5 Gründe für den nächsten Italientrip im Camper
Foto: Clemens Dittrich
Wie fühlt sich Freiheit an? Für uns riecht sie nach Zypressen, schmeckt nach Pizza, klingt nach Möwen und ist grün/weiß/rot. Wir, das sind Jungpapa und Bergwelten-Teammitglied Clemens, Vanlife-Mama Conny und Wellnessbaby Oskar. Und warum, lest ihr hier.
Frei sein. Endlich vier Wochen ohne alltägliche Verpflichtungen. Der Bescheid der Behörde mit der Bewilligung für einen Monat Elternzeit liegt noch frisch geöffnet auf dem Tisch, da kreisen schon die Gedanken. Weg in die Ferne und das Abenteuer suchen? Oder zuhause bleiben und die Ruhe finden? „Warum denn nicht beides?“, sagt meine Frau Conny und trifft damit den Kern. Unterwegs und zuhause – geht doch! Camper heißt das Zauberwort.
1. Life is a journey
Unterwegs sein. Hmm, ja geil, gute Idee, aber wohin? Nach Norden, wo es im Mai noch die Elche friert oder doch in den Osten, der wilder ist als der Westen? Die Antwort so früh im Jahr (wir schreiben den 11.5.2018) ergibt sich eigentlich von allein: Süden!
Und wenn schon über die Berge, dann dahin, wo die Berge am aktivsten waren: die Plattentektonik beschenkte Italien nicht nur mit dem größten Alpenanteil aller Anrainerstaaten; sie faltete auch noch den Apennin auf, der sich von den Alpen an Rom und Neapel vorbei bis runter zur Stiefelspitze erstreckt. Dazu Pizza! Und freundliche Tankstellenwärter (die sogar zapfen!). Und der Geruch von Zypressen im Landesinneren! Und das Geschrei der Kutterfischer an den Küsten! Also entschieden wir uns, mit täglich maximal 1,5 h Fahrstrecke – sonst wird Oskar in seiner Babyschale grantig – von Pass zu Pass und Tal zu Tal immer weiter Richtung Dolce Vita vorzuarbeiten.
2. Home is where you park it
Erster Stopp: Trentino. Statt am südlichsten See Deutschlands (Gardasee) mit weiteren zig Tausend Teutonen zu grillen, entschieden wir uns fürs Hinterland (ja, das Wort gibt’s sogar im Italienischen!). Eine der besten Aussichten auf die beeindruckende Brentagruppe hat man vom Lago di Molveno, einem kalten, klaren Gebirgssee abseits der touristischen Alpen-Freizeitparks drum herum. Wir parkten unseren Van auf einer günstigen Area Sosta mitten im Grünen, mit Blick aus dem Aufstelldach. Diese Aussicht aus dem Dachzeltfenster mit Stellplatz inmitten Mutter Natur sollte uns noch mehrfach auf unserem Roadtrip begegnen: Passo Tonale, Hafling, Cascate delle Marmore. Frei stehen in Italien ist eigentlich verboten. Eigentlich. Wir sagen mal so: die italienische Polizei ist – wenn nicht gerade Hochsaison ist – kooperativ, ein paar Brocken Landessprache helfen, für den Rest eignet sich die App „Park4night“, die uns bei der Suche nach Stehplätzen irgendwo im Nirgendwo stets ein treuer Diener war.
Aber zurück zum Thema Wohnlichkeit und Wohlfühlen, von der Werbung als Wohnfühlen entdeckt. Die junge Camper Community bezeichnet die neue Lust am Heim auf 4 Rädern als Vanlife, mit dem Ziel, möglichst gemütlich und individuell abseits der Masse seinen Platz zu finden. Für uns bedeutete dies: nah an den Bergen bleiben, keine fixe Route abfahren, einen Parkplatz mit Aussicht zu finden, die Umgebung erkunden, Füße hoch... und Handy weglegen. Ankommen und weiterfahren wechselt sich ab, frei nach dem Motto: Alles kann, nix muss.
3. Cool Camping
Und was, wenn man mal nichts spontan auf die Schnelle findet? Wenn die Bordbatterie rot und der Abwassertank grün leuchtet? Auch wenn unser Stolz das ein oder andere Mal darunter litt: Campingplätze sind ja generell nichts Verwerfliches (zumindest wissen wir von keinem Bekannten, der von der Gesellschaft verstoßen wurde aufgrund multipler Nächtigung auf einem Kiesplatz der Alten). Die Challenge besteht eher daraus, einen Platz zu finden, der neben rollenden Rentnern auch die U40 Generation anspricht.
