Der Wildsee im Portrait
Foto: Herbert Raffalt
Die typischen Karseen in der westlichsten Gebirgsgruppe der Niederen Tauern stammen aus einer eiszeitlichen Vergletscherung. Der smaragdgrüne Wildsee liegt geschützt in einer tiefen Senke, eingebettet zwischen der Vorderen Großwandspitze und den Teufelshörnern – am Radstädter Tauern nahe dem Salzburger Obertauern.
Lage & Charakteristik
Der Wildsee in den Radstädter Tauern ist kein typischer Bergsee, der zum Baden und Verweilen einlädt. Es gibt hier keine flachen Uferzugänge, wo man sein Handtuch ausbreiten kann, denn der geheimnisvoll anmutende See liegt in einer tiefen Senke. Selbst der Weg hinunter zum Wasser führt beschwerlich über loses Gestein. Am besten, man genießt die Aussicht auf den See vom Wanderweg aus. Dieser führt hoch über der Wasserlinie vom bekannten Wintersportort Obertauern in Richtung der Südwiener Hütte. Der See hat viele Gesichter: Wenn die Sonne scheint, leuchtet er einladend in hellen Grüntönen, bei Regen hingegen zeigt er sich von seiner ungemütlichen Seite.
In allen Grauschattierungen jagen dann die finsteren Wolken als Spiegelbild übers Wasser. Das blauschwarze Gewässer ist dann wie ein dunkler Schlund, der alles und jeden mit in die Tiefe zu nehmen scheint. An diesen Tagen möchte man ihm nicht zu nahe kommen. Wer jedoch an einem schönen Tag unterwegs ist, kann sich an der lichtdurchfluteten Berglandschaft erfreuen. Gewaltige Schuttkare ziehen steil hinauf in Richtung Glöcknerin. Der markante Berggipfel mit dem schön gestalteten Gipfelkreuz gilt als Hausberg von Obertauern. Aufgrund der prächtigen Aussicht zieht es viele Bergbegeisterte hinauf. Wer von Obertauern startet, kann gemütlich über die Felseralm und den Wildsee zum Gipfel aufsteigen. Zurück geht es dann auf einem aussichtsreichen Höhenweg bis zur Passhöhe in Obertauern.
Geologie
Der Wildsee bei Obertauern liegt in einer tiefen nordseitigen Karmulde, die in metamorphen Kalksteinen und Dolomiten (sogenannten Kalk- und Dolomitmarmoren) sowie Mergelschiefern und metamorphen Quarzsandsteinen (sogenannten Quarziten) eingetieft ist. Diese Gesteine wurden während der Trias- und Jurazeit zunächst am Kontinent, später in vorwandernden Meeresbereichen abgelagert und während der Gebirgsbildung der Alpen in der Kreide- und Tertiärzeit (Letztere wird heute als Paläogen und Neogen bezeichnet) verfaltet, zu Decken gestapelt und unter erhöhten Druck- und Temperaturbedingungen in Schiefer, Quarzite und Marmore umgewandelt. Die genannten Decken bilden zusammengenommen die große tektonische Einheit des Unterostalpins.
Die tiefe Ausformung des Seebeckens wurde durch das Vorkommen von leichter erodierbaren Quarziten und Rauwacken (poröse, zellige Dolomite) begünstigt. Während mehrerer Eiszeiten wurde darin eine tiefe Karmulde ausgeschürft, wobei der in der Späteiszeit letztmalig darin liegende Kargletscher an der Ostseite der Karschwelle eine mächtige Seitenmoräne hinterlassen hat. Durch das Abschmelzen dieses Gletschers entstand der heutige Karsee.
Gut zu wissen
Sportliche können den direkten Aufstieg zum Wildsee in einer knappen Stunde schaffen. Wer also einen stimmungsvollen Sonnenaufgang erleben möchte, sollte sich zeitig in der Früh auf den Weg machen.
Etwas unterhalb der Felseralm, am Weg in Richtung der Gnadenalm, liegt etwas versteckt der Johannes-Wasserfall. Der imposante Wasserfall zählt zu den spektakulärsten Naturschauplätzen Österreichs. Über 60 Meter stürzen die rauschenden Wassermassen ungebremst in die Tiefe. Das Besondere ist eine Steiganlage, die es dem Besucher ermöglicht, hinter den Wasservorhang zu gelangen. Aus dieser Perspektive gelingen sensationelle Fotos, die man so nicht oft zu sehen bekommt. Übrigens, seinen Namen hat der Wasserfall von Erzherzog Johann bekommen. Der „Steirische Prinz“ fand so großen Gefallen an der Kraft des Wassers, dass er seinerzeit einen gesicherten Steig samt Geländer errichten ließ.
Anreise und Parkplatz
Talort: Radstadt/Untertauern
Ausgangspunkt: Parkplatz Hotel „Felseralm“ (1.655 m)
Anfahrt: Von Salzburg oder Villach auf der A 10 bis zur Abfahrt Eben, weiter nach Radstadt zur B 99 und kurz vor Obertauern südwärts zur Felseralm abzweigen. Von Wien über den Semmering nach St. Michael und weiter auf der A 9 bis Liezen, hier weiter auf der B 320 bis Radstadt und Obertauern.
Kürzester Weg zum See
Unsere Tour zum Wildsee starten wir am Parkplatz kurz vor dem Hotel „Felseralm“. Wir folgen der Wegmarkierung Nr. 702 zunächst ein kurzes Stück abwärts in Richtung Hirschwandsteig. An den gelben Wegtafeln geht es dann scharf nach links durch einen lichten Wald steil hinauf zu einer markanten Geländekante, wo sich ein silbernes Kreuz befindet. Von hier hat man einen schönen Blick auf die Gnadenalm. Verstreut über den saftig grünen Almboden liegen mehrere Sennhütten, die ihre Almprodukte anbieten. Nach einer kurzen Pause am Wegkreuz geht es weiter und wir erreichen schnell eine markante Geländestufe. Noch wenige Meter und der See liegt in einer Senke direkt vor uns.
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Wer noch zum Gipfel aufsteigen möchte, marschiert rechts am See vorbei bis zu einer weiteren Wegtafel, die uns nach links in Richtung Glöcknerin führt. Abwechslungsreich führt der schmale Steig am Hang unter der Großwandspitze entlang. Die ständig wechselnden Ausblicke gestalten die Tour kurzweilig. Unterhalb des Gipfelaufbaus der Glöcknerin geht es über einen felsigen Geländeaufschwung, der etwas Trittsicherheit und Geschick erfordert. Bald erreichen wir einen schmalen Sattel und gelangen nach wenigen Schritten links hinauf zum schönen Gipfelkreuz auf der Glöcknerin auf 2.433 Metern.
Infos in Kürze
Höhenlage: 1.925 m
Gebirgsgruppe: Radstädter Tauern, Salzburg
Mountainbiken erlaubt: nicht möglich
Erreichbarkeit im Winter: Ja, mit Tourenskiern
Dieser Text stammt zu großen Teilen aus dem Bergwelten-Buch „Unsere schönsten Bergseen – 50 Seenwanderungen in Österreichs Bergwelt“ von Herbert Raffalt.
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