Bären, Brenta, Dolce Vita: Bergsteigen im Trentino
Foto: Christina Geyer
von Christina Geyer
Italien. Das weckt erst einmal Gedanken an Rotwein, römische Artefakte und La Dolce Vita. Aber Italien ist mehr als nur das. Im Norden liegt eine Provinz, in der sich die Klassik Italiens mit der Schönheit der Berge verbindet: Das Trentino. Im Tal breiten sich Wein- und Obstgärten aus, auf den Gipfeln die brüchige Bergwelt der Dolomiten. Eine Reise-Reportage aus dem Paradies.
Das Trentino ist besonders. Seine Bewohner sehen sich zuallererst als Trentiner, nicht als Italiener. Hier ist alles ein bisschen anders. Gegessen wird nicht erst um 21:00 Uhr, sondern durchaus schon frühabends. Der Wein schlechthin heißt Trento DOC. Er ist nicht rot, sondern weiß und prickelnd. Die Hütten servieren Pasta und Polenta. Mittendrin liegt Andalo, ein 1.000-Seelen-Dorf, zwischen der gut erschlossenen Paganella und der wilden Brenta-Gruppe. Letztere ist so unberührt, dass es hier sogar wieder Bären gibt. Nachdem nachweislich nur noch zwei von ihnen am Leben waren, wurden in den 1990er-Jahren 10 Bären aus Slowenien im Trentino angesiedelt. Ihr Bestand ist mittlerweile wieder auf über 50 Exemplare angewachsen.
Man kann gut verstehen, warum sie sich hier wohl fühlen. Während es die Massen nach wie vor zu den Drei Zinnen zieht, trifft man in der Brenta allenfalls vereinzelt auf kleine Gruppen ehrgeiziger Kletterer. Kein Wunder, denn die Brenta eröffnet ein Paradies aus schroffem Fels, senkrechten Türmen und massiven Felswänden. Der markanteste Felsturm ist zweifelsohne die Campanile Basso (2.883 m), auch Guglia di Brenta genannt. Sie hat bereits Freikletterer Paul Preuß in ihren Bann gezogen, 1911 vollzog er die Erstbegehung der Ostwand – in klassischer Preuß-Manier natürlich Free-Solo. Man könnte auch etwas überspitzt formulieren: Die Wahnsinnigen, die Berg-Freaks, trifft man in der Brenta.
Zum Beispiel Franco Nicolini. Seit 6 Jahren bewirtschaftet er das Rifugio Pedrotti (2.491 m) am Fuße der Cima Brenta Bassa (2.809 m). Er ist aber nicht nur Hüttenwirt, sondern auch Rekordhalter. In nur 60 Tagen hat er alle 4.000er der Alpen bestiegen, immerhin 82 an der Zahl. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Tochter Elena steht ihrem Vater in nichts nach. 2012 hat sie im Rahmen der Europameisterschaft im Skibergsteigen den 3. Platz belegt. Gemeinsam sind sie nahezu unbesiegbar.
Touren in der Brenta
Sentiero attrezzato Livio Brentari
Sentiero Brentari und Sentiero dell'Ideale
Franco Nicolini bringt selbstangesetzten Latschenkiefer-Schnaps an den Tisch. Während er ausschenkt, erzählt er, wie er mit Elena nach einem 14-stündigen Arbeitstag auf der Hütte um 21:00 Uhr losgezogen ist, um noch schnell die Campanile Basso zu besteigen. Im Gepäck: 2 Stirnlampen und 2 Expressschlingen. „Stress hat man auf der Hütte, nicht am Berg“, sagt er.
Recht hat er. Stress erzeugt höchstens die Fülle an Möglichkeiten, aus der man eine Tour wählen muss. Der Kreativität sind aber zum Glück keine Grenzen gesetzt. Klettersteig? Bergsteigen? Klettern? Man kann alles haben. Zum Beispiel: Über das Rifugio S. Agostini (2.410 m) zu einem der ältesten Klettersteige der Region wandern und über die Ferrata Brentari zum Fuße der Cima Tosa steigen, die mit 3.173 m die höchste Erhebung der Brenta-Gruppe darstellt. Sie wird in leichter Felskletterei erreicht. Nach rund 1.400 Höhenmetern geht es schließlich über Geröll bergab zum Rifugio Pedrotti, wo man sich dann verdienterweise von Franco Nicolini mit Schnaps und beeindruckenden Geschichten versorgen lassen kann. Vorausgesetzt natürlich, dass er nicht zu einer nächtlichen Bergtour aufbricht.
Infos und Adressen: Brenta, Trentino (Italien)
Anreise: Mit dem DB/ÖBB-EuroCity nach Trento. Von dort mit dem Auto oder Shuttle in cirka 40 Minuten weiter nach Andalo.
Hütten in der Brenta-Gruppe:
- Rifugio S. Agostini (2.410 m)
- Rifugio Pedrotti (2.491 m)
Bergführer:
Geführte Reisen in die Brenta:
Die Reise erfolgte auf Einladung des DAV Summit Clubs und Trentino Marketing
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