Auch wenn wir bis heute noch nicht am Stein der Weisheit geleckt haben; gute Ansätze für uns waren wie folgt: 1. Orte ansteuern, die ein aktives Publikum ansprechen. Latsch in Südtirol zum Beispiel die Mountainbiker, Levanto in Ligurien die Surfer. 2. Am Wochenende Städte anfahren und sich beim Aperitivo unters junge Volk mischen – wir empfehlen Lucca, Perugia, Rom und Bergamo für einen Giro am Samstagabend. 3. Isola di Giglio. Geheimtipp! Hier hat ein junger Österreicher den einzigen Campingplatz aufgemöbelt und verjüngt. Keine Ablenkung, kein Halligalli, nur entschleunigen und entschleunigt werden.
4. The great Outdoors
Entschleunigung in allen Ehren, aber manchmal mussten selbst wir auf die Tube drücken (hüstel-hüstel!): beim Kochen. Und was haben wir es abgefeiert. Zum betanken parkt man den Camper direkt vorm Supermarkt, der bis zur Ladekante gefüllte Einkaufswagen verschwindet ohne Umwege in den Einbauschränken und wenn einen der kleine Hunger packt, legt Person A (Conny) schon los mit zwei Pfannen, während Person B (Clemens) noch die Handbremse zieht – und Person C (Oskar) nörgelt, weil sein Schnulli im Sitz verschwunden ist.
Als Leitfaden hat sich für uns bewährt: auf jede gekaufte Pizza – und das waren nicht wenige! – kommen zwei gekochte Teller Pasta. Wer zum Beispiel die Cinque Terre durchwandert hat, sollte zwingend in einem der Prodotti Tipici-Spezialitätenläden frische, regionale Pasta und Pesto Genovese erwerben: drei Minuten Zubereitungszeit, 10 Minuten Ekstase im Mund beim Essen! Auch geil war die Dorade, die wir am Monte Argentario direkt vom Kutter geholt haben, gut gekühlt im Bordkühlschrank quer durch die Toskana transportierten, um sie an Europas höchsten (und von den Römern angelegten) Wasserfällen im Landesinneren zu mampfen: am Ort, der von allen italienischen Orten wohl am Weitesten vom Meer entfernt liegt!
5. Drive your adventure
Man sagt ja, die Männer sind die Antreiber. Stimmt nicht ganz, zumindest bei uns. Oskar sitzt so gerne – Kraxe, Radlanhänger, Ergobaby - und mir hat es die Kaltschaummatratze im Heck angetan. Daher hat sich Conny kurzerhand zur Sportministerin selbst ernannt. In Levanto hat sie die stillgelegte Eisenbahnstrecke entdeckt, die man per Rad an der Küste entlang fahren kann. In entgegengesetzter Richtung verläuft der Höhenwanderweg, der die fünf Orte der Cinque Terre miteinander verbindet. Unsere Erkenntnis: Eine Etappe genügt mit Baby.
Generell kann man sich die Strecke, die man sich vornimmt, mit Baby gleich mal halbieren. So auch bei unserer Wanderung von Montepulciano nach Pienza: in Monticchiello – zugegeben mit Wahnsinns Blick über das Val d’Orcia – war Sense mit Anhang. Und auch bei der neu entwickelten Radroute Grand Tour Rando in Umbrien reicht mit Radanhänger die Promoroute: 34 km klingt wenig, mit kindgerechtem Stopp am Lago di Piediluco („dodo“ laut Oskar) und Fotopausen bei Arrone – einem der schönsten Borghi d’Italia laut Ortsschild – reicht der Rundweg locker aus, um sich glücklich zu strampeln.
Würden wir den Trip nochmal machen? Sofort! Genauso? Wahrscheinlich. Noch immer klingt uns das Lied des italienischen Nationalrockbarden Ligabue nach, der trällert: „I campi in Aprile, promettono bene.“ Oder frei ins Vanlifedeutsch übersetzt: „Campen im April? Lässt sich gut an.“ Aber im Mai wird’s dann erst richtig geil! Wir sehen uns südlich des Espressoäquators.
Alle Überschriften sind Buchtitel, die uns zu diesem Roadtrip inspiriert haben. Wer möchte, sucht danach im gut sortierten Buchhandel.
Hier noch 5 weiter nützliche Tipps und Links:
- Park4Night App
- Campeggio Bala del Sole auf Giglio
- Radrundkurs Grand Tour Rando
- Wanderwegnetz Cinque Terre
- zweitältester Antiquitätenmarkt Italiens in Lucca.
- Alpinwissen
Tränen im Paradies
- Berg & Freizeit
Last-Minute-Geschenke für Bergmenschen
- Berg & Freizeit
Klettern und Radeln: Mikroabenteuer in der Wachau
- Berg & Freizeit
Audienz bei König Ortler
- Berg & Freizeit
Schönwetter kann jeder: Skitouren-Auftakt mit Camper