Sequoias – Ein Trip zu den Mammutbäumen Kaliforniens
Im Sequoia- und Kings-Canyon-Nationalpark wachsen die größten Bäume der Welt. Wilhelm Bootsveld hat sich mit Camper und Fotokamera in die kalifornische Sierra Nevada begeben, um die imposanten – jedoch gefährdeten – Riesen zu erkunden.
Bericht: Wilhelm Bootsveld
Es ist gleißend hell und heiß im San Joaquin Valley in Kalifornien. Selbst in Visalia, nur circa 40 Kilometer Luftlinie von der Sierra Nevada entfernt, ist das Hochgebirge vor lauter Dunst nicht zu erahnen. Erst auf dem Weg nach Osten schieben sich langsam die sogenannten Foothills (Vorgebirge) der Sierra Nevada aus der Ebene ins Bild, bis die Silhouetten der Bergketten zu erkennen sind.
Steil und hoch tritt nun die Sierra Nevada hervor. Nicht allen ist bewusst, dass gleich mehrere Gipfel dieses Hochgebirges im Westen der USA über 4.000 m hoch sind. Mit 4.421 m gilt der Mount Whitney als höchster Berg der Vereinigten Staaten – außerhalb von Alaska.
In den Hochlagen der westlichen Sierra Nevada gibt es auf einer Länge von rund 300 Kilometern in Nord-Süd-Ausrichtung noch etliche Haine, in denen die „Giants“, so werden die Mammutbäume hier auch genannt, wachsen – in der Regel in Mischwäldern. Der wissenschaftliche Gattungsname für die Riesenbäume lautet Sequoiadendron giganteum, kurz Sequoia, und leitet sich von einem Cherokee-Indianer ab. Giant Redwood, oder auch Sierra Redwood, sind wegen ihrer roten Holzfarbe andere bekannte Namen für die sanften Riesen.
Die Sierra-Mammutbäume gedeihen in Höhenlagen zwischen 1.000 und 2.500 m. Dort kommen – vor allem im Winter – reichlich Niederschläge in Form von Schnee für die Wasserversorgung der Mammutbäume zusammen. Die meisten Haine liegen in geschützten Naturparks, einige sind jedoch auch in Privatbesitz – diese versucht man in Naturparks zu überführen. Leider gelten die Sequoias, die zur Ordnung der Koniferen und zur Familie der Zypressengewächse gehören, als vom Aussterben bedrohte Art.
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Sanfte, bedrohte Riesen
Wie der Namenszusatz „giganteum“ schon vermuten lässt, sind die Sequoias die größten Bäume der Erde und somit auch die größten Lebewesen auf unserem Planeten. Es handelt sich um immergrüne Gehölze. Die Rinde besitzt einen hohen Gerbsäuregehalt und schützt sich so vor Ungeziefer und Bränden – und bei ihrem hohen Lebensalter müssen sie so manchen Brand überstehen. Die ältesten Riesenmammutbäume werden über 3.200 bis 3.500, einige sagen sogar 4.000 Jahre alt.
Über das kleine Örtchen Three Rivers fahren wir in die Sierra und den Sequoia Nationalpark. Im Besucherzentrum, dem Foothills Visitor Center, versorgen wir uns erst einmal mit Informationen und einer Park-Map.
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Auf der weiteren Fahrt in die Berge geht es über viele Serpentinen immer höher hinaus. Gelegentlich erhaschen wir von der Straße aus Blicke in das karge und schluchtenreiche Hinterland.
Plötzlich, nach einem letzten Anstieg, stehen die Riesen hinter einer Biegung wie Wachposten vor uns. Wir steigen kurz aus und schauen uns um, bevor wir noch ein kurzes Stück zum „Giant Forest” auf 2.000 m Höhe und seinem gleichnamigen Museum weiterfahren. Hier steht neben vielen anderen Giganten auch der „General Sherman“-Mammutbaum – “the biggest tree in the world” und “the largest living thing on earth”. Geschätztes Alter: 2.300 bis 2.700 Jahre, Höhe: 84 m, Umfang am Boden: 31,3 m, Durchmesser am Boden: 11,1 m.
Mystischer Wald
Nur wenig Licht dringt bis zum Boden durch, so dass im hohen Wald eine mystische, geheimnisumwitterte Atmosphäre herrscht. Es ist ruhig und die Besucher des Nationalparks verlaufen sich in der Weite des Waldes.
