9 Gründe warum du an einem Rennrad-Camp teilnehmen solltest
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von Martin Foszczynski
Ein Rennrad-Camp mag nach Drill klingen, ist in Wirklichkeit aber eine Riesen-Gaudi. Bergwelten-Redakteur Martin Foszczynski hat – mit so manchem Promi und Profi – im Aktivhotel Marko am Klopeiner See eingecheckt und einige Tage des gemeinsamen Radelns durch Südkärnten ausprobiert. Warum das zwar durchaus weh, aber auch sehr guttut, verrät er euch hier.
1. Weil du die schönsten Regionen (neu) entdeckst
Wenn man an einem Rennrad-Camp in Südkärnten teilnimmt, kann es einem passieren, dass man auf zwei kantige Dudes und eine durchtrainierte Lady aus dem Rennrad-Traumziel Südafrika trifft. Und die schwärmen einem dann vor, wie großartig sie es hier zum Radeln finden: die malerische Landschaft, die vielen Radwege, die schönen Seen und natürlich das angenehme, wie für Rennradler gemachte mediterrane Klima.
Wenn es Radler tausende Kilometer weit aus Kapstadt an den Klopeiner See zieht, sollten wir unsere eigenen Breitengrade erst recht erkunden. Effizienter als im Rahmen eines mehrtägigen Camps in der Gruppe – geführt von ortskundigen Guides, die sowohl die schönsten, als auch Insider-Routen intus haben – geht das kaum. Auf täglichen Touren zwischen 50 und 150 Kilometer (je nach Leistungsgruppe) kommt man auch wirklich ganz schön rum.
2. Weil „Speed-Dating“ endlich Sinn macht
Hätte ich jemals im Leben den größten „Ulle“-Fan aus Lahnstein im Rheinland kennengelernt? Den ehemaligen Profi-Zeitfahrer mit dem Oberschenkel-Umfang eines Bierfasses? Die süße Triathletin, mit der man sich stundenlang übers Reisen unterhalten kann?
Im Peloton gehen die Gesprächsparter niemals aus. Und anders, als im echten Leben, ist die Hemmschwelle einer Kontaktaufnahme (wie auch des Abbruchs) denkbar gering: zweimal kräftiger reinkurbeln reicht für das eine, einmal aussetzen für das andere. Der Begriff „Speed-Dating“ macht im Sattel endlich Sinn! Nach einigen Tagen des gemeinsamen Tretens und Tratschens bei Ausfahrten und Abendessen wird man sich von neuen Freunden verabschieden und zu baldigen gemeinsamen Ausfahrten verabreden.
3. Weil alle gleich sind, aber jeder der Beste sein will
Promi? Profi-Rennradler? Ach was! Am Hinterrad werden alle Berührungsängste weggekurbelt. Hier zählt nur die Freude am gemeinsamen Fahren und – na ja – am Kräftemessen natürlich auch!
Blöd nur, wenn Promis zugleich erstklassige Rennradfahrer sind, so wie TV-Winzer Leo Hillinger, neben dem man sich grundsätzlich vorkommt wie ein Kindergartenkind. Auf dem Rad spult er jährlich 10.000 Trainingskilometern zwischen Neusiedlersee und Südafrika ab, als Ausgleich zum 18-Stunden-Arbeitstag quasi. Als Draufgabe gewann er kürzlich mit der Cape Town Cycle Tour das größte Radrennen der Welt in seiner Altersklasse. Und wer hätte vermutet, dass Snowboard-Ass Benjamin Karl eine derartige Rennrad-Rakete ist und in seiner Jugend sogar Regionalmeisterschaften fuhr? Gut, dass es in Rennrad-Camps mehrere Leistungsgruppen gibt, sodass sich für jeden die passende Konkurrenz findet.
4. Weil Profis mal aus dem Nähkästchen plaudern
Am abendlichen Stammtisch im Hotel Marko sitzt mir Ex-Profi „Paco“ Wrolich gegenüber. Der Mann fuhr mehr als 10 Jahre in Profi-Teams und ist fünf Mal bei der Tour de France gestartet. Da schwenkt er nun also seelenruhig sein Weißweinglas, während er erzählt, dass er Wettkämpfe – im Gegensatz zum Training – eigentlich hasste und, dass beim berüchtigten Brachial-Klassiker Paris-Roubaix nach 250 Kilometern über Kopfsteinpflaster nicht etwa die Beine am allermeisten schmerzten, sondern die Hände, weil sie vom Staub aufgescheuert waren. Na Prost! Herr Ober, noch ein Achterl bitte.
5. Weil Schinden und Schlemmen wunderbar zusammenpasst
„Gewonnen hat nicht der Schnellste, sondern wer die Kombiwertung für sich entscheidet“, stellt Wadl-Winzer Leo Hillinger am ersten Abend klar. Und die besteht bitte aus Radeln und Weintrinken.
