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David Lama: Über Jim Bridwell

• 3. Mai 2019
2 Min. Lesezeit
von David Lama

Mit Jim Bridwell starb Mitte Februar 2018 eine Bergsteigerlegende. David Lama und ihn verband nicht nur der Traumberg Cerro Torre, sondern auch der Zugang zum Abenteuer (erschienen im Bergwelten Magazin April/Mai 2018).

David Lama erklimmt den Cerro Torre 2009
Foto: Corey Rich / Red Bull Content Pool
David Lama erklimmt den Cerro Torre 2009
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Der amerikanische Kletterer und Alpinist Jim Bridwell prägte mit seinen Erstbege­hungen den Ruf des Yosemite Valley in Kalifornien. Zu seinem unkonventionellen Auftreten passte, dass er in Kletterbelan­ gen konfrontativ und kernig Partei ergriff; etwa im Jahr 2012, als Hayden Kennedy und Jason Kruk in der „Kompressorroute“ am berühmten Cerro Torre in Argentinien einen großen Teil der Bohrhaken des Erst­ begehers Cesare Maestri abschlugen, die in ihren Augen den Berg „entweiht“ hatten. Bridwell verurteilte diese Aktion scharf. Er warf den beiden vor, die individuelle Freiheit anderer aggressiv zu unterdrücken, um ihre eigenen moralischen Ideale durch­ zusetzen.

Bridwell war 1979 zusammen mit Steve Brewer die erste Wiederholung der Kom­ pressorroute gelungen, im Alpinstil. Ihm stand ein solches Urteil durchaus zu.

Auch wenn es nicht meine Art ist, mei­ne persönliche Meinung lautstark über die anderer zu stellen, gibt es doch in einigen Punkten Parallelen in unserem Denken: Für Bridwell waren Erstbegehungen die Königsdisziplin des Alpinismus. Das sehe ich genauso: Das Abenteuer ist dann am größten, wenn ich nicht weiß, was auf mich zukommt. Zur Entfernung der Bohr­haken am Cerro Torre schrieb er: „Eine Erstbegehung setzt einen Standard und ist ein Vermächtnis ihrer Zeit, deshalb sollte sie nicht verändert, sondern erhalten wer­ den.“ Auch das kann ich nur unterschrei­ ben. Wir sollten Respekt haben vor dem, was unsere Vorgänger gemacht haben. Ich kann sehr gut nachvollziehen, was Jason und Hayden dazu gebracht hat, die Haken abzuschlagen, aber gleichzeitig würde ich mir so etwas nicht anmaßen.

Die zentrale Frage lautet doch: Mit wel­chen Mitteln darf man einen Berg bestei­gen? Ich glaube, es ist nicht zielführend, hier allgemeingültige Regeln aufzustellen, zumal eine der wichtigsten Komponenten für eine Erstbegehung die uneingeschränk­te kreative Freiheit ist.

Man sucht sich selbst eine Linie, defi­niert einen Stil und versucht schlussend­lich, seine Vorstellung in die Realität um­ zusetzen. Solange man seiner Idee dabei treu bleibt, kann von mir aus jeder machen, was er will.

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Bridwells Spitzname „The Bird“ steht für seine zweite Leidenschaft neben dem Klettern: Er beobachtete Vögel und be­wunderte vor allem Falken. In frühen Jah­ren soll er geklettert sein, um zu Vogel­ nestern zu gelangen.

Ich bin ihm zwar persönlich nie begeg­net, aber für mich hat sein Spitzname auch noch eine andere Bedeutung: Sein Ideal war Freiheit, und Klettern war sein Weg, frei wie ein Vogel zu leben.

Ich denke, dass jeder das Recht hat, sich selbst auszudrücken. Für eine Erstbegehung heißt das, sie so machen zu können, wie man es für richtig hält, als eigene Version, als eigene Vision. Das ist die volle Freiheit, die man sich als Alpinist nehmen sollte.

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