Die Teufelsbrücke in der Schöllenenschlucht
Wer heute durch das Gotthardmassiv in Richting Süden gelangen will, fährt durch den Tunnel. Über viele Jahrhunderte war die zerklüftete Schöllenenschlucht im Kanton Uri aber eine äußerst schwierig zu überwindende und gefährliche Barriere für Reisende. Eine alte Sage erzählt uns, wie es zum Bau der ersten Brücke über die Reuss kam.
- Gebirge: Urner Alpen
- Ort: Schöllenenschlucht, Gotthardpass, Kanton Uri
Der enge Felsriegel oberhalb Göschenen versperrte seit jeher den Zugang zum Gotthard und damit zum Übergang Richtung Süden. Bereits im 13. Jahrhundert hatten die Urner immer wieder versucht, einen Saumweg durch die enge Schöllenenschlucht anzulegen und eine Brücke über die wilde Reuss zu schlagen, doch allzu oft waren die Säumer mit ihren Maultieren und Waren an den senkrechten Felswänden in die Tiefe gestürzt.
Das verdross und bekümmerte die Urner, die gar zu gern hin und wieder aus ihren rauhen Bergtälern ins schöne Italien hinuntergestiegen wären, um sich dort an dem süßen Wein und anderen schönen Sachen zu erfreuen. Sie wünschten sich daher eine stabile Brücke, über die man auch mit Ross und Wagen hinüberkommen könnte. Aber alle Mühe und aller Schweiß waren umsonst – der wilde Bergstrom riss immer wieder alle Brückensätze weg.
Da rief man die Landsgemeinde zusammen, um die Brückennot zu beraten, doch niemand fand einen Ausweg. Schließlich erhob sich ein Landammann und rief verzweifelt: „Zwar ist's gefährlich, sich mit dem Bösen einzulassen, doch man solle mit dem Teufel einen Vertrag machen, dass er uns die Brücke erstelle.“ Dieser ließ auch nicht lange auf sich warten und willigte unter einer Bedingung ein: „Ich will euch eine Brücke bauen. Aber der Erste, der darüber gehen wird, soll mir gehören!"
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Am nächsten Tag stand zum Staunen der Urner auch schon eine feste Steinbrücke über der wilden Reuss. Doch die Laune trübte sich schnell, als sie am anderen Brückenende den Teufel sahen, der bereits mit stechenden, grasgrünen Augen auf seinen Lohn wartete.
Die Urner wussten nicht, wen sie hinüberschicken sollten, bis ein schlauer Bauer eine geniale Idee hatte. Er band seinen Ziegenbock los, der sogleich über die Brücke auf den Teufel zustürmte. Da wurde dieser über die schlauen Urner so rasend, dass er den Ziegenbock packte und ihn in hundert Fetzen zerriss. Er lief abwärts bis unterhalb Göschenen, wo gewaltige Felsblöcke in den Bergweiden herumlagen. Den größten von allen packte er, lud ihn auf und keuchte damit wieder aufwärts, um die schöne neue Brücke zu zerschmettern.
Als er nun mit der ungeheuren Last, schwer schnaufend, bergan ging, kam ein altes Mütterchen daher. Da setzte sich der Teufel kurz, um zu verschnaufen. Als das Mütterchen seinen Bocksfuß erblickte, machte sie schnell das Kreuzzeichen über sich und auch gegen den Stein, der auf einmal im Rasen steckenblieb und trotz allem Reißen sich vom Teufel nicht mehr vom Fleck bewegen ließ. Nun merkte er, dass mit den Urnern bös handeln sei, und fuhr beschämt zur Hölle. Seither heißt die Brücke in den Schöllenen die Teufelsbrücke und der riesige Stein in den Weiden am Weg unterhalb Göschenen der Teufelsstein.
(Überarbeitete und gekürzte Fassung. Quellen: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915; www.sagen.at)
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Die Sage heute: Tatsächlich wurde die erste Steinbrücke über die Reuss 1595 errichtet (auf dem linken Flussufer sind noch heute ihre Fundamente zu sehen). Am 25.September 1799 kam es in der Gegend zur Schlacht zwischen den Russen unter General Suworow und den Franzosen mit ihrem Anführer Napoleon, dabei wurde die Teufelsbrücke schwer beschädigt. An die Schlacht erinnert seit 1898 das 28 Meter hohe Suworow-Denkmal. Zwischen 1820 und 1830 wurde die zweite Teufelsbrücke errichtet, die bis heute erhalten ist (Quelle: Denkmalpflege Schweiz).
Tourentipp
Die spektakuläre Schöllenenschlucht zwischen Andermatt und Göschenen ist eine Wanderung wert. Auf der dritten Etappe der Via Gottardo, die von Göschenen auf den wunderschönen Gotthardpass hinaufführt, wird die sagenhafte Teufelsbrücke passiert.