Nicht jedes Rennrad-Camp mag eine Verkostung edler Hillinger-Tropfen aus dem Burgenland beinhalten. Auf eine gelungene Kombination aus Kilowatt und Kulinarik darf man sich aber in den meisten Fällen freuen. So kann man sich bei der Gastgarten-Rast auf der Tour ebenfalls „durchs Land kosten“, wie beim üppigen Dinner oder Buffet am Abend, wo der Energiespeicher mit allerlei Schmankerl aus der Region wieder aufgefüllt wird.
6. Weil man wertvolle Kilometer und Höhenmeter sammelt
Ob ein Start beim Amateurrennen oder nur die Sonntags-Ausfahrt mit Freunden, auf der man den anderen beim Ortstafel-Sprint das Rücklicht zeigen will: In einem Rennrad-Camp können in geballter Form wertvolle Trainingskilometer und -höhenmeter gesammelt werden, die einem später zugutekommen.
Nicht zufällig finden die meisten Camps relativ früh in der Saison statt. Das tägliche Pensum liegt zwischen 50 und 150 Kilometern. Unterschiedliche Leistungs-Gruppen (zumeist 3) sorgen dafür, dass beim Metermachen niemand unter die Räder kommt bzw. abreißt. Hängt man sich leichtsinnig an den „Hillinger-Haselbacher-Express“ an, kann das allerdings durchaus der Fall sein. Deshalb: Lieber mal vorsichtig einsteigen und erst am zweiten oder dritten Tag mit den „Großen“ mitfahren.
7. Weil man auch einmal Bergkönig sein darf!
Ich weiß nicht mehr, was mich geritten hat, als ich auf der Bergwertung der Ironman Austria Radstrecke plötzlich in die Pedale stieg, während sich alle anderen in den Sattel fallen ließen. Jedenfalls war ich plötzlich am Hinterrad von Guide Alfi – dem Ex-Profi – und jetzt gab es einfach kein Zurück mehr. „Ob sich der Anstieg noch lange zieht“, erkundigte ich mich nach Luft schnappend, aber höflich – es sei nämlich ein Missverständnis, dass ich da an seiner Seite kurble. „Ach, nur noch ein Stückerl“.
Die Qual hat sich ausgezahlt! Oben gab’s zwar nur Pinkelpause statt Siegerbussi. Aber nie war das Erleichtern mit einer schöneren Aussicht bereichert und mit einem erhabeneren Gefühl gekrönt. Dem Wissen nämlich, dass man sich den Respekt der nacheinander Eintrudelnden erarbeitet hat. Zumindest bis zum nächsten Berg.
8. Weil man gemeinsam stark ist
Während am Berg jeder zeigen darf, wieviel Schmackes in seinen Wadeln steckt, sind dazwischen andere Qualitäten gefragt. Hier besteht die Challenge im geschlossenen Fahren in der Gruppe – und das will geübt sein!
Windschattenfahren, vorausschauend lenken, auf Hindernisse aufmerksam machen, Abgerissene melden – Gruppenausfahrten sind eine Schulung in Sachen Konzentration. Belohnt wird das mit dem erhabenen Gefühl, als Summe aller Teile durch die Landschaft zu rollen – manchmal sogar unter den bewundernden Blicken und Anfeuerungsrufen der Normalsterblichen am Straßenrand. Von diesem „Flow“ kriegt man nicht genug – und er beflügelt die eigene Leistung.
9. Weil man sich die Besten (und Zweitbesten) zum Vorbild nimmt
Zugegeben, wenn einen Leo Hillingers linker Arm auf der Schulter in ernsthafte Gleichgewichtsschwierigkeiten bringt, ist es mit der eigenen Fitness wohl nicht optimal bestellt – von seinen Oberschenkeln reden wir an dieser Stelle erst gar nicht. Aber es motiviert auch! Was spricht eigentlich dagegen (sehr viel!), schon mit dem Rad statt Auto zum Camp nach Südkärnten anzureisen – in seinem Fall 380 km aus Jois am Neusiedlersee? Man muss sich nur ein Scherzerl der Motivation dieses Mannes abschneiden – und das ist immer noch ein großes Stück!
Und die anderen? Vermutlich wird Fredy aus Lahnstein genauswenig wie ich jemals das Hinterrad eines Profis wie Bernhard Eisel halten können. Doch er lebt, denkt und atmet Rennradfahren, 24 Stunden am Tag. Und das steckt an. Noch wichtiger als Leistung ist: Leidenschaft. Wir sehen uns am nächsten Rennrad-Camp!
Rennrad-Camp mit Leo Hillinger
Auch dieses Jahr findet am Klopeiner See wieder ein Radler-Treffen mit Top-Athleten wie René Haselbacher und Paco Wrolich statt (22.-26. Mai). Unter dem Motto Bike & Wine wird Leo Hillinger die Gaumen kitzeln und die Wadeln martern.
Infos uns Anmeldung:
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