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Der Wert von persönlicher Kommunikation

Über Berge nachdenken

4 Min.

17.05.2018

Foto: mauritius images / imageBROKER / Norbert Eisele-Hein

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von Riki Daurer

Das Internet hat unsere Form von Kommunikation grundlegend verändert. Warum es das persönliche Gespräch – gerade im Bergsport – nicht ersetzen kann, erläutert Bergwelten-Expertin Riki Daurer.

Die Kommunikation mittels neuer Medien hat die Qualität unseres Kommunikationsverhaltens verändert – im positiven wie im negativen Sinne. Noch nie war es möglich, überall und jederzeit so schnell und effizient mit so vielen Menschen zu kommunizieren und Informationen einzuholen.

Doch gerade beim Bergsteigen weist die traditionelle, analoge Kommunikation eine Qualität auf, die durch die digitale Kommunikation nicht zu ersetzen ist: Hier spielt die zwischenmenschlich-persönliche Komponente eine Rolle. Allen voran: das persönliche „Face-to-Face“-Gespräch. Und zwar vor, während und nach der Tour.


1. Vor der Tour

Aus digitalen Quellen schöpfen wir sowohl Information als auch Inspiration für anstehende Touren. Abgesehen von der Validität der Quelle als auch der Zuverlässigkeit des Informationsgehalts empfiehlt es sich, die Tourenplanung zusätzlich durch persönliche Gespräche zu vervollständigen.

In einer Gruppe gestaltet sich die Tourenplanung zu einem vielschichtigen und mehrdimensionalen Informationsaustausch, wohingegen die digitale Kommunikation einen linearen Charakter behält.

Nebst der Hardfacts wie Höhenmeter, Exposition und Wettervorhersage geht der persönliche Austausch automatisch auch mit einer Prüfung einher: Wie ist es um Wissen und Können in der Gruppe bestellt? Dies kann über Mimik und Gestik im persönlichen Gespräch weit weniger verfälscht oder versteckt werden als online über Email oder Messenger.

Der persönliche Austausch bringt dahingehend eine wichtige Qualität mit sich: Im Gespräch kann man nachfragen, Verhalten deuten und interpretieren. Per Email lässt sich das eigene Klettersteig-Können schnell einmal mit Ja/Nein beantworten. Im persönlichen Gespräch kann man nachfragen und nach Begründungen suchen: Bist du schon mehrere Klettersteige gegangen? Wie schwer waren sie? Wie lang war die schwerste Stelle? Auch kann die Fragequalität an die situativen Bedingungen angepasst werden. Soll etwa der Zustieg zum geplanten Klettersteig über eine Stunde im unwegsamen Gelände betragen, kann man fragen: Kann das jeder gehen?


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Kommunikation beinhaltet nicht nur das gesprochene Wort. Auch die Körpersprache zählt dazu – eine Komponente, die im Internet gänzlich wegfällt. In der persönlichen Auseinandersetzung kann man Unsicherheit an Verhaltensmustern ablesen: Beispielsweise wenn jemand still und in sich gekehrt mit verschränkten Armen ins letzte Eck der Bank rückt.

Es ist schlicht einfacher, ein Urteil in der persönlichen Auseinandersetzung zu fällen: Ist die Tourenwahl für jeden in Ordnung? Weiß jeder ausreichend Bescheid über Material und Notfallszenarien? Ist die Tourenplanung für alle Beteiligten verständlich und nachvollziehbar? Wurden verschiedene Wetterinformationen eingeholt?

Grenzfälle stellen sicher geführte Touren dar, bei denen man sich auf einen Bergführer verlässt. Aber gerade hier fällt auf, dass diese oft sehr detailliert sowohl Können als auch Wissensstand der beteiligten Gruppenmitglieder abfragen.


2. Während der Tour

Nachfragen, Beobachten, Wahrnehmen, Interpretieren und die Tour an die Informationen anpassen: Das ist der immerwährende Ablauf, wenn man auf Tour ist. Jeder einzelne Teilnehmer ist dazu angehalten, die Gruppe im Blick zu behalten: Ist jemandem kalt? Zeigt jemand Anzeichen von Erschöpfung? Wie ist es um die psychische Verfassung bestellt?

Man kann bereits eine Vielzahl an langen Touren unternommen haben: Die Tagesverfassung spielt eine gewichtige Rolle. An einem subjektiv „falschen“ Tag kann auch eine verhältnismäßig moderate Tour zur persönlichen Tortur werden.

Ein gutes Beispiel für gelungene Gruppen-Zusammenarbeit zeigt sich auf Skitouren. Der Vorausgehende kann die Geländeform oft schlechter einschätzen als die nachfolgende Gruppe. Sie kann wichtige Inputs liefern: Ist die Spur zu steil angelegt? Begibt man sich in schwieriges Gelände? Wie sieht das Einzugsgebiet aus?

Oft scheint es, als hätte man das Frage-Antwort-Spiel ein wenig verlernt. Aus gutem Grund: Man will nicht besserwisserisch daherkommen, jemanden bevormunden, auf die Nerven gehen oder der Gruppe den Gipfel verwehren.

Dabei macht gerade das gemeinsame Tourengehen einen regen Austausch erforderlich. Es gehört wieder viel mehr gefragt und gesprochen. Das gilt auch für Zusammentreffen mit anderen, unbekannten Personen auf Tour. Diese kann man nach den Wegverhältnissen, dem weiteren Streckenverlauf und den Bedingungen am Gipfel fragen. Bei Bedarf sollte man auch die Frage stellen: „Kann ich euch helfen?“

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3. Nach der Tour

Auch der Abschluss einer Tour sollte nochmals als sinnvoller Anlass für ein gemeinsames Gespräch herangezogen werden. Man beobachtet mittlerweile aber oft, dass die ersten Punkte mit Netzabdeckung sofort für das Posten von Bildern auf Facebook oder Instagram und für das Beantworten von SMS genutzt werden. Dabei ist das gemeinschaftliche Beisammensitzen im Gasthaus, auf der Hütte oder auch im Auto auf der Heimfahrt eine herrliche Gelegenheit, den erlebten Tag sowie den Tourenablauf nochmals gemeinschaftlich zu reflektieren.

Dabei muss es nicht nur um Negatives gehen. Im Gegenteil: Jetzt ist Zeit für das Aussprechen von Lob, für die gute Spurenwahl zum Beispiel oder die Wahl des Anstiegs. Ebenso können subjektive Wahrnehmungen objektiviert werden. Der obligatorische „halbe Meter Neuschnee“, der laut sozialen Netzwerken niedergegangen sein soll, entspricht womöglich gar nicht den realen Bedingungen. Eine Information, die in weiterer Folge für noch anstehende Touren durchaus wertvoll und relevant sein kann.

Selbstverständlich bieten solche Reflexionsrunden aber auch Platz für Diskussionen. Diese sollten freilich konstruktiv gestaltet werden, dann befördern sie auch wichtige Lerneffekte.


Es „menschelt“

Als „Menscheln“ bezeichnet man umgangssprachlich dieses subjektive, emotional oft nicht nachvollziehbare, aber oft auch positiv-empathische Verhalten, wenn Menschen aufeinandertreffen.

Als Menschen reagieren wir auf unsere Umwelt. Gerade beim Bergsteigen sind zwischenmenschliche Dynamiken wertvoll – und bieten darüber hinaus auch sicherheitsrelevante Informationen, die von keinem digitalen Gerät ersetzt oder abgedeckt werden können.