Wir mäandern auf dem „Big Trees Trail” durch den Wald und können erleben, dass hier der Boden relativ feucht ist und so den Riesen das notwendige Wasser spenden kann. Viele Bäume zeigen Brandnarben – bestimmt haben sie schon etliche Waldbrände überlebt.
Später holen wir uns im Giant Forest Museum reichlich Informationen zu den Mammutbäumen ein. Ein ausführlicher Besuch in diesem Gebiet, die Haine werden hier „groves“ genannt, nimmt mehrere Stunden in Anspruch.
Damit wir es morgen zum Grant Grove, benannt nach dem Mammutbaum „General Grant Tree”, nicht so weit haben, fahren wir über den „Generals Highway“, der den Sequoia- mit dem Kings Canyon Nationalpark verbindet, in den benachbarten Nationalpark weiter. Dort übernachten wir quasi vor Ort auf dem Azalea Campground.
Der Campingplatz liegt auf ca. 2.000 m Höhe in einem gemischten Hain mit Tannen und Redwoods. Häufig sieht man hier auch Azaleen, kleine Rhododendren, deshalb der Name. Er ist insgesamt recht einfach ausgestattet – immerhin gibt es hier Toiletten mit Spülung, worüber wir froh sind. Einfachere Plätze im Nationalpark verfügen oft nur über ein Plumpsklo.
Worauf wir besonders achten: Man sollte hier keine Lebensmittel im Auto lassen, denn im Kings Canyon- und Sequoia Nationalpark sind hunderte Schwarzbären (Ursus americanus) zu Hause. Sie können die Esswaren aus großen Distanzen riechen und versuchen auch durchaus, an sie ranzukommen. Wie man hört, hat das so manches Fahrzeug nicht gut überstanden.
Hungrige Bären
Zum Schutz vor den Bären sind metallene Schließboxen für Lebensmittel und Hygieneartikel vorhanden. Man sollte sie niemals füttern, und das dient sowohl dem eigenen Schutz, als auch jenem der Bären selbst. Denn wenn sie ihr Fressverhalten und ihren Instinkt verändern, müssen sie unter Umständen sogar getötet werden. Nähere Infos zu Bären erhält man z.B. vom National Park Service.
Im Kings Canyon Nationalpark sind am nächsten Tag zunächst wieder Mammutbäume unser Ziel. Schon nach wenigen Minuten können wir im Grant Cove Bereich auf knapp 2.000 m Höhe parken, benannt nach dem Mammutbaum „General Grant Tree”, dem „second largest sequoia in the world“. Um diese Position konkurriert er allerdings mit dem Mammutbaum „President“.
Als unumstritten gilt hingegen ein anderer Titel des „General Grant Tree”: wegen seines Alters und seiner Größe ist er seit 1926 offiziell „the Nation`s Christmas Tree”, nachdem 1925 ein kleines Mädchen im Selbstgepräch vor dem Baum stehend sagte: „What a lovely Christmas tree that would be”. Mit 3.000 Jahren ist er allerdings weit älter als Weihnachten. Er misst 81,5 m und hat einen Umfang von 32,8 m am Boden. Seine Höhe ist also nur wenig geringer als die des General Sherman Tree, sein Umfang am Boden sogar noch etwas weiter. Seit 1926 wird immer am zweiten Sonntag im Dezember eine kleine Zeremonie unter dem Baum abgehalten, es wird gesungen und gebetet.
Ganz offensichtlich wirkten die Mammutbäume Kaliforniens schon immer so imposant, dass man ihnen eine „staatstragende“ Bedeutung auflud. So sind die größten Sequoias mit Namen versehen, die die amerikanische Geschichte widerspiegeln: Sherman, Grant, President (Harding), Lincoln usw…
Wir spazieren in Ruhe durch den wunderschönen Mammuthain und schauen uns alle Riesenbäume genau an. Ein gut angelegter Naturpfad führt als Rundweg von knapp 1,5 Kilometern Länge durch das hügelige Terrain. Von hier aus gehen auch weitere Wanderwege in den Nationalpark ab. So gelangt man etwa zum „Fallen Monarch“, ein vor über 300 Jahren umgestürzter und zuvor durch Brände ausgehöhlter Redwood. Aufgrund seiner Größe diente er unter anderem seit 1890 einige Jahre lang der US-Kavallerie als Schutzraum und Stallung für 32 Pferde. Die Brandnarben im Innern sind auch heute noch gut zu erkennen.
