Schwierige Suche nach guten Hüttenwirten
Aktuell suchen die Alpenvereine für 13 ihrer Hütten neue Pächter, doch diese Suche gestaltet sich oft sehr mühsam. Georg Oberlohr war 20 Jahre lang Hüttenwirt auf der Stüdlhütte am Fuße des Großglockners, jetzt hilft er dem Alpenverein neue Betreiber zu finden und ihnen den Start zu erleichtern. Wir haben nachgefragt, welches Geheimrezept er frischen Hüttenwirten und Hüttenwirtinnen mit auf den Weg geben möchte.
Viele der Hütten im Alpenraum sind im Besitz des Alpenvereins. Allein der Österreichische Alpenverein bewirtschaftet über 230 Hütten, der Deutsche Alpenverein 321. Verbunden durch ein umfangreiches Netz an Wegen und Steigen gehören die Hütten zu den wichtigsten Infrastrukturen für den Bergtourismus. Sie stehen allen Wanderern und Bergsteigern offen, bieten Verpflegung und Unterkunft und sind Anlaufstelle für alpine Notfälle.
Die Hütten des Alpenvereins werden an einen Hüttenwirt verpachtet, der die Hütte bewirtschaftet. Über die Pacht und wie man Hüttenwirt bzw. Hüttenwirtin wird, haben wir bereits berichtet.
Hüttenwirt, Hüttenwirtin gesucht!
Manche Hütten werden vorbildlich geführt. Da merkt der Gast nichts von der ausgeklügelten Logistik im Hintergrund. Die Lieblingspächter der Alpenvereine sind jene, die über Generationen eine Hütte bewirtschaften, sich mit dieser identifizieren und deren guter Ruf ihnen vorauseilt - wie etwa auf der Franz-Senn-Hütte im Stubaital in Tirol.
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Die Alpenvereine suchen aktuell für 13 ihrer Hütten neue Pächter. Mit dabei das Hannoverhaus des Deutschen Alpenvereins hoch über Mallnitz. In nur sieben Jahren versuchten vier Pächter dort ihr Glück – erfolglos. Kein Wunder, dass man sich die Frage stellen muss: Woran liegt das? Sind es zu romantische Vorstellungen, falsche Erwartungen oder Überforderung mit der Komplexität einer Hütte?
Gute Ausbildung versus Pächterfluktuation
Die Alpenvereine bilden ihre Hüttenpächter vorbildlich aus. Da gibt es unter dem Dach der Marke „Alpenvereinshütten“ einerseits das mehrtägige Technikseminar zu den Themen Abwasser, Trinkwasser und Hygiene, Energie und Technik sowie Brandschutz inkl. der behördlich anerkannten Ausbildungen zum Kleinkläranlagenwärter und Brandschutzwart. Andererseits wird zusätzlich die Pächterschulung mit den Schwerpunkten Marketing, Betriebsführung, Kommunikation und rechtliche Grundlagen angeboten.
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Trotz der umfangreichen Ausbildung scheint es ein paar Knackpunkte zu geben, die in der Praxis dann eben nicht funktionieren und dazu führen, dass neue Pächter schon nach kurzer Zeit wieder das Handtuch werfen. Der Deutsche Alpenverein holt mit Georg Oberlohr, ehemaliger Hüttenwirt der Stüdlhütte, nun einen Profi aus der Praxis mit ins Boot. „Das Hannoverhaus ist so etwas wie unser Pilotprojekt in der Zusammenarbeit mit Georg Oberlohr. Wir sind gespannt, wie es sich entwickelt“, meint Robert Kolbitsch vom Deutschen Alpenverein, Ressort Hütten und Wege.
Wir haben mit Georg Oberlohr gesprochen.
Nachgefragt bei Georg Oberlohr
Bergwelten: Georg, du hast dich mit deiner Firma „Hüttenmanagement und Alpintourismus“ vor kurzem selbstständig gemacht. Davor warst du 20 Jahre erfolgreicher Hüttenwirt auf der Stüdlhütte. Wie ist es dazu gekommen?
Georg Oberlohr: Die Familien Oberlohr und Luckner waren in Kals am Großglockner immer schon Alpinpioniere. Ich bin praktisch auf der Lucknerhütte aufgewachsen und habe mitbekommen, wie sich die Alpingeschichte entwickelt hat. Nach meiner Ausbildung im Maschinenbau habe ich die Hütte 1997 übernommen. Ab dem Jahr 1998 haben wir die Stüdlhütte auch im Winter geöffnet und waren damals wieder die ersten, die diesen Schritt wagten. Heute möchte ich meine Erfahrungen weiter geben, denn der Erhalt unserer Hütteninfrastruktur ist mir ein großes Anliegen.
