Gefahrenmuster: kalt auf warm / warm auf kalt
Foto: mauritius images / Bernd Ritschel
von Robert Maruna
Nach den ergiebigen Schneefällen der letzten Tage soll sich nun die Wetterlage beruhigen und die Sonne zum Vorschein kommen. Mit der Auflockerung der Wolkendecke geht allerdings ein Temperaturanstieg einher, der in einigen Regionen gravierend ausfallen kann. Doch was bedeutet der Wetterumschwung für die aktuelle Lawinengefahr? Zeit sich dem Gefahrenmuster gm.4 zu widmen.
Gefahrenmuster
Über viele Jahre hinweg wurde im Rahmen der Lawinenforschung die Meinung vertreten, dass ein großer Temperatursprung während eines Schneefalls (egal ob kalt auf warm oder umgekehrt) günstig für den Schneedeckenaufbau und die allgemeine Lawinensituation sei. Eine Annahme, die nur unter bestimmten Voraussetzungen zutreffend ist, denn in den meisten Fällen wirkt sich ein solcher Temperaturunterschied überaus negativ aus.
Warum? Der Anstieg oder Fall der Temperatur begünstigt die aufbauende Umwandlung* der Schneekristalle, wodurch eine dünne und durchwegs störanfällige Schwachschicht entsteht. Solch eine Schwachschicht in der Schneedecke findet sich oft in südlich exponiertem Gelände und stellt eine heimtückische Angelegenheit dar: sie ist nicht während bzw. unmittelbar nach dem Einschneien vorhanden, sondern bildet sich erst Tage danach aus.
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Erkennen
Ein großer Nachteil dieses Gefahrenmusters besteht darin, dass es ohne Beobachtung des Wetterverlaufs sehr schwierig zu erkennen ist. Insofern sollte der Wechsel von einer warmen Periode auf eine kalte bzw. von einer kalten auf eine warme besonders genau beobachtet werden, da sich das ausschlaggebende Kriterium dieses Gefahrenmusters in der Ablagerung von Schneeschichten unterschiedlicher Temperaturen begründet. Sofern diese Situation auftritt, kann die aufbauende Umwandlung einsetzten und in weiterer Folge eine kritische Schwachschicht in der Schneedecke entstehen. Ob sich diese massiv genug ausbildet, um zur Gefahr für den Wintersportler wird, muss dem Lawinenlagebericht entnommen oder durch eigene Schneedeckenuntersuchungen und Tests überprüft werden.
* Unter der aufbauenden Umwandlung (Metamorphose) versteht man die Umwandlungsprozesse von abgelagertem, trockenem Schnee bei großem Temperaturgradient in der Schneedecke. Dabei wachsen die Schneekristalle zu größeren Körnern, kantigen Kristallen und im Letztstadium zu hohlförmigen Becherkristallen (Schwimmschnee) heran. Dadurch entstehen mehr Hohlräume und folglich weniger Kontaktpunkte sowie Bindungen zwischen den Schneekörnern. Dieser Prozess führt zu einem Festigkeitsverlust in der umgewandelten Schneeschicht, während sich die Schneedecke weiterhin setzt. Je stärker der Temperaturgradient ausgeprägt ist, umso intensiver ist die aufbauende Umwandlung. Voraussetzung für das Einsetzen der aufbauenden Umwandlung ist ein Temperaturgradient der größer als 15°C/m ist, wodurch ein Wasserdampftransport von den wärmeren bodennahen Schichten zu den darüberliegenden kälteren Schichten entsteht – die Feuchtigkeit kristallisiert an der Unterseite eines kälteren Kristalls und das neue Korn wächst entgegen dem Temperaturgradienten.
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