Eine offene Tür in die Geschichte
Foto: Christina Schwann, ökoalpin
von Christina Schwann
Die Alte Prager Hütte im Nationalpark Hohe Tauern am Fuße des Großvenedigers zählt zu den ältesten noch erhaltenen Schutzhütten im Alpenraum. Als sie 2009 keine Betriebsgenehmigung mehr erhielt, hatte der DAV eine interessante Idee: Die denkmalgeschützte Hütte sollte zu einem alpinen Museum werden, das einen Blick in die Geschichte erlaubt. Jetzt fand die Eröffnung statt.
Alles begann, wie Vieles in den Hohen Tauern, um 1870 - mit Johann Stüdl. Der Prager Kaufmann gilt als „Glocknerherr“, ließ mehrere Hütten bauen – unter anderem die bekannte Stüdlhütte am Fuße des Großglockners -, war Mitbegründer des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins (1869) und gründete und leitete 50 Jahre lang die Sektion Prag. Sein Anliegen war stets, der Bevölkerung zu helfen und den Menschen die Schönheit der Natur näher zu bringen.
Für die Besteigung des Großvenedigers von Süden erschien Stüdl der Bau einer Hütte ebenfalls sinnvoll und so zeichnete er die Pläne für die Prager Hütte. Auch den Standort wählte er nach seinen Erfahrungen an einem sicheren Ort. Allerdings wurde ihm in dieser Hinsicht nicht vertraut, schließlich wollte man eine Hütte, die den besten Blick auf den damals mächtigen Schlatenkees bot. Aber – Stüdl sollte recht behalten – nur wenige Jahre nach der Errichtung 1872, zerstörte 1877 eine Lawine die erste Hütte. Der Wiederaufbau erfolgte noch im selben Jahr am von Stüdl ursprünglich vorgeschlagenen Ort.
Bescheidenheit im Angesicht großartiger Natur
Seit 1884 war die Hütte mit ihren 6 x 11 m Grundfläche eine einfache Unterkunft für Bergsteiger und durchgehend bewirtschaftet. Ein Holzofen, ein Tisch eine umlaufende Sitzbank, getrennte Lager für Frauen und Männer und noch ein Heulager am Dachboden, mehr brauchte es nicht und mehr wollte Johann Stüdl auch nie. Bescheidenheit und Einfachheit waren für ihn wichtige Werte, umso bedeutender im Angesicht der großartigen Bergnatur, in der wir als Gast weilen dürfen.
Allerdings wurde aufgrund des Gletscherrückgangs schon 1901-03 von der Sektion Prag, ebenfalls nach Plänen von Johann Stüdl, die Neue Prager Hütte rund 300 Höhenmeter weiter oben errichtet. Sie sollte einen besseren Ausgangspunkt für die Besteigung des Großvenedigers bieten. Diese Hütte steht übrigens seit 2014 ebenfalls unter Denkmalschutz.
Neubau oder Auflassung und Abriss?
Die Alte Prager Hütte wurde seit 1884 dauerhaft bewirtschaftete. In den Jahren 1923 und 1992 erfolgten Instandsetzungsarbeiten. Aufgrund der zunehmend hohen Sanierungskosten hat sich die Sektion Prag 1992 mit der Sektion Oberland des DAV zusammen getan. 2009 erhielt die Hütte allerdings auch bei gutem Willen der Behörden keine Betriebsgenehmigung mehr – es sei denn, man baute großzügig nach den heutigen betrieblichen Maßstäben um, was einem Neubau gleichgekommen wäre. Oder sollte man die Hütte gänzlich auflassen und abreißen?
Die Unschlüssigkeit im DAV zögerte eine Entscheidung hinaus, was der Hütte im Endeffekt wohl ihr Weiterbestehen sicherte, denn als sie 2011 unter Denkmalschutz gestellt wurde, war zumindest das Thema „Abriss“ vom Tisch. 2013 gingen dann noch beide Hütten, die Alte wie die Neue Prager Hütte, von der Sektion Oberland an den Bundesverband des DAV über, da sich keine Sektion mehr fand, die sich der Aufgabe stellen wollte, diese beiden Hütten zu erhalten und wirtschaftlich zu führen.
Schließlich reifte im Bundesverband die Idee, aus der Alten Prager Hütte eine Art alpines Museum zu machen, einen Ort, der einen Blick in die Vergangenheit des Alpinismus und des damaligen Hüttenbaues zeigt.
Rasch konnte das Bundesdenkmalamt für die Idee gewonnen werden, auch der Nationalpark Hohe Tauern war für diesen kulturellen Input zu begeistern. „Wir konnten sogar die so genannte Landesgedächtnisstiftung für unsere Pläne gewinnen, die bis dato noch nie eine Hütte gefördert hat,“ freut sich Robert Kolbitsch, Ressortleiter Hütten und Wege vom DAV. Unter der Anleitung von Sonja Mitterer, Bauforschung-Tirol, wurde die Hütte exakt nach den Plänen von Johann Stüdl wiederhergestellt. Sogar die Innenausstattung konnte ziemlich genau rekonstruiert werden. Entstanden ist das höchstgelegene Museum Österreichs auf 2.489 m, das am 19. Juli 2019 – im Jubiläumsjahr 150 Jahre DAV - feierlich eingeweiht wurde.
„Mein Urgroßvater Johann Stüdl“
Unter den Gästen der Einweihungsfeier befand sich eine bescheidene, aber sehr bergaffine Dame: Gundula Hauser, die Urenkelin von Johann Stüdl. „Heute hier sein zu können, das unglaubliche Panorama zu genießen und dieses Alpinmuseum, in dem der Geist meines Urgroßvaters mehr als deutlich spürbar ist, einzuweihen, berührt mich zu tiefst.“
Durch eine Glaswand im Eingangsbereich kann nun jeder interessierte Wanderer in das Innere der Hütte blicken. Es ist wie ein Blick in die Vergangenheit und gleichzeitig eine Erinnerung daran, dass die Hütten im Gebirge keine luxuriösen Hotels sein müssen. Bescheidenheit, Kameradschaft und Wertschätzung, wie Johann Stüdl sie gelebt hat, sollten auch in der heutigen Zeit die bestimmenden Werte sein, um die Herausforderungen, die die Berge, der Klimawandel und unsere Gesellschaft mich sich bringen, gemeinsam zu meistern.
Einen Besuch wert
Ein Besuch auf der Alten Prager Hütte ist immer auch mit einer wunderschönen Bergtour verbunden. Vom Matreier Tauernhaus geht es entweder zu Fuß, mit dem Taxi oder dem Traktor-Panoramazug ins Idyllische Innergschlöß. Von dort steigt man auf dem markierten Steig zur Alten Prager Hütte auf.
Wanderung zur Alten Prager Hütte vom Matreier Tauernhaus
Sehr zu empfehlen ist allerdings auch der Zustieg über den Gletscherweg Innergschlöß. Dieser führt vom Talschluss linker Hand entlang des Wasserfalls aufwärts und mit prächtiger Sicht auf den Großvenediger durch den Gletscherschliff.
Gletscherweg Innergschlöß
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