 die Hütte von seinen Eltern übernahm. Und seine Kinder sind ebenfalls gelegentlich auf der Hütte – schließlich sollen sie die nächsten sein. „Ein Erfolgsrezept der Austria“, wie Vorsitzender Friedrich Macher sichtlich stolz einwirft.

Und wie sieht es mit der Melancholie aus? Jetzt wo die alte Hütte nicht mehr zu retten ist und eine ganze neue, moderne Schutzhütte errichtet werden soll? Wilfried Schrempf sieht es gelassen: „Die Investitionen, die man – auch ohne dem instabil gewordenen Untergrund – tätigen müsste, um die Hütte weiterhin bewirtschaften zu können, würden mindestens so hoch sein wie der Ersatzbau. Aber die alten Gegenstände von Sepp Seethaler, sein Rucksack, sein Pickel, seine Steigeisen und seine Skier, werden mit übersiedelt – dafür wird ein spezieller Platz eingeplant.“

Die Seethalerhütte im Detail

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Österreich, Obertraun

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