(6) Nockberge-Trail: Winter, Weite, Wildnis
Ein Streifzug durch die Nocken: Wer raue Natur und Einsamkeit mit den Annehmlichkeiten komfortabler Hotels verbinden möchte, findet im Nockberge-Trail sein ideales Vorhaben. In 4 Etappen führt der neue Trail durch die Kärntner Nockberge. Teil 6 des Skitouren-Tagebuchs.
Der Charme einer Durchquerung liegt ja darin: Irgendwann gibt es kein Zurück mehr. Anders als bei klassischen Gipfeltouren kann man nicht einfach umkehren, wenn Kraft oder Muße einen verlassen. Wer von A nach B geht, muss da durch. Irgendwie. Auffellen, abfellen, auffellen, abfellen. Die Nockberge in Kärnten kann man sich tatsächlich wie kleine Nocken vorstellen. Sanfte Hügel, nie übermäßig steil oder herausfordernd. Aber weit. Und wild.
Jeder Kilometer eröffnet neue landschaftliche Eindrücke, man ist ausgesetzt in der Natur. In einer Landschaft, wo wir in vier Tagen keine andere Menschenseele angetroffen und keine Spuren vorgefunden haben. „Man sieht weit und breit nichts. Außer Berge. Jedes Tal eröffnet Einsamkeit und ist wunderschön. Das bereitet Freude im Herzen“, schwärmt auch Bergführerin Elisabeth Fürstaller.
Unendliche Weite
Die gebürtige Pinzgauerin lebt schon seit mehr als 18 Jahren in Kärnten und kennt den neuen Nockberge-Trail genau. Zu unterschätzen ist die viertägige Durchquerung nicht. „Der Trail ist nur technisch leicht. Alles andere ist durchaus anspruchsvoll“, weiß Elisabeth „Lisi“ Fürstaller. Die Etappen sind lang. Bis zu 20 Kilometer müssen pro Tag bewältigt werden – inklusive Anstiegen bis zu 1.000 Höhenmetern. Und immer wieder gilt: Auffellen, aufsteigen, abfellen, abfahren, auffellen, aufsteigen, ... Aber das ist es eben, was die Nockberge auszeichnet.
Man dringt in eine unendliche Weite ein und ist ganz für sich. Und das obwohl ausnahmslos alle Etappen ihren Ausgang in Skigebieten nehmen. Vom Katschberg führt der Trail über Innerkrems, die Turracher Höhe und den Falkertsee bis nach Bad Kleinkirchheim. Doch kaum vom Skigebiet abgezweigt, findet man sich in der Weite der Wildnis wieder.
Und hier ist auch das Orientierungsvermögen gefragt. „In den Nocken kann man sich bald einmal verlaufen“, erzählt Lisi. Bei schlechter Sicht wird die Begehung zur Herausforderung. Auch bei Kälte, wie wir bei unserer ersten Etappe feststellen. Minus 25 Grad hat es, als wir morgens vom Katschberg aufbrechen und mit der Aineckbahn auf 2.220 m auffahren. Es ist eine Kälte, die klamme Finger macht. Noch zwei Tage später fühlen sich die Fingerkuppen an, als hätte jemand mit dem Hammer darauf geschlagen.
Ein Opfer, das man angesichts des Panoramas zu bringen bereit ist. Hohe Tauern, Nockberge, Karawanken, Julische Alpen – eine schier unendliche Gipfelkette breitet sich um uns herum aus. Wir steigen auf den Teuerlnock auf, fahren ins Laußnitztal ab – dann steht der Hauptanstieg durch lichten Lärchenwald und über freie Hänge zum Gipfel der Schwarzwand (2.214 m) an.
Wildnis trifft Wellness
Die anschließende Überschreitung des markanten Höhenrückens bis zur Zechnerhöhe zählt zu den schönsten Abschnitten des gesamten Trails. Kälte und Einsamkeit, stundenlang. Und plötzlich, ganz unvermittelt, stehen wir im Skigebiet von Innerkrems. Zivilisation. Menschen. Hotels. Auch das ist eine Besonderheit des Nockberge-Trails. Er verbindet die Weite der Nockberge mit den Annehmlichkeiten komfortabler Hotels.
Jeden Tag wird ins Tal abgefahren, die Unterkünfte können modular gewählt werden. Damit ist der erste online buchbare Skitouren-Trail eine maßgeschneiderte Angelegenheit. Man kann selbst entscheiden, wann man welche Etappen gehen und wo man nächtigen möchte. Die raue Natur und weite Wildnis des Biosphärenparks prägen die Tage, Wellness, Wärme und Kulinarik die Abende. Auch nicht schlecht: Wer den Trail online bucht, kommt in den Genuss von Gepäck- und Shuttle-Service.
Wieder aufgewärmt starten wir in den zweiten Tag. Nicht ohne Grund wird diese Etappe auch die „Königsetappe“ genannt. Mit 2.336 m markiert der Königsstuhl den höchsten Punkt des Trails. Es ist immer noch kalt, hinzu kommen heute auch noch Sturmböen mit bis zu 80 km/h. Daher lautet die Devise: In Bewegung bleiben.
Zu bewältigen gibt es genug: Der Höhenrücken des Königsstuhls will in Richtung Süden überschritten werden, es folgt eine Abfahrt in die Stangscharte, dann neuerlich ein kurzer Aufstieg zum Gipfel des Gregerlenocks (2.296 m) und wieder eine Abfahrt zur Pregathütte. Talauswärts geht es durch lichten Zirbenwald noch einmal 200 Höhenmeter bergan, dann ist es geschafft und man findet sich im Skigebiet der Turracher Höhe wieder. Und das verheißt nun wieder: Sauna, Hotelzimmer, üppiges Mahl.
Nocken-Liebe
Nach Eiseskälte und arktischem Wind hält Etappe 3 Nebel bereit. Immer wieder zieht es zu, während wir auf die Steinhöhe (2.200 m) steigen und den Höhenrücken bis zur Hundsfeldscharte und in weiterer Folge bis zum kleinen Skigebiet Falkertsee überschreiten. Dafür dann die große Belohnung an Tag 4: Sonne. Wärme. Licht. Es ist die kürzeste Etappe des Trails, das Ziel ist mit Bad Kleinkirchheim erreicht. Und auf einmal überwältigt uns ein tiefes Glücksgefühl: Ziel.
Vier Tage lang hatten wir es bei mitunter fordernden Bedingungen vor Augen, nun haben wir es erreicht. Etwas eingeschüchtert von unserer Rückkehr in die Zivilisation hat sich doch etwas nachhaltig in uns festgesetzt: Das Gefühl für Weite. Und Wildnis. Und eine aufkeimende Liebe zu den Nocken.
Die Etappen im Detail:
Nockberge-Trail - Etappe 1: Katschberg - Innerkrems
Nockberge-Trail - Etappe 2: Innerkrems - Turracher Höhe
Nockberge-Trail - Etappe 3: Turracher Höhe - Falkertsee
Nockberge-Trail - Etappe 4: Falkertsee - Bad Kleinkirchheim
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