Bio in den Bergen: Die erste Bio-zertifizierte DAV-Hütte
Das Prinz-Luitpold-Haus liegt auf 1.846 m am Ende des Hintersteiner Tals im bayerischen Oberallgäu. 2019 hat Christoph Erd mit seiner Familie die Alpenvereinshütte übernommen. Zuvor war der gelernte Koch über 14 Jahre Pächter des Staufner Hauses am Hochgrat. Er weiß also was er tut, wenn er jetzt die Hüttenküche auf Bio umstellt. Wir baten ihn zum Interview.
Bergwelten: Christoph, was hat Dich dazu gebracht, auf reine Bio-Küche zu setzen?
Christoph Erd: Wir sind einfach fest davon überzeugt, dass es wichtig ist, Produkte nachhaltig, gentechnikfrei und klimafreundlich zu produzieren. Die Herstellung hat direkte Auswirkung auf unsere Natur, auf das Tierwohl und schließlich auch auf uns. Und auf den Genuss! Nachhaltigkeit, Tier- und Umweltschutz – das schlägt sich im Geschmack nieder.
Du bist gelernter Koch – bist Du damals schon mit Bio in Berührung gekommen oder waren das „noch andere Zeiten“?
Nein, tatsächlich hatte ich zu meinen Lehrjahren schon einen Küchenchef in Füssen, der sich sehr mit vegetarischer Küche und biologischem Anbau beschäftigt hat. Das Thema hat mich eigentlich mein ganzes Berufsleben über begleitet. Aber grundsätzlicher ist noch zu sagen, dass unser elterlicher Bauernhof bereits dem Bioland-Verband angeschlossen war. Die Wertschätzung von Lebensmitteln und ihre nachhaltige Produktion sind bei uns in der Familie fest verankert.
Worin liegen die großen Herausforderungen, jetzt auf Bio umzusteigen?
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Zum einen muss ich betonen, dass wir im Staufner Haus am Hochgrat, wo wir 14 Jahre lang Pächter waren und jetzt auch im Prinz-Luitpold-Haus immer auf regionale Ware gesetzt haben. Aber es war schon ein großer Aufwand, jetzt alles auf Bio umzustellen und das entsprechende Lieferantennetzwerk aufzubauen. Die Logistik muss ja auch abgestimmt werden. Das Prinz-Luitpold-Haus liegt recht alpin. Bei uns fährt man nicht mit dem Auto vor, sondern zur Materialseilbahn am Talende. Aber wir sind jetzt sehr glücklich mit Partnern wie dem Biohof Sonnengund in Hindelang oder den Bio-Backwaren vom Kirchebäck. Wir möchten in Zukunft unsere Lieferanten auch im Haus vorstellen. So haben die Gäste einen direkteren Bezug zu ihrem Essen. So ist es transparent – aber sicher auch einfach schön und interessant.
Was ist besonders schwer zu bekommen?
Tatsächlich ist es durchaus möglich, alles zu bekommen. Die Frage ist eher, wer stellt auch die Logistik bereit, das ist eigentlich eher der Knackpunkt. Aber das hat sich Gottseidank gelöst.
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Ihr seid ein großes Haus mit 268 Schlafplätzen – lässt sich bei so vielen hungrigen Bergsteiger*innen die Bioqualität sichern?
Die 268 Schlafplätze sind offiziell nur noch auf dem Papier aktuell. Derzeit können wir schon durch die Infektionsschutzmaßnahmen nicht alle Plätze belegen. Außerdem haben wir 20 Lager zurückgebaut und es stehen Umbaumaßnahmen an – danach haben wir ca. 160 Schlafplätze. Das ist vor allem einer Qualitätsverbesserung geschuldet. Jeder Schlafplatz hat dann seine eigene Matratze und einfach mehr Platz. Qualität statt Quantität. Ansonsten habe ich es mir nun so ausgedacht, dass es abends ausschließlich Halbpension mit fünf verschiedenen Hauptgängen zur Auswahl gibt, damit wir das in der Küche „gebacken“ bekommen.
Wie sind bisher die Reaktionen der Bergsteiger auf die Bioküche?
Sehr gut. Ganz viele Leute haben sehr positiv reagiert. Ein Gast, zum Beispiel, wollte zunächst nur etwas trinken. Dann schaut er auf die Karte und meint, er isst dann doch was, weil es Bio ist – und hat dann nochmal nachbestellt. Seine eingepackte Brotzeit hat er wieder mit ins Tal getragen.
Werden andere Hüttenwirte nachziehen? Wird Bio vielleicht irgendwann mal zum Standard auf den Hütten werden?
Ich glaube ehrlich gesagt nein. Es wäre zwar schön, aufgrund des Tier- und Klimaschutzes, aber es ist auch ein erheblicher Mehraufwand. Und da braucht es eine gehörige Portion Idealismus, um den auf sich zu nehmen. Viele Hütten haben einfach einen guten Zulauf und die Leute kommen sowieso. Aber wer weiß, man muss ja nicht sofort 100% Bio machen, man kann ja auch mal kleiner anfangen. Vielleicht gibt es den ein oder anderen, den wir anstupsen können.