Über den „Big Stump Entrance“ an der CA-180 kann man den Park Richtung San Joaquin Valley wieder verlassen. Von hier aus fährt man nun Richtung Norden in den Yosemite Nationalpark weiter. Richtung Süden geht es über Bakersfield südlich der Sierra Nevada herum in die Mojave Wüste, ins Death Valley oder nach Las Vegas. Nach Westen hin kommt man an die Küste Kaliforniens und somit nach Los Angeles oder San Francisco. An die sanften Baumriesen der Sierra Nevada wird man im Trubel all dieser Metropolen noch gerne zurückdenken.
Infos und Adressen: Mammutbäume in der Sierra Nevada, Kalifornien
Anreise: Entweder von den Airports an der Westküste Kaliforniens oder von Las Vegas aus. Vom Flughafen von Los Angeles benötigt man ca. 5 Std. bis zum Parkplatz im Giant Forest des Sequoia Nationalpark, von Las Vegas aus sind es rund 7 Stunden.
Beste Reisezeit: Für eine Campingreise in dieser Gegend bietet sich der Herbst besonders an, denn gegenüber dem Sommer lässt die Reiseaktivität der US-Amerikaner in dieser Jahreszeit erheblich nach. Mit Glück ist das Wetter im Herbst relativ stabil, die Tage sind noch mild (die Nächte allerdings kühl oder schon kalt), die Sommergewitter sind vorüber und die Laubverfärbung, die Zeit des „Indian Summers“, erreicht ihren Höhepunkt, oft schon vor schneebedeckten Bergkuppen.
Nationalparks: Die Besucherzentren (Visitor Center) der Nationalparks bieten gute Möglichkeiten zur Information und Orientierung. Schon an den Eingängen erhält man für gewöhnlich Übersichtskarten mit Besichtigungspunkten. Die Eintrittsgebühr in den Nationalparks beträgt 35 Dollar (pro Auto), alternativ gibt es auch den Nationalpark-Jahrespass (für alle amerikanischen Nationalparks) für 80 Dollar pro Jahr.
Camping und Übernachten: Campingplätze gibt es sowohl im Sequoia- als auch im Kings Canyon Nationalpark sowie in ihrer unmittelbaren Nähe, z.B. den Horse Creek Campground am Lake Kaweah. Three Rivers, quasi der Eingangsort zum Sequoia Nationalpark, bietet einige Hotels. Der nächste größere Ort am Sequoia Nationalpark ist Visalia. Rund eine Fahrstunde entfernt bietet er jede gewünschte Infrastruktur mit Hotels, Einkaufszentren usw.
Fotografieren in Nationalparks:
Die Gegend ist einzigartig und abwechslungsreich. Hier erfüllt sich für viele der Traum von der Outdoor- und Tierfotografie. Mit Glück bekommt man einheimische Tiere wie Schwarzbären, Rehe, Kojoten, Kleinsäuger wie Kaninchen, Erdhörnchen und Murmeltiere sowie Vögel vor die Linse. Tiere sind überwiegend nachtaktiv und somit am besten frühmorgens oder am späten Nachmittag bzw. abends zu sehen.
Mammutbäume sind so groß, dass es schwierig ist, sie mit Normallinsen abzulichten. Zudem ist es im Wald recht dunkel und nach oben hin schaut man in Himmel und Sonne, sodass man mit sehr hohen Kontrastwerten und Schattenbildung zu kämpfen hat.
Tipp: Stargazing (Sternegucken). In den Nationalparks gibt es die dunkelsten Nachthimmel in den USA. Die Lichtverschmutzung (light pollution) ist minimal. Die Luft ist klar. Große Städte wie Los Angeles oder Las Vegas sind weit weg. So bietet sich eine Reise in die Sierra Nevada auch an, um das Spektakel am Nachthimmel auf die Speicherkarte zu bannen. Allerdings ist auf der Nordhalbkugel nur von März bis Oktober Milchstraßen-Saison. Im Herbst kann dieser fotografische Spaß ab 20.00 Uhr gelingen.
Umgebung: Die vorgestellten Parks lassen sich gut in eine Kalifornien- oder Southwest-Reise einbinden. Bis zum Yosemite Nationalpark im Norden sind es rund 3,5 bis 4 Stunden Fahrt, bis in das Death Valley braucht man 5,5 Stunden, bis nach San Francisco 6 Stunden.