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Kilimanjaro, Teil 2: Fit wie ein Bergschuh?

Aktuelles

3 Min.

05.02.2018

Foto: Ana Zirner

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von Klaus Haselböck

Trainieren für den großen Berg: Im Januar 2017 stieg Klaus Haselböck für Bergwelten auf den 5.895 Meter hohen Kilimanjaro. Damit es mit dem Gipfel klappt, müssen viele Faktoren zusammenspielen. Ohne einer Bomben-Kondi geht am Dach Afrikas aber gar nichts. Oder ist die körperliche Fitness gar nicht so wichtig? Klaus verrät es uns.

Große Berge sind Prüfungen. Und genau wie in der Schulzeit beschleicht mich kurz vor dem Start oft dieses mulmige Gefühl, dass meine Vorbereitung besser hätte sein können. Anders als bei Läufern, Bikern oder Turnern ist bei Bergsteigern die Idee, dass man sich für die kommende Saison gezielt – also nach Trainingsplänen und unter fachlicher Beratung – vorbereiten könnte, immer noch nicht angekommen.

Genauso wie wir Alpinisten den überaus sinnvollen Gang zum Sportmediziner scheuen, um uns unsere körperliche Leistungsfähigkeit auch nach objektiven Kriterien bestätigen zu lassen. Das mag damit zu tun haben, dass wir unser Tun als besonderes Lebensgefühl und nicht als bloßen Sport verstehen. Je mehr wir daran herumschrauben, je mehr wir es über Puls, Laktatwerte und Tabellen definieren und fassbar machen, desto mehr – so die Sorge – verliert es genau an dieser besonderen, ursprünglichen Qualität.

Ein Gang auf den 5.895 Meter hohen Kilimanjaro ist aber dann doch etwas komplexer, zudem zeitintensiver und kostspieliger als eine Dachstein-Besteigung. Da kommt vorab schon etwas mehr Nervosität auf und da sollte auch das Training inniger sein.


Vom Allgemeinen zum Speziellen

„Eine mehrtätige Bergtour in derartigen Höhen stellt hohe konditionelle Ansprüche und darf keinesfalls unterschätzt werden“, stößt Wilhelm Lilge in dasselbe Horn. Der bekannte Wiener Ausdauertrainingsexperte und Leistungsdiagnostiker ist selbst ein begeisterter Berggeher. Er empfiehlt, sich auch bei ambitionierteren Unternehmungen dieser Art an das Trainingsprinzip „vom Allgemeinen zum Speziellen" zu halten: Ist die Tour noch weit weg, können Muskulatur und Stoffwechsel unspezifisch trainiert werden, also auch durch Radfahren, Skilanglaufen oder Skitouren.

Rückt der große Moment näher, dann müssen die spezifischen Belastungen für den Körper möglichst gut simuliert werden. Während sich die Muskulatur nämlich relativ schnell anpasst, brauchen Sehnen, Bänder und Gelenke deutlich länger, um sich auf eine intensivere Belastung einzustimmen. Das Training für eine Kilimanjaro-Besteigung, die ja eine mehrtägige, kontinuierliche Belastung ist, können daher nur möglichst viele lange, ruhige Bergtouren sein.

Auch in der schnellen Welt, in der wir leben, sollte der „Kili“ daher besser nicht der erste Berg des Lebens sein. Durchtrainierte Sportler haben am Dach Afrikas zwar sehr gute Chancen bis ganz hinauf zu kommen. Denn die Besteigung stellt einen vor keine technischen Schwierigkeiten in Form von Kletterpassagen oder Gletscherquerungen. In Tansania muss man in erster Linie gehen können – lang, ausdauernd und klug angepasst an die große Höhe. Als „seasoned alpinist“ mit ein paar Kilometern mehr in den Füßen weiß man auch was es heißt, wenn das Wetter plötzlich auf richtig ungemütlich umschlägt, es stundenlang durch die Dunkelheit geht und sich langsam aber sicher eine stattliche Blase an der rechten Ferse bildet. Sprich: Man geht mit anderen Reserven ins Rennen.


Die Essenz langer Touren

Für diese Art von Vorbereitung bieten hohe Alpenberge wie der Ortler in Italien, der österreichische Großglockner, Viertausender in der Schweiz und Frankreich oder mehrtägige Wanderungen die perfekten Laborbedingungen. Hier lernt man wie der eigene Körper unter Belastung funktioniert und holt sich die Gewissheit, dass der Atem noch lang ist, wenn die Schmerzen längst da sind. Dieser Schatz an Erfahrungswissen erschließt sich erst über die Jahre und ist die Essenz langer Bergtouren. So bekommen wir die Zugangscodes zu unserem eigenen Betriebssystem.

Damit diese auch am Tag X noch gültig sind, hört man am besten nie mit dem Bergsteigen auf und erinnert den Körper und die eigene Psyche rechtzeitig wieder an ihre Möglichkeiten: In meinem Fall funktioniert dies vorzüglich über Tagestouren in den Wiener Hausbergen – die sind nah, effizient und lustvoll.

Zum Beispiel im November über den Nandlgrat auf den Schneeberg: Bei schlechtem Wetter wird das zu einem langen, einsamen und zehrenden Weg. Spaß macht es hingegen an sonnigen Wintertagen vom Preiner Gscheid auf die Heukuppe, den höchsten Punkt der Rax, zu gehen oder auf der Hohen Wand mehrere Klettersteige zusammenzuhängen.


Bereit für den Tag X

Training dieser Art baut den Körper auf, gibt ein gutes Gefühl und beruhigt das Gewissen. Denn es deckt einen Aspekt ab, der sich planen lässt, und transferiert ihn auf die Haben-Seite. Anders als in der Schule wird der Fleiß am großen Berg nämlich nicht immer belohnt: Da gibt es noch Unwägbarkeiten wie den quälenden Durchfall, der den stärksten Willen in seine Schranken weist, eine Wettersituation, in der nur Umkehren Sinn macht, oder Probleme mit der Höhenanpassung, die die Traumtour zum lebensgefährlichen Alptraum machen.

Solche Faktoren können viel eher das Aus am Kilimanjaro bedeuten als eine mäßige körperliche Vorbereitung. Und ob es eine Erfolgsgeschichte wird, da sind wir doch wieder in der Schule, ist immer erst nachher klar.

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Nächste Woche

  • Let's go Kili – Teil 3: : In dünner Luft – Besuch beim Höhenmediziner.
  • Individuelle Trainingsplanung für Ausdauersportler: Team2012.at