Teil 1: Zubau für die Salmhütte am Großglockner
Foto: Christina Schwann
von Christina Schwann
Baustart auf 2.644 m: Die geschichtsträchtige Salmhütte im Angesicht des Großglockners erhält einen Zubau. Christina Schwann hat die Schutzhütte in Kärnten besucht und berichtet von den Fortschritten.
Die Salmhütte am Fuße des Großglockners im Bundesland Kärnten kann auf eine sehr, sehr lange Geschichte zurückblicken: Ein Mann, ein gewisser Bischof Franz Xaver von Salm-Reifferscheidt, der 1783 als Fürstbischof nach Kärnten berufen wurde, ließ sich durch die Mont Blanc-Erstbesteigung im Jahre 1786 derart begeistern, dass er 1799 beschloss, eine Expedition zum bis dahin unbestiegenen Großglockner (3.798 m) zu organisieren. Die Expedition erreichte zwar nur den Kleinglockner, brachte aber immerhin wertvolle Vermessungsergebnisse mit zurück ins Tal. 1800 war es dann aber soweit: die Erstbesteigung des Großglockners konnte gefeiert werden.
Fürstbischof Salm veranlasste zudem 1799 den Bau der ersten Salmhütte im Kar unterhalb des Großglockners. Diese Hütte gilt als eine der ältesten dokumentierten Schutzhütten der gesamten Ostalpen. Die ursprünglich einfache Holzhütte wurde später durch eine Steinhütte ersetzt. Der Bau wurde allerdings durch den vorrückenden Gletscher um 1850 derart bedrängt, dass sie schließlich aufgelassen werden musste. Für den Bau der nunmehr dritten Salmhütte suchte man einen anderen Standort. Im Jahr 1883 wurden von der Sektion Klagenfurt des Österreichischen Alpenvereins auf 2.805 m – direkt in den Felshang des zum oberen Leitertal abfallenden Schwertecks – ein Unterstand in den Felsen gesprengt. Leider musste dieser 1893 wegen eindringender Feuchtigkeit aufgegeben werden. Die Überreste kann man heute noch auf dem Weg von der jetzigen Salmhütte zum Großglockner besichtigen und eine Tafel erläutert die Geschichte der Hütten.
Damit war die Geschichte der Salmhütte aber nicht zu Ende. Ganz im Gegenteil: In den Jahren von 1926 bis 1928 erbaute die Sektion Wien eine komplett neue Hütte am Hasenpalfen auf 2.644 m in unvergleichlicher Aussichtslage. Die schlichte Hütte mit den rot-weiß-roten Fensterläden und dem geschindelten Dach steht dort seit nunmehr 89 Jahren im Angesicht des Großglockners und trägt den Namen des Initiators und Finanziers der Erstbesteigung. Im Laufe der Jahre haben sich aber einerseits die Besucherzahlen deutlich erhöht, andererseits sind auch die Bestimmungen unter anderem im Bereich der Gewerbeordnung viel strenger geworden.
Die aktuelle Küche mit rund 12 m2 und veralteter Ausstattung entspricht nicht mehr den heutigen gesetzlichen Vorgaben – auch für Hüttenwirtin Helga stellt die Mini-Küche bei Vollbetrieb eine große Herausforderung dar. Die Sektion Wien hat sich daher sehr intensiv mit dem Thema „Umbau“ beziehungsweise „Erweiterung“ auseinandergesetzt. Ein dreistufiges Verfahren – von einer ersten internen Studie über die Einbindung von Architekturstudenten der Uni Innsbruck bis hin zu einem geladenen Architekturwettbewerb – führte schließlich zum Siegerprojekt von dreiplus Architekten.
