Salto mit Erbsensuppe
Du kommst rein als Skifahrer, solltest aber besser Eisläufer sein. Warum Skihütten für unseren Autor die Hölle sind.
Tief verschneit liegt die einsame Landschaft vor dir. Von der Dachrinne hängen schwere Eiszapfen, aber dir ist warm ums Herz. Du bist ja drinnen. Leise knackt das Feuer im offenen Kamin, und während du eine Flasche Bollinger köpfst, krabbelt am Eisbärenfell bereits erwartungsvoll ein russisches Topmodel herum.
Jaja, so ein Skihütten-Idyll gibt’s. Das ist aber James Bond und solchen Typen vorbehalten. Ich verkehr immer nur in alpinen Autobahnstationen, in denen ich mich mit Tausenden anderen um Erbsensuppe und Germknödel anstellen muss. Dort, an der Selbstbedienungsmeile, kann ich zwar stundenlang gefahrlos warten, weil ich nicht vor dem KGB flüchten muss. Ich hasse es aber trotzdem.
Skihütten sind für mich die Hölle. Schon beim Abschnallen im Dickicht der kreuz und quer wachsenden Ski und Stöcke bin ich ang’fressen. Denn nun heißt es einen Platz finden, wobei folgende Regel gilt: Scheint die Sonne, kriegst du nur drinnen was, bei Graupelschauer nur draußen – wenn überhaupt.
Beide Wetterlagen sorgen aber in jedem Fall für einen herrlich glatten Fliesenboden, der in jeder Skihütte vermutlich zwingend verlegt werden muss – zwegn da Gaudi. Ist ja auch wirklich witzig. Du kommst rein als Skifahrer, solltest aber besser Eisläufer sein.
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Am gefährlichsten ist die Bahn zu den Toiletten, die sich fast immer ein, zwei Stockwerke und viele, viele Stufen weiter weg befinden. Ich hab daher meiner Familie verboten, aufs Klo zu gehen. Auch wegen der kilometerlangen Schlange bei den Damen. Ich mein, geht nur die Geliebte, ist der halbe Nachmittag hin, sind auch noch unsere beiden Mädels dabei, kannst du den Skitag komplett vergessen.
Heißt aber nicht, dass es mit Buben kein Gscher gäbe. Die kommen zwar fast ohne Zeitverlust ans Ziel, sind jedoch meist weniger geschickt im Umgang mit aufgeknöpften Latzhosen oder fetten Skianzügen, aus denen sie sich halb herausgeschält haben. Da strullert der Zwerg dann schon mal auf seine Daune oder lässt einen Anorakärmel ins Urinal baumeln.
Aber wie gesagt, ich bewahre die Meinigen vor solchem Unglück. Und auch den zweitgefährlichsten Eisparcours darf nur einer betreten: ich! Du rutschst dabei von der Kassa zu deinem Tisch, und auch wenn die Distanz locker zu packen wäre, so darf doch nicht vergessen werden, dass man ja auch noch ein riesiges, hässlichbraunes Tablett zu balancieren hat, auf dem sich Pommes, Gulaschsuppe, Bier und dergleichen mehr türmen.
Im Wesentlichen gibt es zwei Varianten, die Strecke sicher zu bewältigen: zappeln oder gleiten. Solange ich noch rüstig bin, bevorzuge ich die Skating-Technik.
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Bringt aber auch nur dann den gewünschten Erfolg, wenn nicht plötzlich, sagen wir ein Neuankömmling mit angelaufener Brille, in deine Anflugschneise torkelt. Der Eisschnellläufer, der mit weit vornübergebeugtem Körper und einer Hand am Rücken zum Servieren von Speis und Trank ansetzt, muss dann nämlich auch noch seine Fähigkeiten als Eiskunstläufer unter Beweis stellen.
Meine Kür enthielt zwar den eingesprungenen Rittberger, Salto rückwärts gehockt, einen dreifachen Salchow sowie Axel und Lutz (immer mit Tablett!), die plumpe Sitzpirouette am Ende und die Sauerei überall drückte allerdings die Punktezahl.
Was soll ich sagen: Kloverbot genügt nicht. Die Meinigen haben jetzt auch noch Hüttenverbot.
Zum Autor: Zum Autor: Harald Nachförg, geboren 1961 in Wien, ist Kolumnist, Autor und leidenschaftlicher Wanderer mit leichtem Hang zum Fehltritt. Seine Kolumne „Abwärts mit Nachförg“ erscheint seit 2015 regelmäßig im Bergwelten-Magazin, wo er mit viel Witz und Freude erzählt, worüber er so stolpert auf seinem Weg zum Gipfel.