Kannst den Job des Hüttenwirten kurz umreißen bzw. was hat sich im Laufe der Jahre daran verändert?
7 Tage die Woche, von 5.00 Uhr bis 23.00 Uhr arbeiten. Ausgebucht bei schönem Wetter, wirtschaftliche Verluste, wenn es regnet. Eine umfassende Logistik im Hintergrund in Bezug auf Lebensmittellieferungen, Reservierungssystem, Reinigung und vieles mehr ist unumgänglich. Die Hütten werden technisch immer ausgereifter, behördliche Auflage immer höher und die Ansprüche der Gäste ändern sich natürlich auch. Außerdem braucht es in der heutigen Zeit ein ausgeprägtes Umweltbewusstsein, schließlich sind die Hütten Aushängeschilder der Alpenvereine.
Die Alpenvereine bieten umfassende Ausbildungen für neue Hüttenwirte an, warum scheitern dennoch so viele?
Die Ausbildungen sind wichtig und gut, aber auch sehr allgemein. In der Praxis sind viele völlig überfordert, sowohl mit der Technik als auch mit der Logistik. Man darf neue Hüttenwirte nicht alleine lassen. Sie brauchen ein individuelles Konzept für die Hütte, einen Businessplan. Als ich die Stüdlhütte an meinen Nachfolger übergeben habe, hat er von mir reihenweise Listen bekommen über die Technik im Haus, die Eigenheiten der Hütte, die Lebensmittelliferanten im Tal, Kontakte für Notfälle, etc. So etwas gibt es bei den meisten Hüttenübernahmen überhaupt nicht. Jeder soll das Rad neu erfinden und viele neue Hüttenwirte kommen nicht einmal aus der Region, haben keine Kontakte, sprechen einen anderen Dialekt.
Das Hannoverhaus ist Sommer wie Winter mit der Seilbahn zu erreichen. Es ist ein neues Haus, 2014 komplett neu gebaut, technisch am neusten Stand, bietet Platz für 60 Übernachtungsgäste, verfügt über Seminarräume, warmes Wasser und vieles mehr. Warum gibt es ausgerechnet hier eine so starke Fluktuation?
Das hat mehrere Gründe: Zum einen kommen eben manche Pächter mit falschen Erwartungen, die ich mit ihnen im Vorfeld nun schon richtigstellen möchte. Zudem braucht es immer einen Plan für eine Hütte. Wer ist das Zielpublikum, was ist die Besonderheit, das Alleinstellungsmerkmal der Hütte? Das Hannoverhaus bietet sich mit seiner Lage in Verbindung mit der Bergbahn im Sommer als Ausflugsziel für ältere Menschen an, für Kurse und Ausbildungen, oder schöne Abende für Vereine und Firmen. Die Berglandwirtschaft der Umgebung kann die Hütte mit regionalen Produkten versorgen. Sie hat ein unglaubliches Potential, das man nur geschickt nutzen muss.
Neben falschen Erwartungen und fehlenden Ideen sind es oft aber auch die Pachtverträge, die es den Hüttenwirten schwermachen. Ich sehe mich hier als Vermittler zwischen dem Alpenverein und dem Pächter, damit ein wirtschaftliches Führen der Hütte unter der gleichzeitigen Berücksichtigung der Alpenvereinskriterien möglich ist. Der Vertrag soll für beide Seiten gleichermaßen erfüllbar sein.
Wie also gehst du im Fall Hannoverhaus vor?
Im Auftrag des DAV übernehme ich die Suche nach möglichen neuen Pächtern bis zur Endauswahl, die dann der DAV trifft. Konkret bedeutet dies: ich verfasse die Ausschreibung, führe Vorgespräche mit Interessenten und lade zu Bewerbungsgesprächen ein, bei denen schon über konkrete Konzepte nachgedacht wird.
Wie sieht deine Zukunftsvision für neue Hüttenwirte aus?
Ich bin der Meinung, die Alpenvereine sollten sich neue Hüttenwirte heranbilden. Schon in z.B. Hotelfachschulen sollte es möglich sein, die Ausbildung zum Hüttenwirt zu absolvieren, Praktika auf ausgewählten „Ausbildungshütten“ machen zu können und im Endeffekt professionelles Service, auf die Hütte abgestimmte Logistik und Wirtschaftlichkeit mit Ressourcenschonung und Einbindung regionaler Anbieter im Sinne unserer traditionellen Alpinkultur zu verbinden.
Unsere Berghütten stellen das Rückgrat des Sommertourismus dar, viele sind untrennbar mit der Alpingeschichte und unserer Tradition verbunden. Mir ist es ein persönliches Anliegen, die Hütten zu erhalten sowie gutes Service und Professionalität anzubieten.