Für Architekt Stephan Hoinkes, selbst begeisterter Bergsteiger aus Innsbruck, stellt die Verwirklichung dieses Projekts eine besondere Ehre dar. Bei der Erklärung kommt er daher schnell ins Schwärmen: „Es ist eine schöne und spannende Aufgabe, in dieser unversehrten Naturlandschaft auf über 2.600 m Seehöhe zu einer höchst ehrwürdigen Hütte einen kleinen Zubau planen und errichten zu dürfen. Die Erweiterung der Hütte ist ein kleiner solitärer Baukörper am Nordosteck der Hütte. Die bestehende Hütte wird in ihrem ursprünglichen Erscheinungsbild nicht verändert oder beeinträchtigt. Es entsteht ein Wechselspiel zwischen dem in Stein gemauerten bestehenden Baukörper und dem neuen mit Lärchenschindeln verkleideten Holzbaukörper. Dieser Zubau entsteht in Demut zur bestehenden Hütte und der umliegenden Bergwelt des Nationalparks Hohe Tauern.“
Für Georg Unterberger, ebenfalls Architekt und in der Bundesorganisation des Österreichischen Alpenvereins für die Sanierung und Instandhaltung der alpinen Infrastruktur zuständig, ist „dieser Zubau in verschindelter Holzmassivbauweise schon jetzt ein Vorzeigeprojekt, das demonstriert, wie der Spagat zwischen funktionalen, rechtlichen, ästhetischen und ökologischen Aspekten – die Hütte steht schließlich in der Kernzone des Nationalparks Hohe Tauern – einerseits und geringstmöglichen Eingriffen in die alte – schutzwürdige – Bausubstanz und den engen Budgetvorgaben andererseits durch Reduktion auf das Wesentliche gelingen kann.“
Am 19. Juni 2017 konnte der Baustart bei Prachtwetter planmäßig erfolgen. Ein Hubschrauber transportierte einen Baustellencontainer, einen kleinen Mini-Bagger, Geräte und Material zur Hütte. Aktuell werden die Fundamente gegraben und betoniert. Der Zubau selbst wird im Tal als Modulkonstruktion vorgefertigt, elementweise an einem Tag zur Hütte geflogen und dort sofort zusammengesetzt. Im Herbst, wenn sich nur noch wenige Besucher herauf verirren, wird der Durchbruch vom Bestand zur neuen Küche im Zubau hergestellt, im Obergeschoss bekommen die Hüttenpächterin sowie ein Angestellter je ein Zimmer.
Im Bestand wird weiters endlich Platz für einen Trockenraum und ausreichend Sitzplätze in der erweiterten Stube geschaffen. Die heurige Saison wird für Hüttenpächterin Helga Pratl mit Sicherheit keine einfache werden. Es gilt, das große Ganze im Auge zu behalten, Interessierte über die Gründe des Baues zu informieren, neben Staub und manchmal auch Lärm dennoch die Gäste in gewohnt guter Qualität zu versorgen und die gute Laune nie zu verlieren.
Michael Merstallinger, Hüttenwart der Salmhütte, ist jedenfalls zuversichtlich, dass mit der unbedingt notwendigen Adaptierung in Zukunft die Qualität der Hütte weiter verbessert werden kann – einerseits für die rund 3.200 Gäste jährlich, andererseits aber auch hinsichtlich der Umweltstandards. Außerdem führt er aus, dass „die Hütte ein sehr wichtiger Stützpunkt für den mittlerweile einzig möglichen Anstieg von der Heiligenbluter Seite zur Adlersruhe ist, was dem Weg der Erstbegeher entspricht. Die Salmhütte ist eine Hütte mit langer Tradition und als Alpenvereinssektion sehen wir es als unsere Aufgabe an, die bergsteigerische Tradition sowie das Bewusstsein für die prachtvolle Naturlandschaft aufrecht zu erhalten.“
Eins ist jedenfalls allen Beteiligten klar: Eine Hütte mit einer derart famosen Geschichte an einem der schönsten Standorte im Nationalpark Hohe Tauern – unter ständiger „Aufsicht“ des Großglockners – verdient eine äußerst sensible Herangehensweise, Respekt vor der alten Bausubstanz bei gleichzeitig intelligenter, moderner Umsetzung. Am 17. Juli 2017 – sofern das Wetter mitspielt – werden die Holzmodule zur Hütte geflogen und noch am Hubschrauber hängend millimetergenau versetzt. Es bleibt spannend!
Die Salmhütte im Detail:
Salmhütte
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